Fahrverbote, Sinnbild unserer Denkweise

Gerade versucht die Kanzlerin, den geltenden EU-Grenzwert von 40 mg Stickstoffoxid pro Kubikmeter Luft auf 50 mg hochzusetzen. Die Nachricht ist klar, wie wir es in der Vergangenheit oft von Politik und Wirtschaft vorgelebt bekommen haben und selbst auch gern mal ein Auge bei uns selbst zudrücken: lieber „ausnahmsweise“ mal nicht „alles so eng sehen“, als sich an festgelegte Grenzen, wie z. B. das Tempolimit, zu halten. Und so läuft es eben auch in Sachen Umwelt- und Klimaschutz: Wir spüren die Erderwärmung ja (noch) nicht direkt, also schön aussitzen und ignorieren (Augen zu und durch). Erst recht, wenn man sich persönliche Vorteile davon verspricht (dass Politiker im Drehtüreffekt direkt in hohe Posten der freien Wirtschaft wechseln, ist ja eher die Regel, als eine Ausnahme).

Das hört sich dann in der Realität etwa so an:

  • Die 10 bis 20 km/h auf der Autobahn mehr stören doch niemanden.
  • Das neue Mobiltelefon jedes Jahr macht doch jeder.
  • Bio? Schmeckt ja gar nicht besser als konventionelles Gemüse (mit Pestiziden).
  • Kinderarbeit bei Kakao und Tabak? Davon weiß ich ja nichts (weil ich mich nicht informiere).
  • Silvesterknaller? Coffee-to-go? Rauchverbot? …

In der Politik klingt das dann so, dass z. B. Nicola Beer (FDP) erst einmal eine Überprüfung der Messstationen fordert (siehe dazu auch abgeordnetenwatch). Das kennen wir aus der Vergangenheit auch zur Genüge, und so was gehört zu den bekannten Floskeln der Politik. Auf Zeit spielen, herausschieben, anzweifeln und der Industrie immer genügend Zeit für Gegenmaßnahmen bieten (so z. B. auch in Sachen Pestizide und Bienensterben). Wie gut, dass die Minister alle paar Jahre „durchgetauscht“ werden (um dann aus der Verantwortung zu sein), denn eine Expertise als „Minister“ haben sie ja bereits, um ein anderen, ansonsten nicht zum Fachgebiet passenden Ministerposten zu besetzen. Nach mir die Sintflut!

Noch einmal zurück zu den Fahrverboten: Die Gesetzeslage ist eigentlich klar, und die Grenzwerte sind es auch (die Messstationen stehen nun einmal dort, wo sie stehen). Weil die Politik aber weder die Autoindustrie noch die Autofahrer verprellen möchte (und Wahlen sind ja immer irgendwo), wird die schleichende Vergiftung in Kauf genommen und derzeit auch kräftig politisch instrumentalisiert (auch den Schaden durch Feinstaub und Stickstoffoxid „spüren wir ja [noch] nicht direkt“).

Und wenn es ein Fahrverbot gibt, dann wird es so krank umgesetzt wie in Hamburg (die Autos fahren um die Hauptstraßen herum und stoßen so noch mehr Stickstoffoxid aus). Wer sich da nicht kräftig veräppelt fühlt, der glaubt auch an den Kohleausstieg 2030 und die Reduzierung des CO2-Ausstoßes auf null bis 2050 … und den Sandmann, den Weihnachtsmann und, und, und …

Ich suche nun mal meine eigene Nase und überlege mir noch einmal genau, wo ich denn so die Grenzen verschiebe, weil meine Umwelt und ich es ja noch nicht spüren.

 

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Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

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