Leistungsträger

Kaum schlägt die SPD vor, eine längst überfällige Vermögenssteuer einzuführen, drehen viele durch, insbesondere jene, die Angst davor haben, einen kleinen Teil von dem, was sie zu viel haben, abgeben zu müssen, wohl aber auch die, die meinen, sie könnten ja mal an Vermögen kommen, von dem sie dann eben auch nichts abgeben wollen. Das eine sei diesen Leuten schon mal im Voraus gesagt: Die Chancen dafür stehen sehr schlecht, denn in Deutschland bleibst du in der Regel in der Schicht stecken, in der du geboren worden bist, und viele müssen froh sein, wenn es nicht abwärts geht. Diese Leute sollten lieber dafür kämpfen, dass die Steuerfreibeträge massiv erhöht werden, damit nicht auch noch geringe Einkommen weiter besteuert werden, anstatt eine Steuer zu verurteilen, die sie nie zahlen werden.

Eines der Totschlagargumente der Fürsprecher des reichen Teils der Gesellschaft, die interessanterweise – obwohl sie nur einen sehr geringen Teil der Gesamtgesellschaft ausmachen – doch sehr laut das Sagen haben, ist, dass dann ja die Leistungsträger ungerechtfertigt zur Kasse gebeten würden.

Ein wirklich abschreckendes Beispiel dafür findet man hier in der Süddeutschen Zeitung.

Wer sind das eigentlich, diese Leistungsträger?

Sind das etwa die Menschen, die sich Tag für Tag kaputtmachen, um z. B. die Kranken und Alten in unserer Gesellschaft zu betreuen, zu pflegen und zu versuchen, ihnen in Zeiten der sozialen Kälte noch ein wenig Würde zu geben? Weit gefehlt! Sie mögen moralisch ganz oben stehen, aber finanziell ganz und gar nicht.

Mit „Leistungsträger“ sind doch eher deren Vorgesetzte in der Verwaltung gemeint, die dafür Sorge tragen, dass niemand zu sehr gepflegt wird, nicht mehr als nötig zu essen bekommt, eher lieber noch weniger, das spart Geld. Oder die aufpassen, dass keine Zeit mit solchen überflüssigen Dingen wie miteinander reden verschwendet wird. Das sind auch die Leute, die in den Firmen über Arbeitsplätze und Schicksale entscheiden, die dafür Sorge tragen, dass alles betriebswirtschaftlich auf maximalen Gewinn ausgerichtet ist, denen es egal ist oder die es aus den genannten wirtschaftlichen Gründen in Kauf nehmen, dass Umwelt vernichtet wird und Menschen ausgebeutet werden.

Sicher kann man hier nicht pauschalisieren, es gibt auch die „Leistungsträger“, die sich auch um das Wohl der Angestellten kümmern, die darauf achten, die Umwelt nicht zu stark zu belasten, aber mal ehrlich: Werden das die Leute sein, die sich über ein paar Prozent mehr Abgaben zum Wohle der Allgemeinheit aufregen würden? Wohl nicht, es sind doch eher die Leute, die den Hals nicht voll bekommen können, deren Selbstüberschätzung sie glauben lässt, es würde ihnen zustehen, viel mehr zu verdienen als die Millionen Niedriglöhner, Paketboten, Leiharbeiter und auch mehr als die Millionen Arbeitnehmer, die, um ihren Kindern mehr zu ermöglichen, zu viel arbeiten. Denn das stünde ihnen ja zu, und da hat keiner was von wegzunehmen.

Und dann sind da noch jene „Leistungsträger“, die eigentlich nur noch von der Arbeit anderer leben, die sich mit Gewinnen oft aus zu niedrigen Löhnen, Ausbeutung, Waffenhandel und Umweltzerstörung zu lächerlichen Steuersätzen von 25 % auf das Sofa legen können (Arbeit wird mit bis zu 45 % besteuert) und so nebenbei einfach immer reicher werden, eben auf Kosten der Allgemeinheit, weil sie das verdiente Geld nicht mehr in den Wirtschaftskreislauf zurückbringen, da es einfach zu viel zum Ausgeben wird. Stattdessen wird es immer weiter in Projekten vermehrt, die oft auf Kosten der Allgemeinheit laufen, um dann Renditen mit Krankenhäusern, Pflegeheimen und Wuchermieten, exemplarisch hier genannt, einzukassieren.

Niemand von denen, der diese Diskussion angestoßen hat, will diese Leute enteignen. Ich persönlich muss schon zugeben, dass ich manchmal nur noch angewidert von deren Einnahmequellen bin, aber das ist meine persönliche Meinung.

Es geht doch eigentlich nur darum, dass sie etwas von dem, was sie an der Gesellschaft verdient haben, wieder zurückgeben, denn ohne den Konsum, die Arbeitskraft und die anderen Voraussetzungen, die ihnen die Gesellschaft bietet, würden sie ihr Geld gar nicht erst verdienen können.

Aber wie sagte doch Hagen Rether schon so treffend:

„Sozial Schwache sind nicht sozial, sondern ökonomisch schwach. Meiner Erfahrung nach sind viel eher die ökonomisch Starken sozial schwach.“

Damit ist dann auch alles gesagt!

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Markus

Jahrgang 1967, Informatiker, pflegt und entwickelt 3-D-CAD-Software in einem kleinen Unternehmen. Träumt von einer progressiven, sozial gerechten und ökologischen Gesellschaft und verzweifelt manchmal an der Frage, warum die meisten Menschen das nicht auch wollen.

2 Gedanken zu „Leistungsträger“

  1. Ich würde sogar noch weiter gehen, als hier im Artikel gegangen worden ist – dem ich nebenbei Wort für Wort zustimmen kann.

    Ich behaupte sogar, dass diese angeblichen Leistungsträger, eigentlich durch ihr Verhalten, sogar als Leistungsverhinderer benannt werden können. Sie blockieren die Schichten nach unten ab, indem sie dem Staat die Mittel „rauben“, um hier politisch Leistung zu fördern.

    Schlechte Schulen, übervolle Unis, schlechte Verkehrsverbindungen in den Regionen, überquellende Quartiere in den Ballungsräumen, Internet von Vorvorgestern etc. pp. ist genau auf deren politischen Einfluss zurückzuführen. Sie leben von der Leistung unserer Eltern und Großeltern und sind nicht bereit Leistung für uns und unsere Kinder zu tragen.

  2. Da schließe ich mich an: Ich stimme dem Beitrag auch in vollem Maße zu, bis auf eines: Ich würde von Enteignung sprechen. So wie die kalte Progression die Normalverdiener seit Jahrzehnten enteignet. Und „Leistungsträger“ wie Carsten Maschmeyer, Ulrich Hoeneß oder ein Großteil unserer etablierten Bundesminister, die den Staat durch Betrug um Millionen erleichtern, die gehören sicherlich zu den sozial schwächsten Schmarotzern. Ekelhaft und wahrscheinlich wirklich der Meinung, ihnen steht das zu (wobei ich doch eher für eine Resozialisierung plädiere).

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