Liebe SPD-Führung …

… Ihr steckt ja zunehmend mehr in der Krise: Immer weniger Wähler mögen Euch, in der GroKo seid Ihr ein politisches Anhängsel ohne eigene Gestaltungsmöglichkeiten, und Neuwahlen auf Bundesebene fürchtet Ihr wie der Teufel das Weihwasser. Ich schätze mal, dass Euch das schon beschäftigt, oder? Allerdings scheint Ihr ja keine wirklich konstruktiven Lösungen finden zu können, sodass ich Euch nun mit einem etwas ungewöhnlichen Vorschlag unter die Arme greifen möchte: Macht mich zu Eurem nächsten Kanzlerkandidaten!

Gut, jetzt denkt Ihr vermutlich zunächst mal, dass das schon eine ganz schöne Hybris von einem kleinen Blogger ist, den kaum jemand kennt, aber ich kann Euch darlegen, warum das eine gute Idee wäre.

Meine Qualifikation

Zunächst mal: Ich bin ein sympathischer und freundlicher Typ, der lächeln kann, ohne verschlagen zu wirken, und sich artikuliert, ohne in Kleinkindrhetorik zu verfallen. Außerdem hänge ich nicht in irgendwelchen innerparteilichen Seilschaften fest, sondern komme tatsächlich aus dem „richtigen Leben“, habe angestellt gearbeitet und bin nun seit Längerem als Freiberufler tätig. Und habe somit tatsächlich ausgiebigen Kontakt zu „ganz normalen Menschen“ außerhalb eines Parteiapparats. Von denen weiß ich auch, dass solche reinen Parteikader, wie sie überwiegend (nicht nur) bei Euch zu finden sind, zunehmend weniger Ansehen genießen, zumal wenn sie für eine Politik stehen, die an den Bedürfnissen der meisten „Normalbürger“ grandios vorbeigeht.

Darüber hinaus vertrete ich seit Jahren Positionen, die mehr mit Sozialdemokratie zu tun haben als die Politik, die Ihr seid Schröder so macht. Das kann man sogar ganz öffentlich in diesem Blog nachlesen. Dort könnt Ihr Euch dann auch davon überzeugen, dass ich durchaus zuweilen politischen Weitblick habe, denn Euer derzeitiges aus der GroKo resultierendes Dilemma habe ich ziemlich genau so in einem Artikel prognostiziert, wie es nun ja auch eingetreten ist.

Zudem habe ich auch noch ein besseres politisches Gespür als Ihr. Beispiel gefällig? Da kommt gerade aktuell der Grünen-Chef Robert Habeck mit der Idee um die Ecke, dass man Hartz IV durch eine sanktionsfreie Grundsicherung ablösen sollte – ein wirklich typisches Thema eigentlich für die Sozialdemokratie. Klar, er hat gut reden, denn mit CDU und FDP wird so was eh nicht umzusetzen sein, aber was macht Ihr? Euer Ralf Stegner erteilt der Idee auch gleich erst mal eine Abfuhr, ohne auch nur ansatzweise deren politisches Potenzial (auf mehreren Ebenen) zu erkennen. Habt Ihr alle Schiss vor dem Stegner oder warum sagt dem keiner mal, wie kurzsichtig und letztlich parteischädigend diese Reaktion ist? Oder rafft Ihr es tatsächlich auch nicht, was Euch da für eine Gelegenheit geboten wurde?

In jedem Fall könntet Ihr also mit mir als unverbrauchtem Gesicht einen wirklichen Neuanfang gestalten, der glaubhafter ist als Eure bisherigen eher als dilettantisch wahrgenommenen diesbezüglichen Ringelpietz-Einlagen.

Was ich bieten kann

Vermutlich Kanzlerschaft, wahrscheinlich stärkste Fraktion und mit Sicherheit ein deutlich besseres Ergebnis als zuletzt. O. k., das ist nun auch nicht so schwer, aber 25 Prozent sollten mindestens drin sein, ich gehe sogar eher von 30 aus. Dass das Potenzial dafür gegeben ist, hat man ja zu Beginn von Martin Schulzens Kandidatur gesehen (schaut mal, auch dazu hab ich damals einen Artikel mit recht treffender Prognose geschrieben), als das Thema soziale Gerechtigkeit auf einmal auf dem Tisch war – und dann leider von Euch überhaupt nicht mit konkreten Inhalten gefüllt wurde.

Die Marginaliserierung Eurer Partei wäre damit gestoppt, und vermutlich würden sich dann auch auf Landesebene bald wieder Wahlerfolge einstellen.

Klingt schon mal nicht schlecht, oder? Und was es noch quasi so ganz nebenbei mit dazugibt: Die SPD könnte als Retterin in der Not dastehen, da sie die reichlich unschönen Entwicklungen der letzten Jahren, die nicht nur zum Rechtsruck und zur zunehmenden sozialen Spaltung im Land, sondern auch zu einer wachsenden Politik- und EU-Verdrossenheit geführt haben, stoppen und sogar umkehren könnte.

Dafür würde natürlich nicht nur eine Kanzlernominierung von mir ausreichen, sondern ich müsste auch ein paar Befugnisse bekommen, um tatsächlich eine Neuausrichtung der SPD glaubhaft umzusetzen.

Was dafür nötig wäre

Da kommen wir, liebe SPD-Führung, dann auch zum für Euch nun leider nicht ganz so angenehmen Aspekt der Sache: Ihr müsstet abdanken, denn Ihr seid leider der Ballast, der bewirkt, dass die SPD zurzeit im Niedergang begriffen ist. Na ja, die meisten von Euch dürften hinreichend gut alimentiert sein und ausgesorgt haben, also werdet Ihr schon weich fallen, sodass die gekränkte Eitelkeit vermutlich das Unangenehmste für Euch wäre. Und die Seeheimer könnt Ihr dann auch gleich mitnehmen – besser wäre das.

Ich bräuchte also die Befugnisse, sowohl ein Team aus echten Sozialdemokraten (ich hoffe, dass es davon bei Euch noch ein paar gibt, Marco Bülow und Simone Lange fallen mir da so spontan ein, darauf ließe sich ja aufbauen) zusammenzustellen als auch mit diesem Team eine neue programmatische Ausrichtung zu erarbeiten. Nämlich eine (das klingt nun für Euch vermutlich ein bisschen verrückt) in Richtung einer sozialdemokratischen Politik im eigentlichen Sinne, also sozial und demokratisch. Ich bin nämlich überzeugt, dass man mit so was tatsächlich Wähler begeistern kann, notfalls würde ich dann auch ein bisschen externe Expertise von den Herrn Sanders und Corbyn hinzuziehen, die kann man ja zumindest mal fragen, wie das geht.

Ich bin mir ziemlich sicher, dass man mit einer derartigen neuen Ausrichtung, die tatsächlich Soziales und Ökologisches in den Mittelpunkt rückt, eine ganze Menge Menschen in Deutschland begeistern und dazu bringen könnte, ihr Kreuzchen bei der SPD zu machen. Das sind nämlich Themen, die vielen Bürgern unter den Nägeln brennen, diese Erfahrung kann ich jeden Tag im persönlichen Umgang mit verschiedensten Menschen oder in sozialen Medien machen.

„Wer meint es besser zu können, soll sich melden“

Das hat Eure Parteivorsitzende Andrea Nahles neulich mal ganz öffentlichkeitswirksam von sich gegeben. Tja, wenn ich mich nun also auch schon so direkt aufgefordert fühlen darf, dann bitte: Klar kann ich das besser als Eure derzeitige Führungsriege (die ja nun zurzeit nicht eben eine phänomenale Erfolgsgeschichte schreibt). Und wie Ihr seht, hab ich sogar ein Konzept, wie das Besserkönnen dann auch umgesetzt werden kann.

Also, liebe SPD (und da schließe ich nun auch mal explizit die Basis mit ein), es liegt nun an Euch, denn mehr als anbieten kann ich Euch das ja nicht. Erreichen könnt Ihr mich hier über den Blog, das krieg ich dann schon schnell mit, ich ruf auch gern irgendwo zurück oder so. Sollte ich allerdings nichts von Euch hören und es geht weiter bergab mit der SPD, dann jammert aber bitte auch nicht rum, dass Ihr daran nichts hättet ändern können, o. k.?

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

Ein Gedanke zu „Liebe SPD-Führung …“

  1. Was ich gestern noch zu erwähnen vergaß, da es für mich im Grunde eine Selbstverständlichkeit ist: Natürlich muss diese unsäglich GroKo so schnell wie möglich beendet werden, wenn Ihr, liebe SPD, das Tal der Tränen wieder verlassen möchtet. Ein mutiges Forcieren von Neuwahlen würde zwingend zu meinen Konzept hinzugehören und dürfte auch wesentlich mehr Sympathien sammeln als duckmäuserisches Pöstchenfestkleben, was Ihr ja zurzeit leider allzu offensichtlich praktiziert.

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