Abgesang auf die Menschheit. Oder doch nicht?

Wenn man mal vom olympischen Standpunkt auf uns Menschen herabschaut, muss man in der Tat so ziemlich am Menschen in seiner Gesamtheit verzweifeln.

Unterscheidet er sich nicht angeblich vom Tier, weil er sich und seine Umgebung wahrnehmen und die Folgen seines Handelns erkennen kann? Und weil er zwischen richtig und falsch unterscheiden kann?

Ja, um Himmels willen, warum tut er es dann nicht? Wieso zerstört er seine Lebensgrundlage immer weiter, obwohl er doch genau weiß, welche Folgen das für ihn hat? Ist das etwa Masochismus? Ist es Ignoranz? Oder Dummheit? Man will es vielleicht besser gar nicht bis ins Detail genau wissen.

Und dann nennt man den Menschen doch auch eigentlich ein soziales Wesen.

Echt jetzt? Warum verhält er sich dann so unsozial? Wieso lebt er, wenn er die Möglichkeit hat, fröhlich auf Kosten der Umwelt oder, besser gesagt, auf Kosten seiner, wie es Harald Lesch so treffend sagte, „Mitwelt“ und anderer Menschen, Menschen, die dann oft selbst gar nicht erwarten können, auf den Rücken anderer zu steigen und ihr eigenes Leid schnell vergessen, sobald sie die Gelegenheit dazu bekommen.

Doch dann, man glaubt es ja eigentlich gar nicht mehr, kommen tatsächlich ein paar Leute daher und bringen das ganze Bild durcheinander. Denn sie versuchen eben nicht, zu ignorieren und zu zerstören, sondern zu bewahren, ihre Umgebung nicht nur wahrzunehmen, sondern sie auch zu verstehen, und versuchen, auch entsprechend zu handeln.

Da mag man ihnen doch gleich verzweifelt zurufen: Oh, oh – ganz falsch, Leute! Ihr ganzen Sozialromantiker, ihr Ökos, Vegetarier, Fahrradfahrer und was ihr noch alles seid: Hört auf damit! Ihr verlängert es doch nur noch. Ihr überzeugt niemanden mehr. Ignoranz und Selbstsucht sind mächtiger als Empathie und Mitgefühl.

Ihr seid doch bloß eins: Außenseiter. Und wer will schon Außenseiter? Die sind doch nur dafür da, um der Masse ihre Homogenität zu bestätigen. Also, geht bloß weg. Möglichst weit weg. Ihr bringt sonst noch die ganze Apokalypse durcheinander. Wo kommen wir denn da hin, wenn sich plötzlich jemand einfach in den Weg stellt und „bis hierhin und nicht weiter“ ruft?

Und überhaupt: Wen wollt ihr aufhalten? Seht ihr nicht das unaufhaltsame Gedränge in der riesigen Schlange auf dem Weg in diesen langen Abgrund, die jeden unter sich begräbt, der anhält oder sich entgegenstellt? Also – wenn ihr schon nicht weggehen wollt, dann reiht euch wenigstens ein. Tut sonst lieber nichts – oder besser, tut Schlechtes. Dann beschleunigt ihr wenigstens das unumstößliche Ende.

Ach? Euer Gewissen verbietet euch das? Jetzt kommt, Gewissen wird überbewertet. Lebt doch lieber jetzt und heute, habt Spaß, wer will schon an das Morgen denken? Oder gar ans Übermorgen?

Tja, wenn man also länger über den Menschen an sich sinniert, kommt man natürlich auch nicht an der Evolution vorbei.

Was hat die sich eigentlich bloß dabei gedacht? Was hat sie nur geritten, den Menschen hervorzubringen? Es war doch alles so schön. Es grünte und sprießte, überall war ein fröhlich Gehüpfe und Gespringe, ein heiteres Gefresse und nicht so heiteres Gefressenwerden. Alles regulierte sich doch so wunderbar von selbst. Und dann das!

Was also war passiert? War der Evolution langweilig? War zu lange kein Asteroid eingeschlagen und noch kein neuer in Sicht? Wollte sie vielleicht ihren persönlichen Golem erschaffen, der mal wieder mit der Vielfalt aufräumen sollte? Oder eher so was wie Frankensteins Monster? Oder beides? Oder hat sie es mit dem Menschen doch einfach nur verbockt?

Und an dem Punkt kommen wir noch mal auf eben jene Menschen zurück, die sich gegen die Massen stellen, die unermüdlich für eine gerechtere Zukunft, für ein friedliches Zusammenleben und für eine intakte Umwelt kämpfen. Sollten sie nach Jahrtausenden Ungerechtigkeit nicht endlich mal eine Chance bekommen und Gehör bei allen Menschen finden?

Vielleicht würde dann ein Wandel einkehren, und wir würden wieder mehr Hüter als Zerstörer unseres Planeten sein – und die Evolution würde einem wieder etwas sympathischer.

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Markus

Jahrgang 1967, Informatiker, pflegt und entwickelt 3-D-CAD-Software in einem kleinen Unternehmen. Träumt von einer progressiven, sozial gerechten und ökologischen Gesellschaft und verzweifelt manchmal an der Frage, warum die meisten Menschen das nicht auch wollen.

Ein Gedanke zu „Abgesang auf die Menschheit. Oder doch nicht?“

  1. Die Menschheit bräuchte Zeit auf der Couch und die entsprechende Anzahl an Psychoanalytiker, um sie zu heilen. Neurosen und Psychosen scheinen mir die Oberhand gewonnen zu haben, das Ich sich zum Es rückentwickelt zu haben, insbesondere in deutschen Landen.

    Schuldig dafür sehe ich die Marktwirtschaft an, die – ich schrieb des Öfteren darüber – den Menschen in diese Neurosen und Psychosen hineingeführt hatte und immer noch hineinführt, denn sie ist eigentlich völlig wesensfremd zum menschlichen Wesen, bringt nur seine schlechten Seiten zum Ausdruck, fördert diese sogar, anstatt sie zu unterdrücken.

    Was mir Hoffnung macht, ist, dass das von vielen, meist intuitiv, erkannt wird, von immer mehr Menschen erkannt wird, nur leider nicht so sehr vom untertänigen Deutschen derzeit. Andere sind da viel weiter im Erkennen und auch in dem, was sie dagegen unternehmen wollen. Deutschland hinkt auch und gerade hier den anderen hinterher. Seit mir das klar geworden ist, bewerte ich auch Deutsches Tun als das was es ist: recht unbedeutend, wenn es um die Zukunft geht.

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