And the winner is ….

„AfD hinter der Union auf dem zweiten Platz vor der SPD im Deutschland Trend“ meldet die Tagesschau. Ein erschreckendes, aber für mich nicht überraschendes Ergebnis, sind doch die Ursachen immer noch dieselben, werden die Ursachen durch die GroKo doch immer noch verstärkt, anstatt sie zu beheben. Ich hatte sie gestern hier versucht anzudeuten.

Deshalb bleibe ich dabei: Weder verstehen die Parteien den Kapitalismus, was auch durch ihr Geschwursel von Marktwirtschaft, von sozialer Marktwirtschaft deutlich wird – Letztere verstehen sie längst auch nicht mehr, deuten sie immer nur nach ihrem Gutdünken um -, noch verstehen sie die Gesellschaft, die sozioökonomischen Bedingungen von Gesellschaft, sind in ihrer eigenen Filterblase auch im Analogen gefangen. Mehr noch, sind sie und bleiben sie gefangen in einer Irrlehre, derzeit genannt Neoliberalismus, machen uns weiterhin für ihre Fehler, Versäumnisse verantwortlich, anstatt sich an die eigene Nase zu fassen.

Die SPD dieser Tage wieder vornweg, denn was wird die Reaktion sein, mehr Offenheit für eigene Fehler? Nein, die Reihen zu schließen wird auch jetzt wieder das Gebot der Stunde sein.

Mehr Menschen werden sich abwenden als jetzt schon, weil geschlossene Reihen das immer zur Folge haben, geschlossene Reihen nämlich, die diejenigen ausgrenzen werden, die sich als Kritiker nicht mundtot machen lassen wollen.

Ich nehme deshalb diesen Trend zur Kenntnis, aber weder schaue ich pessimistisch in die Zukunft noch allzu optimistisch, gerade wenn es um die SPD geht, bin ich nicht sehr optimistisch. Nahles und ihrem Präsidium wird gar nichts anderes übrig bleiben, als den Kotau vor Seehofer und der CSU fortzusetzen, wollen sie und andere ihre Posten behalten. Der Kotau der SPD wird wohl erneut erfolgen müssen, mit Nahles wird er sicher wieder erfolgen, will man die Reihen wieder schließen, und nach dem Kotau wird vor dem Kotau sein.

Allerdings lässt mich dies zunehmend kalt, denn der derzeitige Trend wird sowieso nicht in den Parteien geändert werden, schon gar nicht durch die Parteien. Das ist deutlich an den beratenden Experten der Parteien des großen neoliberalen Bündnisses abzulesen, gerade kürzlich bei den Grünen, wo Konzerne die Wirtschaftsberatung nun mitübernehmen, mit aller Macht, die sie haben, mit allem Einfluss, den sie nun auch dort bekommen werden.

Die Trendumkehr wird nur außerhalb der Parteien geschehen können, in und durch die Zivilgesellschaft. In der Kunst, durch die Kunst, in den NGOs, durch die NGOs, durch die Menschen, die eben nicht eine illiberale Demokratie wollen, aber auch nicht diesen Individualismus, diese übergroße reine Eigenverantwortlichkeit, wie der Liberalismus es uns als gottgegeben derzeit meint aufzuoktroyieren zu wollen – gern durch ein BGE sozial nach unten abgefedert, um ja „weiter so“ machen zu können – und dabei doch nur den Vermögenden, den Erben und den wohlhabenderen Schichten noch Schutz und Frieden bietend, während wir uns im Streit, in der Konkurrenz untereinander verzehren müssen und diesen Trend wohl deshalb auch noch eine ganze Weile ertragen werden müssen.

Der Zeitgeist, dem wir derzeit frönen, wird sich allerdings irgendwann wieder ändern, und dann, aber auch erst dann, werden sich auch die Parteien ändern und damit auch der Trend hin zur illiberalen Demokratie, welcher für mich gestern in Salzburg wieder deutlich geworden ist.

Wir werden den Zeitgeist ändern müssen, alle gemeinsam werden wir dies tun müssen, jeder und jede dort, wo er oder sie Einfluss hat. Weg vom Wettbewerb und hin zur Kooperation. Weg vom Gedanken, dass gesellschaftlicher Fortschritt nur dann zu erreichen sei, wenn auch Individuen oder Konzerne von diesem Fortschritt profitieren können, und zwar rein monetär profitieren können.

Die 150 des Hambacher Forstes sind für mich deshalb auch mehr als nur ein paar Umweltschützer, sie sind für mich Symbol eines Widerstandes, der auf lange Sicht den Zeitgeist wird ändern können, die schon jetzt mehr erreicht haben als Tausende in den Parteien, die sich dort dem Trend widersetzen und doch nur immer wieder kläglich an den Türmen der Macht scheitern, scheitern müssen.

Es geht für mich, als links denkender und fühlender Mensch, auch schon lange nicht mehr rein um links oder rechts in diesen gesellschaftlich existenziellen Fragen, es geht um richtig und falsch. Wir sollten uns deshalb von den Ideologen, den Ideologien als Erstes trennen. Auch der Konservative kann nämlich ein gutes Herz haben und der Linke ökonomischen Sachverstand und der Liberale durchaus auch ein soziales und ökologisches Verständnis. Nur wird niemand, verharrt er oder sie in der Ideologie, etwas bewegen können gegen den generellen Trend des Liberalismus zur Akkumulation von Vermögen und Einkommen bei einzelnen Individuen und letztendlich den Konzernen.

Für mich der eigentliche Fauxpas unserer aufgeklärten Gesellschaft, die Macht von Eigentum und Vermögen nicht beachten zu wollen, sie, dem Liberalismus entsprechend, zu negieren, weshalb wir uns wohl lange noch eher mit intellektuellen Haarspaltereien herumschlagen werden müssen, mit nebensächlichen Symbolen wie dem Kopftuch oder ob es nun Hetzjagden waren oder nicht, als wirklich lösungsorientiert zu denken und zu handeln, denen weiter die Zeit geben werden, die derzeit die Themen setzen, die die Fakten schaffen, vor allem solche, die uns nicht gefallen. Gut, dass es deshalb Menschen gibt, wie die im Hambacher Forst, die sich mit diesen Themen und Fakten nicht mehr abfinden wollen, handeln, anstatt schönzureden, alles zu zerreden wie die, die dies aus ihren warmen Apartments heraus, in ihren klimatisierten Redaktionen derzeit tun. Mir jedenfalls sind die 150 Vorbild in ihrem gewaltlosen Widerstand und Hoffnung zugleich und nicht die, die immer nur auf Werten herumreiten können, diese beschwören und dann in der täglichen Praxis genau diese Werte mit Füßen treten. Mir machen sie Hoffnung, auch einst wieder große Politiker und Politikerinnen, bessere Eliten zu bekommen als die, die uns der Neoliberalismus eingebrockt hat, dem wir uns hier ergeben haben.

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Heinz

Jahrgang 1958, am Leben interessiert, auch an dem anderer Menschen, von Rückschlägen geprägt. Nach diversen Tätigkeiten im Außendienst für mehrere Finanzdienstleister und zuletzt als Lehrkraft auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ökonomie und Gesellschaft, den Kapitalismus in all seinen Formen zu verstehen und seit Jahren zu erklären ist meine Motivation. Denn ich glaube, nur wer versteht, wird auch Mittel finden, die Welt zu einer besseren Welt zu machen. Leid und Elend haben ihre Ursache im Unverständnis.

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