My dear american friends

Amerika, ein unermesslich weites und schönes Land voller Naturwunder und einzigartiger Flora und Fauna. Von monumentalen Gebirgen im Westen bis zu traumhaften Stränden im Osten, von endlosen Steppen mit Wildpferden und Bisons im Süden bis zu Artenvielfalt und majestätischen Wasserfällen im Norden.

Wenn ich Besucher dieses wunderschönen Kontinents nach ihren Erfahrungen frage, dann erzählen sie mir von überwältigender Schönheit der besuchten Region und der flächendeckenden Freundlichkeit seiner Bewohner, egal ob sie ihrer Abstammung nach indigene Ureinwohner, zwangsmigrierte Afrikaner oder europäische Übersiedler waren. Und wer würde nicht den Worten der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung eines so vielfältigen Völkerbundes zustimmen? Soweit einmal der theoretische Teil.

Gibt es Unterschiede zum europäischen Konsens?

Generell ist es sicherlich nicht einfach, von Konsens zu sprechen, denn das ist oft schon zwischen zwei Personen nur ein wackeliger Kompromiss. Einer der größten Unterschiede ist wahrscheinlich der Umgang mit Schusswaffen. Unsere politischen Systeme für Wahlen sind trotz repräsentativer Demokratie stark voneinander abweichend, und die sozialen Sicherungssysteme liegen auch trotz staatlicher Krankenversicherung noch Meilen auseinander.

In anderen Dingen gibt es eine stückweise Annäherung an amerkanische Verhältnisse: Privatisierung ehemals staatlicher Monopole (Wasser, Verkehrsmittel, Gesundheitssysteme etc.), stückweise Librealisierung bei genetisch veränderten Lebensmitteln oder Forschung an Stammzellen, Entfesselung der Finanzsysteme und natürlich mittlerweile auch übertrieben große Autos (SUVs).

Und wo liegen die politischen Gemeinsamkeiten?

Weltweit gewinnen die Populisten und andere radikale Kräfte an Stärke, da die Kluft zwischen politischer Entscheidung und Willen der Bevölkerung deutlich auseinanderdriftet. Auch die zunehmende Schere zwischen Arm und Reich wird in vielen Teilen der Welt immer deutlicher.

Auch wenn sich unsere Methoden in der Wahl der Mittel unterscheidet, so beruht der steigende Reichtum (zumindest der Reichtum der besser verdienenden Oberschicht) auf der Ausbeutung vermeintlich schwächerer Nationen, und wir frönen gemeinsam der neoliberalen und marktorientierten Ökonomie (Kapitalismus). Oder wie es der russische Nobelpreisträger Alexander Solschenizyn beschrieb: „Wir leben zwar im Computerzeitalter, aber noch immer nach dem Grundgesetz der Steinzeit: Wer den größeren Knüppel schwingt, hat auch recht“ [https://www.zeit.de/1997/36/Heuchelei_ueberall].

Wieso spreche ich hier explizit die amerikansichen Freunde an?

Kein Land dieser Ede gibt annähernd so viel Geld für das Militär aus, wie die USA. Das ist natürlich nur eine Sichtweise: Addiert man die Ausgaben aller Länder Europas, kommt man auf eine verblüffend hohe Zahl!

Die Regierung der USA gab im vergangenen Jahr 16 % des Haushaltes (3,3 % des BIP) für Kriegsführung und Rüstung aus, was damit jeder Steuern zahlende Amerikaner entsprechend anteilig finanziert hat. Diese Ausgaben dienen neben der Instandhaltung der eigenen Armee der „Befreiung und Demokratisierung von Schurkenstaaten“ und der „Bekämpfung von Terror“, nicht ein Cent war nötig, um von außen eindringende Armeen an den eigenen Staatsgrenzen abzuwehren. Die Nato sieht 2 % des BIP (Bruttoinlandsprodukt) für den „Verteidigungsetat“ vor, wovon Deutschland trotz weltweit steigender Verteidigungsausgaben mit 1,2 % noch etwas entfernt ist.

Wie viele Soldaten fielen offiziell allein in den letzten (nicht der „Werte“ wegen, wie so gern von den Politiker*innen behauptet wird, sondern der „wirtschaftlichen Interessen“ der Superreichen wegen!) geleiteten Kriegen zum Opfer? Dies betrifft erneut hauptsächlich die ärmsten Teile der Bevölkerung … sie sind „entbehrlich“, wie schon Rambo oder Antman von sich selbst bemerkten.

Was die zivilen Opfer der Kriege und Dronenangriffe angeht, da wird nach allen Mittel getrickst. Eine für mich unabhängige Quelle (da die Zahlen nicht gewinnorientiert sind) wäre z. B. Amnesty International. Wer sich da einlesen möchte, findet im Internet endlose Zahlenkolonnen zu diesen „Morden“ [https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/somalia-somalia-zivile-opfer-durch-us-drohnen-und-luftangriffe].

Und was ist mit den europäischen Freunden?

Wenn ich mal außer Acht lasse, dass in amerikanischen Gefängnissen außerhalb der Gerichtbarkeit der Vereinten Nationen (des internatonalen Völkerrechts) Gefangene gefoltert werden (von Waterboarding bis zu Verstümmelungen und Vergewaltigung von Menschen durch Hunde und ähnliche Absurditäten), dann sehe ich keinen Unterschied zu den martialischen Methoden des IS. Und jedes Mal, wenn solche Taten nicht vor dem europäischen Gerichtshof oder den Vereinten Nationen zur Anklage gebracht werden, dann machen wir uns mitschuldig. Da gibt es nichts dran zu rütteln oder zu verklären.

Wir heulen den kulturellen Schätzen des durch des IS zerstörten Welterbes nach, aber bombardieren die Altstadt von Mossul in Grund und Boden (auch mit Unterstützung von Aufklärungsbildern deutscher Kampfjets). Scheinheilig und triefend vor Doppelmoral.

Der Westen verteidigt seine Interessen genauso rücksichtslos und geleitet von wirtschaftlichen Vorteilen, wie es der Rest der Welt tut. Die Freiheit wird nicht am Hindukusch verteidigt, sondern der materielle Reichtum. Nicht mehr und nicht weniger. Wer Kriegsmaterial in Krisengebiete liefert (wir tun das!) und Aufklärungsbilder für Bombardierungen liefert (auch das tun wir nachweislich), der macht sich nicht nur mitschuldig, sondern verantwortlich!

STOPP! Schluss mit Krieg, Herstellung von Kriegsmaterial und der scheinheiligen Moral! Schluss mit Krieg, Doppelmoral und Heuchelei. Schluss damit, unsere Kinder für wirtschaftliche Interessen der Politik zu opfern und von „Werten“ zu sprechen, wenn wir wirklich „Interessen“ meinen. STOPP!

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Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

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