Das wäre doch mal ein Talkshow-Format!

Zurzeit sind ja viele Politik-Talkshows zu sehen – klar, ist ja auch Wahlkampf. Allerdings ist der Informationsgehalt dieser Sendungen zumeist sehr gering und wird vor allem von politischen Selbstdarstellern genutzt, um die Bürger hinters Licht zu führen. Ich hätte da eine Idee für ein Format, das tatsächlich durchdachte Wahlentscheidungen von mündigen Bürgern fördern könnte.

Zunächst mal sollten die Teilnehmer an dieser Talkshow ausgeglichen ausgewählt werden. Am besten wäre eine Eins-zu-eins-Situation mit zwei Personen, die unterschiedliche Standpunkte vertreten. Wenn mehr Gäste eingeladen werden, dann müsste auch stets ein gleiches Verhältnis gewährleistet sein, was die grobe Richtung der Positionen betrifft. Also nicht, so wie jetzt häufig, einer von der CDU, einer von der FDP, ein Springer-Journalist und dann vielleicht noch ein Vertreter einer progressiven NGO oder so.

Dann wäre das Themen-Setting auch wichtig, denn hierbei wäre ebenfalls Ausgewogenheit erstrebenswert. Also nicht immer nur denselben Kram (zurzeit gerade Migration, Migration und noch mal Migration), sondern eben im Wechsel sozialpolitische, wirtschaftspolitische, sicherheitspolitische, bildungspolitische, kulturpolitische, finanzpolitische usw. Themen. So müssten die eingeladenen Gäste/Politiker sich bzw. ihre Parteien eben auch mal mehrdimensional präsentieren und zeigen, dass sie nicht nur ein Themenfeld beackern.

So viel zum Generellen vorweg. Das Entscheidende wäre natürlich dann vor allem der Ablauf einer solchen Talkshow. Und da hätte ich schon recht konkrete Vorstellungen, wie man tatsächlich einen Erkenntnisgewinn bei den Zuschauern erzielen könnte.

Zunächst mal hätte jeder Gast eine begrenzte Zeit, um auf Fragen zu antworten – beispielsweise eine Minute, 90 Sekunden oder auch zwei Minuten. Das könnte auch in Abhängigkeit von der Komplexität des Themas von Sendung zu Sendung variabel gestaltet werden. Während dieser Zeit haben ihn die anderen Gäste nicht zu unterbrechen. Sollten diese dennoch dazwischenquaken, dann bekämen sie als Strafe weniger Zeit für ihre künftigen Antworten, beispielsweise zehn Sekunden. Wenn dann jemand so undiszipliniert ist, dass er die anderen nicht ausreden lässt, dann ist er irgendwann bei null Redezeit und kann die Sendung verlassen. Genauso gibt es Zeitabzug für die Antworten im weiteren Verlauf der Sendung, wenn jemand seine Zeitbegrenzung nicht einhält und einfach immer weiterquasselt.

Zudem gibt es auch solche Zeitstrafen, wenn jemand Lügen erzählt. Diese werden live von Faktencheckern enttarnt, zudem hat jeder Gast die Möglichkeit, Aussagen von anderen Gästen überprüfen zu lassen. Das könnten man beispielsweise mittels eines visuellen Markers machen, damit niemand beim Sprechen unterbrochen wird: Damit wird dann eine Stelle in einer Aussage markiert, die dann später, wenn der Redner fertig ist, überprüft wird. Eine Lüge ist dabei nun nicht etwa eine kleine Ungenauigkeit bei Zahlen (beispielsweise falls jemand „20 Mio. Euro“ sagt und es eigentlich 22,4 Mio. Euro sind) oder wenn jemand etwas schlichtweg nicht weiß. Die Gäste können somit durch vorsichtige Formulierungen („Ich meine, dass das so ist …“, „Meines Wissens nach verhält es sich so …“ usw.) dem Vorwurf einer beabsichtigten Lüge entgegentreten. Gleichzeitig würde so klar, dass es sich um subjektive Aussagen handelt und nicht um in Stein gemeißelte Fakten. Bei denen sollte man sich dann schon sicher sein.

Wer beim Lügen erwischt wird, darf bei seinen nächsten Antworten auch nur kürzere Zeit reden, beispielsweise wieder zehn Sekunden pro Lüge. Die Zuschauer an der Nase herumführen zu wollen, würde so dazu führen, dass die politischen Gegner mehr Zeit hätten, um ihre Standpunkte darzulegen, als man selbst.

Und noch eine Sache wird mit einer Zeitstrafe belegt, und zwar wenn ein Gast eine Frage partout nicht beantworten will, sondern stattdessen Allgemeinsätze raushaut oder aber einfach das Thema zu  wechseln versucht. Erlebt man ja leider dauernd vor allem bei Politikern, dass sie Fragen, die ihnen gerade mal nicht in den Kram passen, einfach ignorieren. Damit wäre dann auch Schluss. Wenn jemand eine Frage nicht beantworten kann, weil ihm das notwendige Wissen fehlt, ist „Sorry, das weiß ich gerade nicht“ ja auch eine ehrliche Antwort – die nur unter Umständen dazu führt, dass das Publikum dann bei häufigerem Auftreten dieser Aussage an der Kompetenz desjenigen zweifeln könnte.

Weniger Gezeter, weniger Ausflüchte, weniger Themenwechsel und weniger Lügen – klingt doch insgesamt recht chic, oder? Zumindest dürfte eine solche Talkshow fundiertere Kenntnisse zu einem Thema vermitteln, als das zurzeit üblicherweise der Fall ist. Und das wäre ja auch alles kein Zauberwerk, so ein Format umzusetzen.

Bleibt dann nur die Frage, ob es denn tatsächlich von den Programmmachern gewünscht wäre, ein derartig informatives Programm statt der üblichen Phrasendrescherei mit null Erkenntnisgewinn zu bringen. Und da habe ich dann doch ein paar nicht ganz leise Zweifel …

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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