Reform der Schuldenbremse – wie bitte?

Die CDU macht nach der Wahl damit weiter, womit sie während des Wahlkampfes schon in erster Linie beschäftigt war: Doppelmoral, Verlogenheit und Lügen. Nächster Akt: Die Schuldenbremse soll nun doch reformiert werden.

Dabei hatte die CDU in den letzten drei Jahren als Oppositionspartei immer wieder auf die strikte Einhaltung dieses einfältigen ökonomischen Knebels namens Schuldenbremse gepocht und sich jedem Vorschlag zu deren Reform konsequent verweigert. So konnte auf die zahlreichen Krisen – Post-Covid-Zeit, Ukraine-Krieg und daraus resultierende Energiekrise mit hoher Inflation – nicht adäquat reagiert werden. Und letztlich war dies ja auch einer der Hauptgründe für das Auseinanderbrechen der Ampel-Koalition.

Und nun stellt die CDU auf einmal fest, dass es ja doch schwierig werden könnte mit der Regierungsarbeit, wenn man die blöde Schuldenbremse am Hacken hat. Zumal wenn man so ein unausgegorenes wirtschaftliches Programm hat wie die CDU, bei dem die Geschenke für die Vermögenden nicht ausreichend gegenfinanziert sind, sodass sich (laut Ifo Institut, das ja nun wahrlich nicht linkslastig ist) eine Finanzierungslücke von etwa 100 Milliarden Euro ergibt.

Also kommt man nun bei SPD und Grünen angeschissen und meint, dass man ja noch in der jetzigen Zusammensetzung des Bundestages eine Reform der Schuldenbremse beschließen könnte. Wenn sich erst mal der neue Bundestag konstituiert hat, dann dürfte das schwierig möglich sein, denn dann müsste entweder die AfD oder die Linke dabei zustimmen, so von wegen Zweidrittelmehrheit für Änderungen am Grundgesetz (da wurde die Schuldenbremse ja reingeschrieben – nicht eben pfiffig, wie man nun sieht). Und dafür haben beide Parteien ihre Gründe, wenngleich diese vollkommen unterschiedlich sind: Die AfD wird die Schuldenbremse beibehalten wollen, da das ihrem populistischen Stil entspricht, die Linke wird das Ding wohl eher ganz abschaffen wollen (was auch wirtschaftlich am vernünftigsten wäre, damit endlich wieder antizyklische Wirtschaftspolitik ermöglicht würde).

Und so wird nun daran appelliert, dass sich ja die Demokraten, zu denen sich die CDU absurderweise immer noch zählt (und von zu vielen gezählt wird) zusammenraufen müssten, damit die Schuldenbremse abgeändert wird. Wie ich bisher mitbekommen habe, zeigen sich SPD und Grüne diesem Ansinnen gegenüber auch nicht abgeneigt.

Damit würde man jedoch der CDU-Unanständigkeit mit verantwortungsvollem Anstand begegnen. Das wäre zwar nobel, aber nicht sonderlich zielführend, zumal auf mittlere bis lange Sicht.

Die ehemalige Parteivorsitzende der Grünen bezeichnete dieses Verhalten der CDU sehr richtig als „Sauerei“ (s. hier). Und wenn man schon zu dieser Erkenntnis gekommen ist, dann sollte man bei einer solchen Sauerei auch nicht mitwirken, finde ich.

Klar, nun kann man einwenden, dass es dann aller Voraussicht nach zu ziemlichen Härten für arme Menschen kommen würde, da die CDU als durch und durch asoziale Partei natürlich erst mal bei denen sparen würde, um ihre unseriöse Finanzierung von Geschenken für Reiche zu kaschieren. Und damit rechnet Merz natürlich, dass SPD und Grüne das auch nicht wollen, sodass sie nun einer Reform der Schuldenbremse zustimmen. Ich nenne das politische Erpressung, die zwar nicht direkt ausgesprochen wurde (zumindest meines Wissens bisher nicht), aber schon absehbar im Raum steht. Und auf Erpressung sollte man meines Erachtens nie eingehen.

Würde nämlich nun die Schuldenbremse unter Mithilfe von SPD und Grünen reformiert, sodass die CDU-geführte Regierung dann mehr wirtschaftspolitischen Handlungsspielraum hätte, dann würden von den ganzen CDU-freundlichen Medien daraus resultierende Erfolge nicht nur künstlich aufgeblasen, sondern auch ausschließlich der CDU und ihrer ewiggestrigen Wirtschaftspolitik zugeschrieben. „Seht her, Sozis und Grüne können halt nicht wirtschaften, die CDU hingegen schon!“ Das würde nicht nur ein gängiges falsches Klischee noch mal bestärken und jede zukünftige progressive Wirtschaftspolitik erschweren, sondern es würde auch SPD und Grüne weiter schwächen.

Merz und die CDU haben sich bei ihrer Verweigerungshaltung in Bezug auf die Schuldenbremse einen feuchten Kehricht darum geschert, welche Auswirkungen das für die Menschen in unserem Land hat. Nun spekulieren sie darauf, dass SPD und Grüne nicht derart verantwortungslos sind – das ist der Gipfel an Schäbigkeit, wie ich finde. Und damit sollte man Merz nicht durchkommen lassen.

Es mag zwar hart klingen, aber ich finde, dass die Leute ruhig mal sehen sollen, was passiert, wenn man rechte Parteien wählt. Das führt nämlich in weiten Teilen der Bevölkerung zu gesteigerter Armut, zu weiter verfallender Infrastruktur, zu schwächelnder Wirtschaft und letztlich auch zu weniger Sicherheit, wie ich hier kürzlich schon mal erläutert habe. Vielleicht setzt dann ja mal ein Umdenken ein, dass es keine so richtig gute Idee war, Parteien wie CDU, FDP und AfD zu wählen, die im Kern nichts für Sozialpolitik, Gemeinwesen und Umweltschutz übrig haben, sondern immer nur die Umverteilung von unten nach oben weiter forcieren wollen.

Das wird dann natürlich ein für viele schmerzhafter Lernprozess, und vor allem ist das auch ein Stück weit unfair denen gegenüber, die dann unter Merz-Politik zu leiden haben, aber nicht für ihn oder andere Rechtsparteien gestimmt haben. Aber anders dürfte es meines Erachtens leider nichts werden, um zu einem grundsätzlichen gesellschaftlichen Umdenken in Bezug auf Wirtschaftspolitik und vielleicht sogar dem Wirtschaftssystem zu gelangen.

Gesellschaftlicher Schaden wurde in jedem Fall ja schon angerichtet durch dieses Gebaren, denn dass es hierbei um reine Machtspiele vonseiten der Merz-CDU geht auf Kosten der Allgemeinheit, ist ja kaum zu übersehen und dürfte damit den meisten klar sein. Und das untergräbt dann eben wieder das Vertrauen in die (Parteien-)Demokratie: „Seht ihr, die denken immer nur an sich selbst! Dann nächstes Mal lieber AfD!“ Diese Schlussfolgerung dürfte leider bei nicht wenigen eher simplen Gemütern anzutreffen sein.

Insofern sollten sich SPD und Grüne deutlich positionieren, feststellen, dass sie solche widerwärtige Taktiererei nicht mitmachen, und Merz die Suppe auslöffeln lassen, die er sich eingebrockt hat. Dabei muss natürlich auf eine offensive öffentliche Kommunikation geachtet werden, damit die CDU-nahe Journaille nicht wieder versucht, anderen Parteien den Schwarzen Peter für den Bockmist, den die CDU verzapft hat, zuzuschustern. Am besten wäre es, die CDU mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, indem man jetzt gleich in den Wahlkampfmodus wechselt und die Unaufrichtigkeit von Merz und seiner Truppe permanent thematisiert. Und natürlich genauso dessen politisches Versagen, was zwangsläufig darauf folgen würde (und zwar schneller noch, als es das sonst wohl auch täte), wenn die Schuldenbremse nun einfach so beibehalten würde.

Dann könnte Merz sich mit der AfD abkaspern, und so einer Koalition mit den blaubraunen Spinnern würde ich keine lange Lebenszeit prognostizieren unter den momentanen Voraussetzungen. Für alle drängenden Probleme haben diese Parteien nämlich keine Lösungen anzubieten, sodass da schnell die Fetzen fliegen dürften bei all den schäbigen Charakteren in CDU/CSU und AfD.

Ach, das ist vermutlich nur frommes Wunschdenken, denn dafür müssten ja SPD und Grüne eine Wende hin zu einer progressiven Politik machen und eine sozial-ökologische Wende ins Zentrum der öffentlichen Diskussion rücken. Und das kann ich mir leider nicht vorstellen bei dem Rechtsschwenk, den diesen beiden Parteien in den letzten Jahren hingelegt haben. So wird man sich vermutlich von Merz schön vorführen lassen, einer Reform der Schuldenbremse zustimmen und dann erst recht als Loser dastehen.

Schade eigentlich …

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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