Großes Kopfschütteln nach der Wahl

Ich vernehme ein großes Kopfschütteln der Intelligenz in Deutschland über das Wahlverhalten der Arbeiter in Großbritannien. Für mich war weder der Ausgang der Wahl in Großbritannien überraschend noch, dass so viele Arbeiter die Tories wählten und nicht die klassische Arbeiterpartei Labour.

Warum ich über das Ergebnis nicht überrascht war, ist schnell gesagt:

Menschen lieben Geschichten, haben sie immer geliebt. Menschen lieben deshalb auch den, der die unterhaltsamsten Geschichten erzählen kann, und nicht den Langweiler, auch wenn der vielleicht die bessere Geschichte zu erzählen weiß. Aber zurück zum eigentlichen Thema.

Was soll denn ein Arbeiter wählen, wenn er keine Arbeit mehr hat oder die Arbeit, die er hat, ihm kaum mehr als das Überleben sichert?

Das ist doch die Frage, die sich die Intelligenz einmal stellen muss, ehe sie sich die Haare darüber rauft, dass der Arbeiter wieder einmal „falsch“ gewählt hat.

Dass das die richtige Strategie ist, die die einfachen Menschen hier gewählt hätten, behaupte ich damit nicht. Aber sich immer wieder wundern, dass das so ist, und dann so weiter im Wolkenkuckucksheim auf eine bessere Welt zu warten, bei moralischen Erwägungen zu verharren, das halte ich auch nicht für sinnvoll.

Wen soll denn der Arbeiter wählen, wenn er doch im intellektuellen Denken gar nicht mehr vorkommt, weil es ihn angeblich nicht mehr geben würde?

Wer sich nämlich über Jahre beklagt, dass es den klassischen Arbeiter nicht mehr geben würde, wie das die Sozialdemokraten aller Länder tun, sollte sich nicht wundern, wenn dann der klassische Arbeiter andere wählt als die, die er einst als seine Repräsentation hatte. Das ist doch bei uns nicht anders als in Großbritannien, schaut man auf den Zuspruch, den die AfD von dieser Klientel bekommt.

Es gibt ihn und es wird ihn immer geben, den Menschen, der nicht von seinem Vermögen oder dem seiner Vorfahren leben kann, sondern für seinen Lebensunterhalt arbeiten muss, darauf angewiesen sein wird, dass er auch jemanden findet, der ihm Beschäftigung gibt, damit er seinen Lebensunterhalt verdienen kann. Es wird ihn immer geben, den Menschen, der Sicherheit sucht, auch wenn er keine Beschäftigung hat, aus welchen Gründen auch immer, und auf die Gesellschaft dann angewiesen sein wird, es gibt ihn mehr denn je in dieser chaotischen, für viele nicht mehr planbaren marktwirtschaftlichen Gesellschaft. Daran geht kein noch so schöner Traum vorbei. Und er braucht eine Stimme, eine Geschichte, die er glauben kann, und an diesen Stimmen und Geschichten fehlt es doch und nicht an den Arbeitern oder gar ihren Interessen.

Es fehlt nicht an Arbeitern. Es fehlt an guten Geschichten, die den Arbeitern erzählt werden. Es fehlt an guten Geschichtenerzählern. Woran es nicht fehlt, dass sind Märchen und Märchenerzähler, und deshalb sollte es auch niemanden verwundern, wenn die Menschen, die vielen Arbeiter unter ihnen, den Märchen und Märchenerzählern Glauben schenken und nicht denen, die immer wieder behaupten, dass es sie so gar nicht mehr geben würde, die das Märchen von einer Welt ohne Arbeit und Arbeiter erzählen.

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Heinz

Jahrgang 1958, am Leben interessiert, auch an dem anderer Menschen, von Rückschlägen geprägt. Nach diversen Tätigkeiten im Außendienst für mehrere Finanzdienstleister und zuletzt als Lehrkraft auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ökonomie und Gesellschaft, den Kapitalismus in all seinen Formen zu verstehen und seit Jahren zu erklären ist meine Motivation. Denn ich glaube, nur wer versteht, wird auch Mittel finden, die Welt zu einer besseren Welt zu machen. Leid und Elend haben ihre Ursache im Unverständnis.

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