Netflix und Co.: Mieten statt Eigentum

Anfang des Jahres beschrieb ich ja schon mal in einem Artikel die Folgen von der zunehmenden Verbreitung von Netflix, Spotify und Co. Nun ist mir gerade noch ein weiterer Aspekt eingefallen, warum ich diese (Streaming-)Dienste kritisch sehe: Immer mehr Menschen werden so vom Eigentümer zum Mieter – und haben damit letztlich nur eine sehr beschränkte Verfügungsgewalt über die von ihnen bezahlten Kulturgüter.

Klar, eine DVD, ein Buch oder eine CD sind nun doch eher bescheidenes Eigentum, mit dem man sich nicht ein Vermögen oder so was aufbaut. Aber wenn jemand im Besitz solcher Dinge ist, kann er damit auch machen, was er möchte, beispielsweise anderen leihen auch weiterverschenken. Meine Game-of-Thrones-DVDs haben außer mir beispielsweise schon vier weitere Personen gesehen, nämlich Freunde und Freundinnen, denen ich das ausgeliehen habe. Hätte ich mit einer Netflix-Serie nicht so ohne Weiteres machen können.

Oder wenn man so was wie öffentliche Bücherschränke oder Give-Boxen nimmt, in die man Bücher oder auch andere Medien einstellen kann, die man selbst nicht noch einmal lesen, anschauen oder anhören möchte. Gerade bei Büchern und Filmen ist das ja häufiger mal so, dass man die zwar nicht schlecht fand, aber irgendwie auch klar ist, dass die nicht noch ein zweites Mal genossen werden. Also ist es doch prima, wenn man das an jemand anderen weitergeben kann. Auch dies wird mit Netflix oder Kindle eher schwierig …

Sachen auszuleihen (ohne dafür bezahlt zu werden) oder zu verschenken entspricht ja nun auch nicht gerade der kapitalistischen Verwertungslogik, laut der mit allem möglichst viel Geld erwirtschaftet werden soll. Etwas, für dessen Nutzung (und nicht für den Erwerb) ich zahle, ist da natürlich der Idealzustand, denn der Konsument muss immer wieder zahlen. Wenn er das nicht mehr macht, hat er eben auch gar nichts mehr. So was ist bei Events ja durchaus nachvollziehbar und sinnvoll, beim alltäglichen Kulturgebrauch hingegen vor allem etwas, was den Anbietern nützt. Und wenn diese mal pleitegehen sollten, dann schaut der Nutzer auch ziemlich in die Röhre.

Mal abgesehen davon, dass diese Unternehmen die Tendenz haben, sich zu Monopolisten zu entwicklen, was dann auch sehr unschöne Folgen haben dürfte, wie ich in dem oben verlinkten Artikel ja bereits andeutete.

Ein weiterer Aspekt: Büchereien sind eine großartige Sache, wie ich finde, da sie auch Menschen mit wenig Geld Zugang zu Kulturgütern ermöglichen. Doch Büchereien sind eben auch auf Medien angewiesen. Und sollten irgendwann Netflix und Co. alle anderen Konkurrenten, die physische Medien vertreiben, plattgemacht haben, dann sterben auch die Büchereien – oder werden eben zu reinen Antiquariaten. Junge Menschen ließen sich damit in jedem Fall wohl eher nicht für Kultur begeistern …

Das bedeutet nun nicht, dass ich es grundsätzlich nicht sinnvoll finde, Dinge auch zu leihen, ich selbst bin ja beispielsweise auch bei einem DVD-Versandverleih. Alles muss man ja schließlich nicht haben, und unbegrenzten Platz dürften wohl nur die wenigsten zur Verfügung haben. Es geht aber m. E. um die „gesunde“ Mischung, und gerade Dienste wie Netflix oder Spotify, so ist zumindest mein Eindruck, haben da eine Verabsolutierungstendenz: Deren Kunden nutzen die irgendwann nur noch und greifen nicht mehr auf andere Anbieter zurück.

Streaming-Dienste haben also durchaus auch ihre Schattenseiten, sie schaffen Abhängigkeiten, nehmen den Konsumenten ihre Autonomie (mittel- bis langfristig noch mehr als gerade aktuell) und machen nebenbei ihre Besitzer und Führungskräfte noch zu Multimillionären und sogar Milliardären.

Aber die Verlockung, alles immer jetzt und gleich haben zu können (bzw. darauf zugreifen zu können, denn haben hat man ja im Grunde gar nichts), ist dann wohl doch für die meisten neoliberal Dressierten zu verlockend, als dass sie sich mal ein paar weitergehende Gedanken darüber machen, was denn ihr Konsumverhalten noch so alles für Folgen haben wird …

 

 

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

Ein Gedanke zu „Netflix und Co.: Mieten statt Eigentum“

  1. Gerade habe ich einen Artikel der Deutschen Welle von 2019 gelesen, in dem ein weiterer unschöner Aspekt der Streamingdienst erläutert wird: der extrem hohe Stromverbrauch. Der ist nämlich deutlich höher, als wenn man beispielsweise eine Sendung im Fernsehen schaut, da die Daten erst mal bereitgestellt werden müssen auf Servern, die Strom brauchen, und dann oftmals um die halbe Welt geschickt werden. Streaming heißt somit die Klimakrise noch mal weiter an.

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