Spotify – keine gute Idee, wenn man Musik mag

Gerade las ich in der Musikzeitschrift eclipsed in einem Interview mit David Crosby, was der mittlerweile 80 Jahre alte Musiker über Spotify denkt, und das hat mich dann dazu angeregt, doch mal das gesamte Geschäftsmodell des Streamingdienstes zu hinterfragen.

Doch zunächst mal die Aussage von David Crosby, als er gefragt wurde, ob sich der Titel seines neuen Albums „For Free“ auf Streamingdienste bezöge:

Ganz genau! Ich habe nie Alben aufgenommen, um damit Geld zu verdienen – sondern weil sie Spaß machten. Allerdings ist es nicht okay, dass Streamingdienste damit Millionen scheffeln, den Gewinn aber nicht mit den Künstlern teilen. Wenn das jemandem wie mir das Leben schwer macht, ist es für junge Leute, die gerade erst anfangen, geradezu tödlich. Ich halte Spotify für einen Haufen Diebe.

Das sind mal deutliche Worte, und das von einem Musiker, der sich mit Sicherheit keine großen Gedanken mehr über Geldprobleme machen muss.

Na ja, und wenn es denn mal nur Millionen wären … Wenn man sich anschaut, was der CEO von Spotify Daniel Ek so treibt, dann wir einem klar, dass es dabei um viel, viel mehr Geld geht. Der hatte nämlich gerade vor ein paar Monaten die Absicht, den Fußballverein Arsenal London zu kaufen – was wohl eine Summe von 2,8 Milliarden Dollar erfordert hätte. Nebenbei erfährt man dann in einem Artikel vom manager magazin zu dem Thema, dass das Vermögen von Ek laut Forbes auf 4,4 Milliarden Dollar beziffert wird.

Das Musikbusiness hat sich in den letzten Jahren sehr gewandelt, da viele Künstler, die nicht im Radio oder Fernsehen gespielt werden, ihr Geld in erster Linie mit Livekonzerten verdienen. Der Verkauf von Tonträgern ist als Einnahmequelle immer unbedeutender geworden – gerade auch wegen Unternehmen wie Spotify, bei denen die Musik der Künstler bereitgestellt wird und die dafür von ihren Kunden Gebühren kassieren. Davon landet allerdings nur sehr wenig bei den Musikern.

Und wenn man sich anschaut, wie Daniel Ek damit Geld gescheffelt hat, dann weiß man sich auch, wo die Kohle vor allem bleibt.

Nun kam zu dieser Situation die Corona-Pandemie hinzu, die es vielen Musikern unmöglich gemacht hat, weiterhin aufzutreten und mit Konzerten Geld zu verdienen. Und auch nun, wo das kulturelle Leben wieder ein bisschen hochgefahren wird, ist für viele Musiker nicht gleich alles so wie vor der Pandemie: Konzert-Locations haben dicht gemacht wegen der Lockdowns, viele Musiker mussten sich mittlerweile andere Jobs suchen, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten, und auch weitere für den Livebetrieb notwendige Dienstleister (z. B. Booking- und Musikmanagementagenturen) haben die Segel streichen müssen, da ihnen die Einnahmen weggebrochen sind.

Schlechte Zeiten also für Profimusiker, die zu einem großen Teil finanziell ohnehin schon immer nicht auf Rosen gebettet waren, sondern eben aus Idealismus für ihre Kunst ein eher karges Dasein fristeten. Denn die Großverdiener sind nur ein Bruchteil derjenigen, die Musik schaffen. Und dabei oft noch nicht mal für wirklich Interessantes und Neues verantwortlich.

Und nun werden diesen Musikern also auch noch die Milliarden quasi vorenthalten, die sich jemand wie Daniel Ek einverleibt. Wobei da die anderen Streamingdienste wie Apple Music oder Amazon Music wohl auch nicht viel spendabler sein dürften …

Vor gut eineinhalb Jahren hab ich ja schon mal auf die Nachteile von der zunehmend weiteren Verbreitung von Streamingdiensten in einem Artikel hingewiesen. Dazu kommt nun noch die Bereicherung von denjenigen, die diese Dienste anbieten und dort in der Führungsetage arbeiten. Über kurz oder lang dürfte auch dies zu einer Verarmung der musikalischen Vielfalt führen, da eben viele Musiker nicht mehr von ihrer Kunst leben können, umso mehr Menschen streamen, anstatt sich physikalische Tonträger zuzulegen.

Und um eine CD oder Vinylplatte zu kaufen, muss man ja auch nicht solche fiesen Läden wie Amazon nutzen. Es gibt schließlich genügend Möglichkeiten, das zu umgehen. Am besten natürlich, indem man bei den Musikern direkt kauft, die oft auf ihren Websites Shops anbieten. Oder Portale wie bandcamp als Vertriebsmöglichkeit nutzen, wo man Tonträger oder Downloads beziehen kann. Und dann gibt es auch noch etliche Onlineversender, die sich auf bestimmte Genres spezialisiert haben und ihren Laden mit viel Herzblut betreiben – für all diejenigen, die keine Bezugsquelle für Tonträger bei sich in der Umgebung haben.

Wenn man Spotify und andere Streamingdienste nutzt, und das womöglich noch als einzige Möglichkeit, um sich neue Musik zuzulegen, dann sollte man sich vor Augen führen, dass man auf diese Weise zwar ein paar sehr reiche Leute noch reicher macht, aber eben vielen Musikern, deren Musik man schätzt, das Wasser abgräbt. Klar, auch Plattenfirmen und herkömmliche Vertriebsplattformen sind keine karitativen Organisationen und verschaffen oft einigen wenigen Menschen sehr viel Geld, aber die Diskrepanz zwischen dem Vermögen der Vertriebler und dem, was bei den Musikern hängen bleibt, dürfte nicht ansatzweise so hoch sein wie beim Streaming.

Auch wenn Straming bequem und billig ist – es dürfte zumindest mittelfristig die musikalische Vielfalt zerstören.

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

Ein Gedanke zu „Spotify – keine gute Idee, wenn man Musik mag“

  1. Und da wird mit Spotify doch gleich noch mal eine Spur unsympathischer: Dessen CEO Daniel Ek nutzt nämlich die Berge von Kohle, die er über sein Unternehmen scheffelt, um mit 100 Millionen Euro in ein junges Unternehmen investiert, dass IT-Technik für die Rüstungsindustrie liefert, wie ein Artikel auf Utopia berichtet.

    Da sollte man doch sein Geld lieber den Künstlern zukommen lassen, als es dann über einen Umweg in die Kriegswirtschaft zu investieren, oder?

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