Endstation Zwischenlager: die Illusion vom Endlager

Nun ist es mal wieder so weit: Ein „Unfall” mit verstrahlten Abfällen aus der Stromgewinnung durch Atomenergie. Im AK Brunsbüttel sind nun Fässer mit hoch giftigen Abfällen dermaßen verrostet, dass Material austritt und in die Umwelt gelangt. Bei einer Untersuchung einer Kammer wurde festgestellt, dass bei 18 der 70 Fässer bereits Korrosionserscheinungen aufgetreten sind (dort lagern insgesamt 631 Fässer mit schwach- und mittelradioaktiven Abfällen). Dass dies kein Einzelfall ist, überrascht kaum.

Wenn das also immer wieder passiert, warum überhaupt noch einen Beitrag dazu schreiben? Ganz einfach: weil es scheinbar noch immer nicht angekommen ist, dass eine sichere Aufbewahrung dieses Mülls schlicht und einfach eine Utopie ist (siehe unten: Wie lange muss der Müll „endgelagert” werden?).

Aber noch immer gibt es Politiker und Stromproduzenten die behaupten, dass Kernenergie die günstigste Form der Energiegewinnung ist. Was für ein Schwachsinn! Dabei handelt es sich um eine solche Milchmädchenrechnung, dass ich freilich nur von beabsichtigter Täuschung ausgehen kann. Diese Kalkulation enthält lediglich die volkswirtschaftlichen Berechnungen zum Abbau des spaltbaren Materials sowie zur Gewinnung der Energie (sog. „Stromgestehungskosten”). Dabei außer Acht gelassen werden z. B. die anfallenden Kosten für Zwischen- und Endlagerung (die trägt nämlich der Steuerzahler).

Nach der Methodenkonvention des Umweltbundesamtes (2012) betragen die externen Kosten der Stromproduktion aus Steinkohle 8,9 Ct/kWh, aus Braunkohle 10,7 Ct/kWh, aus Erdgas 4,9 Ct/kWh, aus Wind 0,3 Ct/kWh, aus Wasser 0,2 Ct/kWh und aus Photovoltaik 1,2 Ct/kWh. Für Atomenergie kann von einer Bandbreite zwischen 10,7 und 34 Ct/kWh ausgegangen werden. (Quelle)

Und wie hoch sind die Kosten wirklich? Die verrotteten Fässer aus Brunsbüttel sind gerade einmal 30 Jahre „zwischengelagert” worden. Etwas länger (seit 1979) untersuchte die Regierung Gorleben als geeignetes Endlager für den Abfall und kam erst kürzlich zu dem Ergebnis: wahrscheinlich ungeeignet. Okay, zu dem Ergebnis kam die Regierung laut diesem Artikel schon vor Jahren, aber eben noch nicht „offiziell”. Nun geht das aussichtslose Spiel wieder von vorn los, damit uns 2031 ein endgültiges Endlager präsentiert werden kann. (Hier sei nur einmal darauf hingewiesen, dass es weltweit noch kein einziges Endlager gibt!) Was haben wohl die letzten 35 Jahre Untersuchungen, Expertisen, Tagungen und Personalentgeld vor Ort gekostet? Was wird eine bundesweite Suche kosten? Und wenn wir diese Zahlen haben, welche Personalkosten fallen die kommenden Milliarden Jahre an? Denn z. B. Uran 235 hat eine „Halbwertszeit” von über 700 Millionen Jahren (nach diesen Zeitraum ist es „halb” zerfallen).

Wie lange muss der Müll „endgelagert” werden? Es gibt verschiedene Abfallprodukte bei der Kernspaltung. Nehmen wir die Spitze des Eisbergs: Uran 235 (das benötigt am längsten). Gern würde ich einen optischen Vergleich hier anbringen, um die 30 Jahre in Verhältnis zu 700.000.000 Jahren zu bringen, aber das ist auf einem Bildschirm nicht möglich. Also nur zum kurzen Vergleich: 3.000 Jahre reicht der älteste nachgewiesene Familienstammbaum zurück, vor 30.000.000 Jahre entstand der Menschenaffe, vor 300.000.000 Jahre entwickelten sich erste Wirbeltiere – und nach der doppelten Zeitspanne (700.000.000 Jahre) ist die Hälfte des erzeugten Uran 235 zerfallen.

Eigentlich ist klar, dass wir so oder so keine dauerhafte Lagerung garantieren können. Also kann das Zeugs ja wie in den 1970er-Jahren einfach wieder auf hoher See über Bord gekippt werden. Da es sich bei Uran auch um einen endlich vorhandenen Brennstoff handelt, machen wir doch einfach weiter, bis das Zeugs aufgebraucht ist. Der Letzte macht das Licht aus …

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Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

2 Gedanken zu „Endstation Zwischenlager: die Illusion vom Endlager“

  1. Wer einen kurzen Überblick zum Thema Atommüll lesen möchte, findet auf den Seiten von Planet Wissen einen kurzen und interessanten Artikel. Alleine der Satz „Nach dem deutschen Atomgesetz darf kein Kernkraftwerk ohne Entsorgungsnachweis betrieben werden.“ lohnt schon dermaßen, dass ich vor Lachen vom Stuhl kugeln könnte.

  2. Auf nano (3sat) lief ein Bericht, der die wirklichen Zahlen zu den Energiekosten und den Schwindel mit den „teuren“ erneuerbaren Energien noch einmal aufdeckt. Hier zum Bericht und hier zum Video der Mediathek.

    So ein verlogenes Politikergeschmeiß! Von wegen, die erneuerbaren Energien sind zu teuer: Wartet nur, bis Euch die Verstrahlung einholt, und dann mal schauen, ob Ihr den Arm der Indistrie noch aus Eurem verstrahlten Rektum gepult bekommt. Übrigens: Mein Ökostromanbieter hat Anfang des Jahres die Preise reduziert! Danke, Lichtblick.

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