Eye in the Sky

Letzte Woche habe ich einen exzellenten und sehr spannenden Film aus dem Jahr 2015 gesehen, der sich mit einer ausgesprochen brisanten Thematik beschäftigt: dem Drohnenkrieg. „Eye in the Sky“ von Regisseur Gavin Hood fokussiert dabei auf einen einzigen Militäreinsatz, der quasi in Echtzeit in den gut 100 Minuten gezeigt wird. Dass das Ganze mit Helen Mirren und (in seiner letzten Rolle) Alan Rickmann in zwei tragenden Hauptrollen auch noch erstklassig besetzt ist, ist dann noch das Tüfelchen auf dem i.

Zur Handlung: Das britische Militär will in Ostafrika einige der meistgesuchten Terroristen der Region festnehmen, die sich einem Haus in Kenias Hauptstadt Nairobi treffen sollen. Es kommt dann allerdings alles ein bisschen anders, da sich die Zielpersonen vor dem Zugriff in einen Stadtteil begeben, der von islamistischen Milizen kontrolliert wird, sodass dort keine kontrollierte Festnahme möglich wäre. Also wird ein Plan B in die Wege geleitet, mittels von einer Drohne abgeschossenen Hellfire-Raketen den neuen Treffpunkt mitsamt den Terroristen dem Erdboden gleichzumachen.

Als dann jedoch ein neunjähriges Mädchen mehr oder weniger in die Schusslinie gerät, wird es hektisch bei den über den halben Erdball verteilt agierenden Kommandierenden …

Mehr will ich hier nun nicht verraten, denn es baut sich eine extreme Spannung aus dieser Situation heraus auf, die ohne große Effekte, aber mit viel Schauspielkunst inszeniert wird.

Interessant ist nun das Verhalten der Akteure, denn man merkt, dass eigentlich keiner die Verantwortung zu übernehmen bereit ist für einen Angriff, bei dem eventuell sehenden Auges ein Kind getötet werden könnte. Jeder versucht sich entweder bei Untergebenen eine Legitimierung zu holen oder sich von Höhergestellten absichern zu lassen, indem diesen die Entscheidung, ob der Angriff nun durchgeführt werden soll oder nicht, aufs Auge gedrückt wird. Die Überlegungen, die dabei angestellt werden, machen einem die Protagonisten nicht eben sympathisch, aber genau das dürfte auch die Intention von Regisseur Hood gewesen sein.

Auf diese Weise wird die Unmenschlichkeit, die gerade von so einem über Drohnen ferngesteuert geführten Krieg ausgeht, ausgesprochen gut verdeutlicht: Alle, die da über Leben und Tod zu entscheiden haben, sitzen weit weg vom Ort des Geschehens in England oder Las Vegas, haben also mit dem schmutzigen Geschäft der Kriegsführung nur über Displays und Monitore etwas zu tun. Und aus dieser Situation lassen sich natürlich auch wohlfeil Spekulationen über Kollateralschäden oder Abwägungen bezüglich eventueller medialer Reaktionen und der damit verbundenen Imageschäden vornehmen.

Die wenig actionlastige, teilweise fast schon kammerspielartige Inszenierung einzelner Schauplätze des Geschehens schafft eine Eindringlichkeit und Ernsthaftigkeit, die nicht durch spektakuläre Sequenzen verschleiert wird, sondern den Zuschauer fesselt und (mich zumindest) wütend macht: Die Technokratie, mit der einige der Protagonisten vorgehen sowie ihre Entscheidungen treffen und zu legitimieren versuchen, stößt ab und offenbart die Perversität moderner Kriegsführung, die so gar nichts Heroisches mehr an sich hat, womit die Gräuel kaschiert werden könnten.

Wenn man sich dann noch überlegt, dass solche Waffensysteme in nicht allzu ferner Zukunft komplett autonom und ohne jeglichen menschlichen Einfluss (inklusive der damit zusammenhängenden Bedenken) agieren sollen, dann dürfte es den meisten bei dieser Vorstellung grausen – und das sehr zu Recht!

„Eye in the Sky“ ist somit für mich ein großartiger Film, bei dem das Militär alles andere als gut wegkommt und die Bestialität von Krieg ausgesprochen deutlich dargestellt wird. Und da der Film nicht mehr ganz brandaktuell ist (vom Erscheinungsdatum her, thematisch hingegen schon), bekommt man den mittlerweile auch für deutlich unter zehn Euro als DVD.

Print Friendly, PDF & Email

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

Schreibe einen Kommentar