Stückwerk

86 Milliarden in die Reparatur der Schiene, so der Plan der Bundesregierung. Die Tagesschau berichtete ausführlich darüber in der letzten Woche. Reparatur, nicht Ausbau, wohl bemerkt.

Nicht einmal sofort will man dies tun, auch nicht allein der Bund wird hier investieren, auch die Bahn muss ihren Anteil tragen. Die Investition ist auf zehn Jahre geplant, also 8,6 Milliarden durchschnittlich für den wichtigsten Verkehrsträger der Republik, jedenfalls meiner Meinung nach. Dass die Regierung hier anderer Meinung ist, kann man an dieser viel zu kleinen Investition ablesen.

Dass damit kaum etwas schnell erreicht werden kann, kann man von profilierten Kritikern erfahren, kann man sich aber eigentlich selbst ausrechnen, schaut man sich an, wie marode die Bahn geworden ist, wie unzuverlässig selbst Prestigeobjekte wie der ICE sind. Man muss nur Augen und Ohren öffnen, hinschauen und hinhören. Dass da 8,6 Milliarden dann nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein sind, dass die Streckung auf zehn Jahre – gut, manche Projekte dauern, aber nicht so lange, denn es wird repariert, nicht neu errichtet – mehr Aufschieben als Handeln ist, wird selbst einem Fünftklässler einsichtig. Darauf, dass in zehn Jahren auch Infrastruktur verschlissen wird, die heute noch gut zu gebrauchen ist, diese dann auch zur Reparatur ansteht und häufig nicht erst in zehn Jahren, sei hier nur so am Rande hingewiesen, den Budgetierern zur Kenntnis gegeben.

Dass damit nichts erreicht wird, was eigentlich dringend zu erreichen wäre, mehr Schiene und damit weniger Straße, weniger Luftverschmutzung, weniger Lärmbelästigung, ein Schritt hin zu einem besseren, weil geringerem CO2-Ausstoß, dass das also nichts anders wieder ist als eine Blendgranate, sollte jedem klar sein, der über einen klaren Verstand verfügt. Den Verantwortlichen in der Politik ist es ganz sicher bewusst, die zünden sie ja, immer wieder zünden sie solche Blendgranaten. Ob deren Verstand noch klar ist, lass ich mal dahingestellt, der Höflichkeit wegen.

Dieses Verhalten, diese dumme Verkehrspolitik ist nicht nur der Priorität für das Auto geschuldet. Es hat auch wieder seine Ursache in der Austerität, der nun Roten Null. Die Schuldenbremse wirkt. Sie bremmst die Investitionen, besonders aber die Denkfähigkeit der Regierenden und der Regierungsparteien. Leider denken die anderen hier auch nicht viel besser, wenn überhaupt, weshalb die Ketten, die sich die Parlamentarier selbst verordnet haben, wohl auch nicht so schnell gesprengt werden können.

Der Bahn, wie vielen anderen Projekten, wird es deshalb weiterhin so ergehen wie in der Vergangenheit. Das Motto wird weiter lauten: „Vertagen wir es auf die Zukunft.“  Welche Zukunft sie dabei im Auge haben, die, die so denken, weiterhin so handeln zu dürfen, das bleiben sie allerdings schuldig zu sagen. Eine bessere Zukunft sehe ich jedenfalls nicht auf uns zukommen, nicht unter diesen neoliberalen Bedingungen. Eher befürchte ich, dass sie uns unserer Zukunft gänzlich berauben könnten, diese Märchenerzähler der Politik und Ökonomie.

 

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Heinz

Jahrgang 1958, am Leben interessiert, auch an dem anderer Menschen, von Rückschlägen geprägt. Nach diversen Tätigkeiten im Außendienst für mehrere Finanzdienstleister und zuletzt als Lehrkraft auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ökonomie und Gesellschaft, den Kapitalismus in all seinen Formen zu verstehen und seit Jahren zu erklären ist meine Motivation. Denn ich glaube, nur wer versteht, wird auch Mittel finden, die Welt zu einer besseren Welt zu machen. Leid und Elend haben ihre Ursache im Unverständnis.

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