Demonstrieren für den Untergang

Die gleichen Kumpel, die heute für ihre Arbeitsplätze demonstrieren, haben der De-Industrialisierung des Ostens Deutschlands zugeschaut, sie im Grunde begrüßt. Die gleichen Kumpel und ihre Vertreter haben die Hartz-Parteien gewählt, das System, was sie nun selbst bedroht, wenn es mit der Kohle vorbei ist. Die gleichen Kumpel haben auf Beharrung gesetzt, setzen auf Beharrung und haben sich eine Gewerkschaft geschaffen, die seit Langem auf Beharrung setzt und ihren Einfluss im Sinne der Beharrung auch auf die Politik ausgeübt hat.

Bei allem Verständnis für das Einzelschicksal, aber Einzelschicksale dürfen nicht unsere Zukunft derart weiter gefährden, wie sie das soeben tun, lange schon getan haben. Nicht ein „Weiter so“ wäre die richtige Antwort, im Gegenteil, wäre ein „Weiter so“ fatal, sowohl was die Kohle angeht als auch und vor allem was die Sozialpolitik angeht.

Denn hier kann ich den Kumpel durchaus verstehen. Mit der Welt, die Rot-Grün geschaffen und Schwarze, Gelbe und Rosarote weiter verschlimmert haben, werden deren Einzelschicksale meist eher pessimistisch zu beurteilen sein. Die neuen, meist von Grünen, versprochenen Arbeitsplätze entstehen nämlich selten, meist nie, dort, wo die alten Arbeitsplätze wegfallen. Die Beharrlichkeit hat dies meist verhindert, wie man am Helmstedter Revier in Niedersachsen gut sehen kann, wie man in vielen Regionen des Ostens es erleben musste.

Das Festhalten am Alten hat noch nie Früchte getragen, dies zu lernen wäre endlich auch Aufgabe der Politik und der Gewerkschaften. Das Alte gar wieder aufzuwärmen, wie Peter Hartz dies tat und Schröders Administration dann umsetzte, zeigt nur, wie falsch diese Rückwärtsgewandheit ist, macht auch dem Kumpel nun das Schicksal schwer, macht ihn zum Opfer des wirtschaftlichen und politischen Unverstandes derer, die wir derzeit zur Elite zählen, die sich allerdings fast ausschließlich noch dem Kapital und dessen Rendite verpflichtet fühlen und heute wieder den Kumpel für sich und ihre Interessen instrumentalisieren konnten, wieder mit dem drohenden Arbeitsplatzverlust, dem altbekannten Totschlagargument.

Und was für die Kumpel gilt, gilt für die Automobilarbeiter schon lange. Auch mit ihrer Hilfe und ihren fantasielosen Gewerkschaftsvertretern wird die Zukunft gerade in Gefahr gebracht, auch wieder nur im Interesse des Kapitals und nicht der Menschen, schon gar nicht der Menschheit. Auch hier werden wir bald Demonstrationen erleben, wird für den Untergang demonstriert werden.

Bei allem Verständnis für die Einzelschicksale, aber hier müssen wir endlich die Kurve kriegen, nicht weiter auf den Abgrund zurasen, sondern umsteuern. Auch und gerade deshalb, weil wir ansonsten alle die Zeche am Ende, auch mit Wohlstandsverzicht, werden zahlen müssen.

#Hambimussweg der Kohlekumpel ist dabei die falsche Antwort. #Hambimussbleiben ist und bleibt die einzig richtige.

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Heinz

Jahrgang 1958, am Leben interessiert, auch an dem anderer Menschen, von Rückschlägen geprägt. Nach diversen Tätigkeiten im Außendienst für mehrere Finanzdienstleister und zuletzt als Lehrkraft auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ökonomie und Gesellschaft, den Kapitalismus in all seinen Formen zu verstehen und seit Jahren zu erklären ist meine Motivation. Denn ich glaube, nur wer versteht, wird auch Mittel finden, die Welt zu einer besseren Welt zu machen. Leid und Elend haben ihre Ursache im Unverständnis.

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