Interessantes aus KW 9/2016

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Unter Erdogan fährt die Türkei nach wie vor einen reichlich gefährlichen Amokkurs in der Region: Laut einem Telepolis-Artikel fand gerade ein Angriff vom IS-Truppen auf die kurdische Stadt Gîre Sipî statt, der von türkischer Seite zumindest deutlich geduldet, wenn nicht sogar aktiv unterstützt wurde. Damit wird nicht nur bewusst der Waffenstillstand in Syrien gefährdet, sondern es wird auch deutlich, dass es der Türkei dort vor allem um ihre eigene Machtpolitik geht, die ohne Rücksicht auf Verluste umgesetzt wird. [Karl]

2. Erika Steinbach (CDU) fiel mal wieder durch eine eklige rassistische Äußerung auf, diesmal in Form eines getwitterten Bildes. Auf seiner  Facebook-Seite liefert Sascha Lobo nun eine treffliche Analyse, warum dieser Tweet nun so schlimm ist und übelsten Rassismus befeuert. Und so was von der Vorsitzenden der Arbeitsgruppe „Menschenrechte und humanitäre Hilfe“ der CDU/CSU-Bundestagsfraktion – eigentlich zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre. [Karl]

3. Norbert Häring beschäftigt sich in einem Artikel für den Freitag mit der geplanten Grenze für Bargeldzahlungen von 5000 Euro. Dabei kommt er nachvollziehbar zu dem Schluss, dass es mitnichten um die Eindämmung von Terrorgefahr geht, sondern vielmehr eher Banken als Terrorismusexperten auf die so eingeleitete Abschaffung des Bargelds drängen. Schließlich wäre so für die Banken die Gefahr eines Runs von Kunden auf die Schalter im Falle einer sich abzeichnenden neuen Finanzkrise abgewendet – Bargeld können sie schließlich nicht drucken, wie sie wollen, Giroguthaben hingegen schon aus dem Nichts schöpfen. [Karl]

4. Klaus Buchner sitzt für die ÖDP im Europaparlament. Auf der Webseite der Partei findet sich nun seine Stellungnahme zum Freihandelsabkommen CETA zwischen Kanada und der EU, nachdem er den endgültigen Text einsehen konnte. Sein Fazit: Der darin enthaltene Gerichtshof ist im Prinzip das Gleiche wie die Schiedsgerichte (so hieß das vorher) und ein Generalangriff auf die Handlungsfähigkeit demokratischer Staaten. CETA gilt als Blaupause für TTIP, dass ja auch bald verabschiedet werden soll. [Karl]

5. Von Bundesrichter Thomas Fischer haben wir hier ja auch schon den einen oder anderen Artikel verlinkt, den er in seiner Kolumne für die Zeit geschrieben hat. Nun gibt es ein sehr lesenswertes Interview mit ihm im Stern, in dem er sich zur neoliberalen Politik, zum Rechtsruck in Deutschland, zur Qualität des Journalismus und noch zu einige anderen Dingen äußert. Guter Mann! [Karl]

6. Ja, so sind sie, die AfD-Anhänger: Ein taz-Artikel berichtet, dass bei dem Aktivisten vom Peng-Kollektiv, der als Clown verkleidet Beatrix von Storch auf einer AfD-Veranstaltung in Kassel eine Torte ins Gesicht schleuderte, nun Morddrohungen eingeben mit eindeutig rechtsextremem Hintergrund. Auslöser war, dass von Storch auf ihrem Facebook-Profil ein Bild und den vollen Namen des Aktivisten gepostet hatte und damit wohl genau solche Reaktionen provozieren wollte. Damit nicht genug: Aus der AfD selbst gibt es Stimmen, die Verständnis für diejenigen haben, die nun Morddrohungen aussprechen. [Karl]

7. Der Kabarettist Christoph Sieber bringt ein knapp acht Minuten in einem Video für den Denkfunk einiges aufs Tableau, was die derzeitige Stimmung in Deutschland anbetrifft. Dabei spannt er den Bogen von der Flüchtlingskrise über die progromähnlichen Ausschreitungen bis hin zu den Ursachen, die er u. a. auch in der Agenda-2010-Politik sieht. Komplexe Zusammenhänge auf unterhaltsame Weise rübergebracht – warum sind Politiker oder politische Magazine dazu nicht in der Lage? [Karl]

8. Ein neunminütiger Beitrag der WDR-Sendung sport inside beschäftigt sich mit dem zunehmenden auch über Vereinsgrenzen hinweggehenden Schulterschluss von Hooligans und Rechtsextremen. Beginnend mit der Hogesa-Demo vom Oktober 2014, wird anschaulich nachgezeichnet, wie es zu immer größeren Überschneidungen dieser beiden Szenen kommt. Keine schöne Entwicklung … [Karl]

9. Gute Nachrichten aus dem Iran! Laut einem Artikel in der Frankfurter Rundschau haben dort bei der Parlamentswahl die moderaten Kräfte einen deutlichen Sieg einfahren können, sodass der als Modernisierer geltende Präsident Ruhani gestärkt wurde. Klar hat der Iran noch einen langen Weg vor sich auf dem Weg vom fundamentalistischen Gottesstaat hin zu einem demokratischen Rechtsstaat, aber es zeigt sich, dass durch eine Politik der diplomatischen Annäherung wie nun beim Atomkompromiss im letzten Jahr mehr erreicht werden kann als durch blindes militärisches Draufhauen. [Karl]

10. Jens Berger untersucht in einem NachDenkSeiten-Artikel das Phänomen Donald Trump, der ja gerade als großer Sieger aus dem sogenannten „Super Tuesday“ bei den Vorwahlen hervorgegangen ist. Dabei stellt Berger die berechtigte Frage, warum Trump trotz breiter medialer Ablehnung derartige Erfolge feiern kann. Seine Antwort: Trump präsentiert sich als Gegner des Esxtablishments und spricht damit all jene an, die von der Politik der letzten Jahre desillusioniert wurden. Parallelen zu Deutschland und der AfD/Pegida sind unübersehbar. [Karl]

11. Volker Beck wurde mit einer kleinen Menge Drogen (vermutlich Chrystal Meth) erwischt und ist daraufhin von allen seinen Ämtern zurückgetreten. Eine gute Bewertung dieses Vorgangs und der absurden konservativen dahinterstehenden Moralvorstellung liefert Felix Werdermann in einem Kommentar im Freitag. Auch Margarete Stokowski versucht in ihrer Kolumne auf Spiegel online, ein wenig Dampf aus der Sache zu nehmen und das Ganze etwas nüchtern zu betrachten. [Karl]

12. Zu einer leider eher negativen Auslegung unserer derzeitigen Art der „Solidarität“ kommt der US-amerikanische Soziologe Richard Sennett nach langjähriger Forschung. Im Rahmen eines Interviews für kulturzeit (3sat) bringt er die Grundthese seines kürzlich erschienen Buches „Zusammenarbeit“ zur Sprache: Die Menschen in den Industrienationen wollen in einer berechenbaren Welt leben (oder auch einer „einfach zu verstehenden Welt“). Deshalb verdrängen sie die gesellschaftlichen Unterschiede (z. B. die Schere zwischen Arm und Reich) und blenden entsprechende Erfahrungen aus. Anders aussehende Menschen sehen jedoch „fremd“ aus, sodass sie damit dieses Konzept der Gleichheit in Gefahr bringen und entsprechend als „gefährlich“ eingestuft werden. Mich hat das Interview neugierig auf sein Buch gemacht. [Dirk]

13. Im Jahr 2012 wurde in Berlin-Neukölln der damals 22-jährige Burak Bektas auf offener Straße und scheinbar ohne jedes Motiv erschossen. Nun rollt ein 21-minütiger Beitrag von Deutschlandradio Kultur (liegt dort auch in schriftlicher Form vor) diesen Vorfall noch mal auf, wobei sich erschreckende Tendenzen zur Nichtaufklärung und unsauberen Ermittlung, gepaart mit Lügen und Zurückhalten von Beweismaterial, bei Staatsanwaltschaft und Polizei ergeben. Vom NSU-Versagen nichts gelernt, wie es scheint … [Karl]

14. Passend zum Hinweis 13: In einem Artikel auf tagesschau.de geht es um terroristische Strukturen in der Neonaziszene in Deutschland, die sich relativ unbehelligt bilden können, da Polizei und Staatsanwaltschaft bei rechtsradikalen Straftaten nur sehr lasch bis gar nicht ermitteln: Fahndungsbilder werden nicht veröffentlicht, Verbrechen werden heruntergespielt (hierzu auch den zweiminütigen Beitrag des nachtmagazins auf der Seite anschauen), und mehrere Hundert rechte Straftäter sind mittlerweile untergetaucht, sodass die Haftbefehle nicht vollstreckt werden konnten. [Karl]

15. Marcus Klöckner beschäftigt sich in einem Artikel auf Telepolis mit dem Umgang großer Tageszeitungen mit kritischen Leserkommentaren in Foren und Kommentarspalten. Dass viele Redaktionen diese interaktiven Bereiche mittlerweile eingeschränkt haben, liegt nach Ansicht des Autors nicht nur daran, dass sich dort Hasskommentare häufen, wie es kommuniziert wird, sondern hängt auch damit zusammen, dass die Medien sich in ihrer Deutungshoheit angegriffen fühlen durch gut informierte Leser, die einseitigen Journalismus bemängeln. [Karl]

16. Der Hinweis auf ein neues Video von Rayk Anders darf hier in den letzten Wochen ja nicht fehlen. Diesmal fasst er in seinem Format Headlinez in knapp fünf Minuten zusammen, wie die Atomwirtschaft sich zunächst mal von Steuergeldern aufbauen lässt, um dann fette Gewinne einzustreichen und nun, wo der Atomausstieg beschlossen ist, wieder zusieht, dass der Steuerzahler möglichst viele Kosten übernimmt. Tja, wer schon immer gesagt hat, das Atomenergie der letzte Scheiß ist, der hat dann doch offensichtlich Recht behalten. [Karl]

17. … und wie sicher und toll das alles funktioniert mit den Atomkraftwerken, kann man laut Artikeln auf heise.de und auf tagesschau.de dann auch gerade feststellen: Im französischen AKW Fessenheim gab es im April 2014 einen schweren Störfall, aber sowohl die Öffentlichkeit als auch die Internationale Atomenergiebehörde wurden vom Betreiber und der französischen Atomaufsicht darüber nur unzureichend und verharmlosend unterrichtet. Schön, wie verantwortungsvoll da agiert wird. [Karl]

18. LobbyControl weist in einem Artikel auf eine Dokumentation zur Tagung „Wenn Konzerne den Protest managen …“ hin. Darin geht es um Strategien von Konzernen, um eigene Bürgerinitiativen ins Leben zu rufen und zu finanzieren, die dann im Sinne der Konzerne tätig werden. Graswurzellobbyismus sozusagen, um Greenwashing zu betreiben. Interessantes Thema, das 20-seitige PDF kann man auf der verlinkten Seite herunterladen. [Karl]

19. Einige Experten weisen ja schon seit Monaten darauf hin, ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung zeigt, dass diese Erkenntnis nun auch in den Mainstream-Medien angekommen ist: Die Panikmache wegen der hohen Kosten, die durch Flüchtlinge in diesem Jahr verursacht werden, ist recht unbegründet, da diese Ausgaben vielmehr wie eine Art Konjunkturprogramm funktionieren und sich somit zu einem guten Teil selbst refinanzieren. [Karl]

20. Entlarvend! In einem Artikel der NachDenkSeiten wird beschrieben, wie der Gastautor Thorsten Wolff sich als Cafébesitzer ausgegeben hat und einige Volkswirte auf diese Weise mit ihren eigenen Aussagen konfrontiert hat, dass der Mindestlohn Arbeitsplätze vernichten würde, die nicht produktiv genug sind, um 8,50 Euro zu erwirtschaften. Die wenigen Antworten, die er daraufhin überhaupt bekommen hat (zwei von fünf), weisen zu Recht darauf hin, dass eine Berechnung der Wirtschaftlichkeit nur für ein Unternehmen insgesamt und nicht für einzelne Angestellte durchgeführt werden kann – und widersprechen damit ihrer eigenen Anti-Mindestlohn-Propaganda. [Karl]

21. Noch mal die NachDenkSeiten. Paul Schreyer hat gerade ein Buch geschrieben mit dem Titel „Wer regiert das Geld?“. Jens Wernicke hat aus diesem Anlass ein Interview mit dem Autor geführt, in dem es um genau dieses Thema geht, also auch um die Funktionsweise des Geldsystems: Wer schafft überhaupt Geld? Die Antwort darauf und weitere Aspekte, die Schreyer anspricht, dürften für die meisten recht überraschend, aber auch erschreckend sein. [Karl]

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