Interessantes aus KW 50/2017

An dieser Stelle präsentieren wir regelmäßig Links, die wir unter der Woche entdeckt haben, zu denen wir selbst nicht mehr viel schreiben müssen und die wir teilenswert finden. Viel Spaß beim Lesen und Anschauen!

1. Nach einigen Wochen aus dem Fokus habe ich mal wieder einen schönen Videoblog-Beitrag von Rayk Anders gesehen, den ich Euch nicht vorenthalten möchte. Dabei wird wieder einmal klar, mit welchen leicht zu hinterfragenden Mitteln die Angst vor Überfremdung und Ähnliches geschürt werden. Da mich die Zahlen hinter der schnellen Abarbeitung der Anträge interessierten, habe ich mal eben bei statista nachgeschaut und sehe dort, dass die Ablehnungsquote bei 56,3 % der Asylanträge liegt, und es wurden knapp 20 % als Flüchtling anerkannt. [Dirk]

2. Leider schon immer knapp eine Woche alt sind die Beiträge aus ttt, da es immer Sonntag mitten in der Nacht läuft. Trotzdem aktuell und weitere Aufmerksamkeit wert ist diese Woche der zehnminütiger Beitrag über den „Anstand“. Wie gerade an den Paradiese Papers gesehen, geht es dem Kapitalismus (und leider auch dem privaten Anleger) lange schon nicht mehr um Anstand und Solidarität, sondern um das, was „erlaubt“ oder „geduldet“ ist. Zeit für eine Diskussion um Werte und Wertschätzung (was mich an die Geschichte von Herr W. erinnert). [Dirk]

3. Über ein bedingungsloses Grundeinkommen (BGE) habe ich hier auf unterströmt ja auch schon das eine oder andere Mal ein wenig sinniert (s. hier). Nun findet sich zu dem Thema ein lesenswerter Artikel in den Blättern für deutsche und internationale Politik. Darin unterscheidet Ronald Blaschke zwischen zwei Arten des BGE: der neoliberalen und der emanzipatorischen. Diese haben jeweils unterschiedliche Vorstellungen, Absichten und auch Auswirkungen auf den Einzelnen, sodass klar wird, dass es das BGE so gar nicht gibt. Sinnvoller Beitrag zur Differenzierung in einer aktuellen Diskussion! [Karl]

4. Wenn man eine Dientsaufsichtsbeschwerde gegen einen Polizisten einreicht, dann landet diese – bei der Polizei. Das Resultat: Es gibt allzu oft eine Gegenanzeige. Von einem besonders absurden Fall berichtet nun ein Artikel auf kreuzer online: Ein Fotograf hatte auf einer Demonstration ein Video angefertigt, auf dem eine Polizistin zu sehen ist, die ihm ihren Dienstausweis falsch herum entgegenhält, sodass die Dienstnummer nicht lesbar ist. Dieses Video schickte der Fotograf an die zentrale Beschwerdestelle der sächsischen Polizei – und bekam eine Gegenanzeige, da er dieses Video auf diese Weise öffentlich gemacht haben soll. Das Verfahren wurde nun eingestellt, aber vom Vergehen der Polizistin spricht auch keiner mehr. [Karl]

5. Manchmal bekommen Dinge eine politische Dimension, die zunächst mal gar nicht so offensichtlich ist. So zum Beispiel die Berliner Ausstellung „Juden, Christen, Muslime im Dialog der Wissenschaften 500-1500“, die bis zum 4. März 2018 noch im Berliner Gropiusbau zu sehen ist und über die ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung berichtet. Die dort ausgestellten Handschriften zeigen nämlich, dass Wissenschaft in Europa sehr stark vom muslimischen Kulturkreis beeinflusst war, ja, dass sogar elementare europäische Philosophie ohne deren Pflege im arabischen Raum vermutlich einfach verloren gegangen wäre – und somit, dass das immer wieder gern angeführte „christlich-jüdische Abendland“ nicht anderes als ein populistisch ausgeschlachtetes Märchen ist. [Kar]

6. In der Schule geht es vor allem darum, gut verwertbare Humanressourcen „heranzuzüchten“, statt kritische und mündige Bürger mit einer guten Bildung zu versehen. Diese hier auf unterströmt auch schon öfter vertretene These wird nun durch eine Studie der Uni Bielefeld belegt: Ein Artikel auf Spiegel Online berichtet darüber, dass politische Bildung immer weniger Platz um Schulunterricht einnimmt und oft dann auch nur an das Thema Wirtschaft gekoppelt wird. Na klar: Je weniger junge Menschen über Politik wissen, desto eher wählen sie auch neoliberal. [Karl]

7. Diese Woche als eher negatives Beispiel aus der 45-minütigen ZDF Reihe zoom: „Das Drehbuch des Terrors“. Ich hatte mit einem roten Faden gerechnet, der zeitliche Zusammenhänge zwischen Angriffen auf Staaten im Nahen Osten und dem Terror im Westen hinweist, auch auf deren gezielte mediale Steuerung. Es geht jedoch um eine Art Leitfaden für islamistischen Terror („Muslim Gangs“) und erwähnt nicht einen der Angriffe durch die USA und Verbündete, die zur Radikalisierung der Terroristen maßgeblich beigetragen haben. Einzig die Klarstellung, dass solche Attentäter nahezu immer vorbestrafte Kriminelle sind (und keine gläubigen Muslime!), macht den Bericht nicht völlig nutzlos und populistisch. [Dirk]

8. Trau, schau, wem! Was wie eine Verbraucherorganisation daherkommt, ist in Wahrheit ein marktradikaler Verband, der von Unternehmen finanziert wird. Die Rede ist hier und in einem darüber berichtenden taz-Artikel vom Consumer Choice Center (CCC), das gerade auffiel, weil es Bundeslandwirtschaftsminister Christian Schmidt (CSU) für seinen skandalösen Alleingang lobte, mit dem er entgegen der Koalitionsabsprachen auf EU-Ebene für eine weitere Zulassung von Glyphosat stimmte. Da wird einem echt übel, wenn man liest, was der strikt neoliberale CCC-Geschäftsführer Frederik Roeder in dem Artikel so von sich gibt … [Karl]

9. Unglaubliches Urteil in Berlin! Wie ein Artikel im neuen deutschland berichtet, wurde gerade ein Demo-Sanitäter vom Berliner Amtsgericht wegen eines Verstoßes gegen das Vermummungs- und Schutzwaffenverbots zu 50 Tagessätzen verurteilt. Der freiwillige Ersthelfer hatte einen Schutzhelm und eine Atemmaske getragen, da Demo-Sanitäter bei ihrem Einsatz oft Gefahr laufen, von Wurfgeschossen oder Pfefferspray verletzt zu werden. Das dürfte den Einsatz von Demo-Sanitätern zukünftig verunmöglichen – die Befürworter von Polizeigewalt und totalitären Maßnahmen dürfte das Urteil hingegen freuen! Deutsche Justiz mal wieder mit starker rechter Schlagseite – aber das ist ja leider nichts Neues. [Karl]

10. Auf die entsetzliche Situation vieler Flüchtlinge in Afrika kann man gar nicht oft genug aufmerksam machen. Daher hier der Link zu einem Artikel auf Zeit Online, der sich mit diesem Thema ausgiebig beschäftigt und aufzeigt, wie die EU ihre Außengrenzen quasi immer weiter nach Süden verlegt: erst nach Nordafrika und nun mittlerweile bis an den Rand der Südsahara. Auf diese Weise sollen Flüchtlinge daran gehindert werden, nach Europa zu kommen, allerdings erschwert das nur die Wege und erhöht so die Anzahl derjenigen, die dabei sterben. Hier zeigt die EU ihr unmenschliches neoliberales Gesicht in aller Deutlichkeit. [Karl]

11. „Ich bin doch kein Nazi“, so hört man es auch in der Führungsposition der Gruppe Freital. Die Gruppe Freital steht derzeit vor Gericht wegen versuchten Mordes und Bildung einer terroristischen Vereinigung. Ein zwölfminütiger Bericht bei Panorama zeigt, um was für Gestalten es sich da handelt, und ich frage mich ernsthaft: Ab wann ist man ein Nazi? Dass die hier angeklagten Herren schon weit jenseits dessen sind, was ich einen Nazi nennen würde, da bin ich mir schon ziemlich sicher … [Dirk]

12. Jetzt ist es durch eine Studie belegt worden: Die Ungleichheit in Deutschland ist in den letzten Jahren zunehmend gestiegen und mittlerweile auf einem Wert wie vor 100 Jahre, also zurzeit des Kaiserreichs. Über diese alarmierenden Ergebnisse berichtet ein Artikel in der Süddeutschen Zeitung. Darin wird nicht nur das durch die Forscher um Thomas Piketty („Das Kapital des 21. Jahrhunders“) ermittelte Szenario, dass im Jahr 2050 die reichsten 0,1 Prozent der Weltbevölkerung genauso viel Vermögen besitzen wie die globale Mittelschicht, vorgestellt, sondern es werden auch Lösungsansätze präsentiert. Diese sind leider nicht besonders kompatibel mit neoliberaler Politik, sodass sie kaum umgesetzt werden dürften. [Karl]

13. Sehr unschöne Neuigkeiten aus den USA, wo gerade die Netzneutralität abgeschafft wird. Was das genau bedeutet, wird in einem Artikel in der taz erläutert (sinnvoll auch, einen weiteren dort verlinkten Artikel mit Hintergrundinfos zu lesen): mehr Monopole und Vorteile für große Anbieter. Schon interessant: Da wird immer der freie Markt gepredigt, und dort, wo dieser so ziemlich vorhanden ist, tun dann eben genau jene Konzerne und Politiker, die das so verkünden, alles, um Monopole zu schaffen und ungleiche Voraussetzungen zu etablieren. Man sieht daran allzu deutlich: Dieses ganze marktradikale Gerede dient letztlich nichts anderem, als dass eine Zentrierung auf wenige Anbieter und die Eliminierung von deren Konkurrenz praktiziert werden soll. Quasi Sozialismus für Großkonzerne. [Karl]

14. In einem sechseinhalbminütigen Beitrag des Deutschlandfunks (liegt auch in transkribierter Form vor) wird der „European Round Table of Industrialists“ vorgestellt – ein sehr illustrer Lobbyverein, der immer wieder großen Einfluss auf die Gestaltung der EU nahm und auch immer noch nimmt. Ein sehr interessanter Einblick in die Welt des Lobbyismus, der zu einem besseren Verständnis vieler politischer Entscheidungen führt. [Karl]

15. Ein etwa zwölfminütiger Beitrag der ARD-Sendung Panorama beschäftigt sich mit sogenannten Todesalgorithmen. Hört sich dramatisch an – und ist es auch. Es gibt nämlich mittlerweile Firmen, die Computeranalysen zur Lebenserwartung von Schwerkranken abgeben, aus denen dann abgeleitet werden kann, ob sich eine Behandlung noch lohnt oder eher nicht. Solche Algorithmen sind allerdings nicht nur schwer nachvollziehbar und waren in der Vergangenheit auch durchaus fehlerhaft, sondern berücksichtigen beispielsweise Dinge wie den Überlebenswillen, die Persönlichkeit und die Psyche eines Patienten nicht. Eine gruselige Vorstellung, dass solche unter wirtschaftlichen Aspekten erstellten Algorithmen irgendwann entscheiden, wer leben darf und wer nicht. [Karl]

16. Was viele immer schon vermutet haben, wird nun durch eine Studie bestätigt, über die Norbert Häring in einem Artikel in seinem Blog berichtet: Je reicher jemand ist, desto mehr Steuern hinterzieht er auch. Aufgrund eines entwendeten Datendiebstahls bei der schweizerischen Bank HSBC konnte ein skandinavisch-amerikanisches Team entsprechende Auswertungen vornehmen, die zu genau diesem Schluss kommen. Dabei wird deutlich, dass sehr Reichen ganz andere Möglichkeiten zur Steuerhinterziehung angeboten werden als weniger Reichen oder gar Menschen, die in angestellten Verhältnisse mit einem „normalen“ Einkommen über die Runden kommen müssen. [Karl]

17. Wie man dem Fernsehzuschauer eine Realität vorgaukelt, die nicht den Tatsachen entspricht, berichtet ein Artikel in der taz, der sich mit einer ARD-Sendung befasst. Darin hat Starkoch Tim Mälzer einer Familien beraten und unterstützt, um mit einem an Hartz-IV-Regelsätze angelehnten Budget eine Woche lang nur Biolebensmittel essen zu können. Dabei scheint die Familie allerdings nicht eben ein Hartz-IV-Haushalt zu sein, wie das gediegene Ambiente ihrer Wohnung offenbart, zudem werden viele Dinge aus der Lebensrealität von Hartz-IV-Empfängern schlicht ausgeblendet. Das Fazit dieser Schmierenkömodie: Ist doch alles super, auch mit Hartz IV kommt man prima hin – kein Grund als, etwas an den niedrigen Regelsätzen zu ändern. Widerlich! [Karl]

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