Polarisierung: Onlineshopping

Es geht in großen Schritten auf Weihnachten zu, was man unter anderem daran merkt, dass die Lebkuchen und Schokoherzen nach zwei Monaten in den Regalen des Einzelhandels bereits hart und unappetitlich werden. In den Fußgängerzonen werden die Stände aufgebaut, die Keller werden nach Dekoration durchsucht, und man sieht Lieferwagen an allen Ecken. Gerade der letzte Punkt wird durch die Medien (z. B. bei quer) wieder so stark polarisiert, dass Onlineshopping einmal mehr in Verruf gerät (was zuletzt Amazon zu spüren bekam). Dabei ist es wie mit fast allen Themen: eine Frage des Maßes.

Der Einkauf übers Internet hat in den letzten Jahren kontinuierlich zugenommen (hier einige Grafiken beim bevh oder die Angaben des Statistischen Bundesamtes), aber auch hier ist es angebracht, nicht gleich jeden Onlinekauf zu verteufeln. Bestelle ich im Internet einen Schneidedraht für den Käseschneider, dann ist das sicherlich in fast jeder Hinsicht eine sinnvolle Entscheidung: Um mich selbst zu einem Fachgeschäft zu bewegen, das solche Nischenprodukte anbietet, muss ich mich durch die volle Fußgängerzone quetschen und in die Bahn steigen. Das ist weder ökonomisch, ökologisch noch zeitlich irgendwie sinnvoll! Wenn man so ein Produkt „bei Gelegenheit mit kaufen“ kann, dann wäre das sicherlich eine Option (nur fahre ich praktisch nie in die Shoppingmeile, wo solche Kaufhäuser stehen, die einen Käseschneiderdraht anbieten).

Nun ist es allerdings so, dass die meisten Leute Kleidung im Internet kaufen (denn Textilien sind die meistbestellte Ware). Das kann ich weitaus weniger verstehen, denn dieses Produkt muss im Idealfall an einem selbst gut aussehen (weshalb man in solchen Läden ja auch extra Ankleidekabinen bereitstellt). So kann es sein, dass ich ein bestelltes Teil mehrmals zurückschicke (falsche Größe, kneift im Schritt, Farbe nicht wie im Internet abgebildet, Materialfehler …) und entsprechend oft erneut zugeschickt bekomme! Das scheint bei einigen Leuten aber auch eher so eine Art Zeitvertreib zu sein: Im Internet schauen und vergleichen und dann etwas kaufen, was man im Prinzip derzeit nicht benötigt und was deshalb auch gern zwei bis drei  Tage Lieferzeit haben darf. Andere lesen in der Zeit lieber ein Buch. ;)

Ein Großteil aller Onlinekäufe findet sich aber erfahrungsgemäß irgendwo im Spektrum zwischen diesen beiden Beispielen (Käseschneiderdraht und Klamotten). Und deshalb ist es auch hier sinnvoll, ein differenziertes Bild zu haben, anstatt stur das Onlineshopping zu verurteilen oder unreflektiert alles im Internet zu bestellen. Generell geht es mir bei diesem Beitrag auch eher darum, die Leserin und den Leser davon zu überzeugen, sich eigene Gedanken zu machen, anstatt diese ständige Polarisierung durch die Medien mitzumachen. Man darf zu einem Thema auch einmal keine (gefestigte) Meinung haben und muss sich nicht gleich in eines der Lager begeben, die ein fleißiger Redakteur (oder Blogger) als Gegensätze dargestellt hat (wie ich im letzten Jahr schon einmal zu bedenken gab).

Fazit: Ein Lieferwagen für Pakete kann eine Straße genauso dicht machen wie das Auto vom Blogger, der sich seine Bio-Ananas im Bio-Supermarkt kauft und dafür seinen Bio-Diesel-SUV durch die Stadt karrt.

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Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

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