Momentan habe ich fast den Eindruck, als würden dystopische Erzählungen gerade in den USA Realität werden. Zwar nicht in jeweiliger Reinform, aber schon als reichlich perverse Mischung aus einigen Aspekten, die man vor Kurzem noch als reine Fiktion auf dem Bildschirm wahrgenommen hat.
So unterschiedlich diese beiden Filme und die eine Serie auch sind, so haben sie doch eines gemeinsam: In allen drei dort gezeigten Welten möchte man eigentlich nicht so richtig gern leben.
So basiert „Civil War“ auf dem Szenario, dass der amtierende US-Präsident nicht bereit ist, nach Ablauf seiner Amtszeit auch abzutreten. Daraufhin spaltet sich das Land in mehrere Blöcke auf, von denen die einen zum Präsidenten stehen, die anderen dessen Absetzung fordern. Na ja, und was dann in einem hochgerüsteten Land, in dem zudem quasi an jedem Kiosk Waffen verhökert werden, passiert, kann man sich schon vorstellen: jeder gegen jeden.
Der Film fokussiert hierbei jedoch nicht auf die politischen Hintergründe oder das Gesamtszenario, sondern schildert die Reise von einigen Journalisten von New York nach Washington, wo sie ein (vermeintlich letztes) Interview mit dem Noch-Präsidenten führen wollen. Doch dieser Ausschnitt reicht aus, um einen sehr intensiven Einblick in den Wahnsinn dieses Bürgerkrieges zu vermitteln.
Vor allem wird einem klar, dass es so eine ähnliche Gemengelage auch schon nach dem 5. November hätte geben können, wenn Donald Trump nicht die Wahl gewonnen, den Sieg aber für sich proklamiert und den Vorwurf des Wahlbetrugs ins Feld geführt hätte (was ja schon 2020 der Fall war). Das ist nun nicht geschehen, aber Äußerungen von Trump sowieso seine recht eindeutig totalitär-faschistische Agenda lassen es nicht unwahrscheinlich erscheinen, dass er sich in vier Jahren nicht von der Macht seines Amtes wird trennen wollen. Und dann könnte eben genau das passieren, was in „Civil War“ geschildert wird.
Vielleicht knallt es aber auch schon vorher, sollten einige Bundesstaaten der USA sich darauf besinnen, dass die Demokratie und ihre Institutionen eigentlich doch ganz gute Sachen sind, die man gegen die antidemokratischen Anwandlungen von Trump und seinen Spießgesellen verteidigen sollte.
In jedem Fall sehe ich leider eine ziemlich große Chance, dass „Civil War“ bald von der Fiction zur realistischen Prognose werden könnte.
In der Serie „The Handmaid’s Tale“ ist das Szenario ein anderes, denn dort gibt es weltweite Probleme, da kaum noch Kinder geboren werden. Dies macht sich eine Gruppierung zunutze, die ein streng patriarchalisches, religiöses, aber auch ökologisches Regime errichtet. Das Ganze nennt sich dann Gilead und umfasst weite Teile der USA.
Da die zuvor amtierende gewählte Regierung großteils nach Kanada geflohen ist, wird Gilead von den meisten anderen Staaten nicht akzeptiert, zudem tobt auch noch in einigen Teilen des Landes ein Bürgerkrieg, da sich nicht alle Menschen dieser archaischen fundamentalreligiösen Diktatur unterwerfen wollen. Ist der ökologische Aspekt noch recht sympathisch, so ist der Umgang mit Oppositionellen, die der Einfachheit halber umgebracht werden, und vor allem mit Frauen ausgesprochen abartig. Diese haben nämlich nichts mehr zu melden, selbst diejenigen, welche die Bewegung am Anfang mit angeführt haben, zudem werden gebärfähige Frauen dann als „Mägde“ an Haushalte der sogenannten „Commander“, die unfruchtbare Frauen haben, vermittelt, wo sie dann regelmäßig vergewaltigt werden, um dann ein Kind in die Welt zu setzen.
Eine dieser Mägde, June Osborne, ist die Hauptperson der sehr bedrückenden Serie, die im Grunde ohne jeden Anflug von Humor auskommt. Auf diese Weise wird man der Unmenschlichkeit von Gilead aber auch sehr gerecht. Nun fügt sich June nicht so Weiteres in ihr Schicksal, was auch zu erwarten war, um so Spannung zu generieren.
Wenngleich von einer Trump-Administration keinerlei ökologische Politik zu erwarten ist, da man sich ja schließlich zu einem großen Teil von der Fossile-Energieträger-Industrie hat sponsern lassen, so weist doch vor allem der patriarchalische Aspekt schon einige Parallelen zur aktuellen US-Realität auf. Die Mägde haben keinerlei Bestimmungsrecht über ihren Körper – was ja mittlerweile in den USA auch mit dem ekelhaften Slogan „Your body, my choice“ so recht offen proklamiert wird (s. hier). Und auch die Bigotterie der Commander und des Präsidenten von Gilead, die zwar Enthaltsamkeit und Frömmigkeit predigen (und auch gewaltsam durchsetzen in der Bevölkerung), selbst aber gern in speziell für sie eingerichtete Bordelle gehen, lässt einen doch an den wegen sexuellen Missbrauchs verurteilten und wegen Vergewaltigung angeklagten Donald Trump denken. Oder an seinen Wunschkandidaten für den Posten des Justizministers Matt Gaetz (der nun allerdings auch aufgrund von innerparteilichem Druck zurückgezogen hat), dem sexueller Missbrauch von Minderjährigen vorgeworfen wird. Ach ja, und auch bei dem Verteidigungsminister in spe Pete Hegseth steht der Vorwurf von sexuellen Übergriffen im Raum.
Was ja auch nicht wirklich verwunderlich ist: Sowohl antiquierte Frauenbilder als auch Kindesmissbrauch finden sich bei Rechtsextremen ja nun nicht gerade selten. Was dann eben in der Gesamtschau auf jeden Fall eine reichlich deutliche Parallele zu „The Handmaid’s Tale“ ist.
Bleibt noch „Idiocracy“. In dieser schon etwas älteren Kommödie (2006) geht es um die Welt in 500 Jahren: Die Menschheit ist zu diesem Zeitpunkt komplett verblödet, da sich vor allem diejenigen, die nicht besonders pfiffig sind, schnell und viel vermehrt haben. Die beiden Hauptpersonen Joe und Rita werden in der Jetztzeit von der Armee ausgewählt, weil sie komplett durchschnittlich begabte Menschen sind, um an einem Kälteschlafexperiment teilzunehmen. Dieses gerät dann aber aufgrund von Budgetkürzungen rasch in Vergessenheit, sodass die beiden Protagonisten 500 Jahre lang in ihren Kapseln schlafen – um dann zufällig auf einer Mülldeponie, in der große Mengen des Unrats ins Rutschen geraten, wieder aufzuwachen – als auf einmal intelligenteste Menschen der Welt.
Neben den daraus resultierenden Verwicklungen ist vor allem die Schilderung der idiotischen Gesellschaft sehr amüsant. So zeigt die populärste Fernsehsendung „Ow my balls“ nichts anderes als einen Typen, der immer wieder hinfällt und sich dabei die Genitalien derb anstößt. Zudem herrscht eine Ernährungskrise, weil die Felder nicht mit Wasser (das sei ja eklig, weil das auch im Klo ist), sondern mit einem Energydrink begossen werden – schließlich würde so was ja laut dem dazugehörigen Werbespruch gut für Pflanzen sein.
So was erinnert mich dann schon ein Stück weit an den Unfug, der von Donald Trump und aus seinem Umfeld verbreitet wird, seien es Migranten aus Haiti, die angeblich Hunde und Katzen essen, oder Joe Biden und Kamala Harris, die für das Entstehen von Hurrikanen verantwortlich seien sollten. Und auch die Aussage vom deutschen Mini-Trump Friedrich Merz, dass Windräder baldmöglichst wieder abgebaut werden sollten, weil sie ja so hässlich seien, ist von ähnlicher Scharfsinnigkeit. Bezeichnenderweise ist der US-Präsident bei „Idiocracy“ ein ehemaliger Wrestler – und wenn ich dann lese, dass unter Donald Trump Linda McMahon, Ex-Chefin der Wrestling-Liga WWE und ansonsten mit so gut wie keiner politischen Erfahrung ausgestattet, Bildungsministerin werden soll (s. hier), dann ist das schon sehr dicht dran an der eigentlich lustig-übertrieben gemeinten Komödie.
Solche Dystopien sind ja eigentlich zur Unterhaltung gedacht, wenngleich natürlich durchaus auch Gesellschaftskritik dabei mitschwingt. Dass die nun aber zumindest in Teilen Realität werden, hätte bestimmt kaum jemand der Regisseure oder Drehbuchschreiber gedacht. Doch leider zeigt der immer offensichtlicher aus dem Ruder laufende Neoliberalismus, dass die durch ihn geformte Realität in der Lage ist, mit fiktionalen Vorstellungen in kurzer Zeit schon Schritt halten zu können.
Leider ist nur der Unterhaltungswert der Filme und Serien ungleich höher (daher unbedingt mal anschauen, wenn Ihr die noch nicht kennt), als das, was da nun gerade so (vor allem) in den USA tatsächlich passiert …