Was ich in meinem Artikel von vorgestern zur CDU-Kehrtwende bei der Schuldenbremse ja schon angedeutet habe, geht jetzt bereits los: Die CDU-freundlichen Medien machen schön PR für die CDU. Da können wir uns ja echt auf einiges gefasst machen in den nächsten Jahren …
Natürlich mal wieder vorn mit dabei: die Tagesschau der ARD. ARD-Programmdirektorin ist ja Christine Strobl, Tochter von Wolfgang Schäuble (CDU), selbst in der CDU und verheiratet mit dem CDU-Politiker Thomas Stobl. Ziemlich viel CDU auf einem Haufen, oder? Da ist es dann auch kein Wunder, wenn Strobl ihren Posten missbraucht wird, um schön Partei-PR auf die Leute loszulassen.
So las ich gerade einen Artikel auf tagesschau.de, der nichts weiter ist als eine Rechtfertigung für das schäbige Verhalten von Bundeskanzler in spe Friedrich Merz (CDU) in Bezug auf die Schuldenbremse bzw. deren Reform, die er nun gerade anleiern möchte, obwohl er in der Opposition sich diesem Ansinnen zum Schaden einer konstruktiven Politik stets verweigert hat in den letzten Jahren.
Der Artikel ist von einer Nicole Kohnert, aber eben nicht als Kommentar gekennzeichnet, sodass man dies wohl als Berichterstattung versteht bei der Tagesschau.
Und der Unfug geht schon gleich im Titel los: „Warum Schulden plötzlich kein Problem mehr sind“. Tja, vielleicht sollte jemand Kohnert mal mitteilen, dass Staatsschulden generell nicht immer ein Problem sein müssen, und in Deutschland schon mal erst recht nicht in den letzten Jahren. Allerdings haben das neoliberale Ideologen von CDU/CSU, FDP und AfD mit ihrem fehlenden ökonomischen Sachverstand trotzdem immer behauptet (s. hier).
Dann kommt ein paar Zeilen später die Aussage:
Finanzminister Kukies ließ die Union die vergangenen Tage während der Sondierung in den finanzpolitischen Abgrund des Bundeshaushalts schauen. Bis 2028 könnten im Haushalt bis zu 130 Milliarden Euro fehlen, soll Kukies vorgerechnet haben. Das erfuhr das Handelsblatt.
Von einem Kassensturz nach der Bundestagswahl sprach Merz schon während des Wahlkampfs. Aber solche Zahlen hat er wahrscheinlich nicht erwartet.
Nun hätte man sich vonseiten der CDU vielleicht mal das eigene Wirtschaftsprogramm anschauen sollen, denn das weist ja immerhin schon mal laut ifo Institut ein Defizit von etwa 100 Milliarden Euro auf. Und das wird sich nicht mal eben so mit ein paar Einsparungen bei denen, die sowieso schon zu wenig haben, reinholen lassen. Also war der Union schon von vornherein klar, dass sie mit der Schuldenbremse überhaupt nicht regieren könnten.
Das bestätigte auch Ricarda Lang (Grüne) beim SPIEGEL-Talk, als sie meinte, dass ihr vonseiten etlicher CDU-Politiker schon bei der Münchner Sicherheitskonferenz gesteckt wurde, dass man die Schuldenbremse angehen würde, sollte man die Bundestagswahl gewinnen.
Dennoch schreibt Kohnert:
Und so musste vor allem die Union über ihren Schatten springen und ihr Wahlversprechen, weniger Schulden zu machen, über Bord werfen.
Ach je, die arme CDU, die muss ja soooo kompromissbreit sein, um nun die geliebte Schuldenbremse zu überarbeiten. Das ist eine derart billiges Reinwaschen dieser politischen „Sauerei“ (ebenfalls Ricarda Lang, die das so bezeichnete), dass es einem echt die Sprache verschlagen kann.
Und weiter geht’s mir den Absurditäten:
Während die SPD mit dem Vorschlag weniger Probleme hatte, mussten die Sondierer der Union nun auch beim Thema Schuldenmachen „erwachsen werden“ und mit den Konsequenzen leben. Intern müssen sie bei CDU und CSU ihre enorme finanzpolitische Kehrtwende erklären – und Kritik aushalten.
Aber auch gegenüber Wählerinnen und Wähler kommen sie nun in Erklärungsnot, da sie im Wahlkampf stets erklärten, dass man an der Schuldenbremse festhalten will und mit mehr Wirtschaftswachstum die Löcher im Bundeshaushalt schon gestopft bekommt.
Dass dieses Stopfen der Löcher mit mehr Wirtschaftswachstum so nicht funktionieren würde, haben ja schon einige schlaue Köpfe vor der Wahl festgestellt, so zum Beispiel auf recht amüsante Art und Weise Captain Futura:
Dann verweist Kohnert auf die Außen- und Sicherheitspolitik, indem sie feststellt, dass ja auch Noch-Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius schon die ganze Zeit mehr Kohle für die Bundeswehr haben wollte – was nun dann endlich auch so geschehen wird. Dass Pistorius hier nun von der CDU die ganze Zeit lang hingehalten wurde, obwohl sich die sicherheitspolitische Lage nicht großartig geändert hat in den letzten Monaten, verschweigt sie natürlich.
Denn dass die USA jetzt als Schutzmacht wegzufallen drohen unter Donald Trump kommt ja nicht eben so plötzlich, wie uns das Schreiberlinge wie Kohnert verklickern wollen. Komischerweise hab ich darüber schon im Oktober letzten Jahres einen Artikel geschrieben und nach einem Plan B gefragt für den Fall, dass Trump Präsident wird und dann tatsächlich seine autoritär-faschistische Agenda umsetzt. Das könnte dann also auch mal den Blitzmerkern von der CDU und der ihr nahestehenden Journaille klar gewesen sein, oder?
Abschließend darf dann natürlich der Verweis nicht fehlen, dass die Schuldenabtragung ja künftige Regierungen und Generationen belasten würde. Auch das ist wiederum Unfug, denn verrottete Infrastruktur und mangelnder Klimaschutz werden in den nächsten Jahren eine deutlich höhere Hypothek sein als Schulden, wenn diese denn tatsächlich für Investitionen und nicht für Geschenke für Vermögende genutzt werden. Wobei Letzteres wohl leider unter einer Merz-CDU der Fall sein dürfte – die Aktien von Rheinmetall und Co. erfreuen sich zumindest gerade schon mal eines Höhenflugs nach der Ankündigung, die Schuldenbremse zu modifizieren.
Nicole Kohnert deutet hier das überaus schäbige, verlogene und heuchlerische Verhalten der CDU so um, als sei man nun heroisch zu Eingeständnissen an den politischen Gegner bereit. Das ist so eine dermaßen dreiste Verdrehung der Realität, aber bei CDU-Wählern wird das wohl dennoch verfangen. Schließlich ist es das Konzept der CDU seit Beginn der Bundesrepublik, Menschen ohne politischen Sachverstand oder Weitblick mit hohlen Phrasen zu ködern, wie Mario Sixtus treffend feststellt:
Die SPD sollte sich, wenn man dort solche Artikel wie diesen von Nicole Kohnert liest, im Klaren darüber sein, dass man nur verlieren kann, wenn eine Koalition mit der CDU eingegangen wird. Nicht nur weil die CDU unaufrichtig und unanständig bis ins Mark ist, sondern auch weil sie eben genug diensteifrige Schreiberlinge und Redakteure als Anhängsel hat, die jeden Bockmist, den die Merz-Truppe verzapft, noch schönredet und im Zweifelsfall dann der SPD die Schuld in die Schuhe schiebt.
Wer einen solchen Lügner wie Merz zum Bundeskanzler macht, der macht sich mitschuldig am Verfall der politischen Sitten und Kultur in diesem Land. Und damit meine ich sowohl die potenziellen Koalitionäre als auch skrupellose Mietmäuler und -federn in den Medien.