Den müsste man einfach abknallen!

So höre und lese ich es in den vergangen zwei Monaten häufig, und natürlich gilt das dem „Satan Putin“. Und ich verstehe das auch, scheint zumindest bei unseren „amerikanischen Freunden“ kein Problem zu sein, eine Gerichtsverhandlung zu umgehen und einfach Selbstjustiz walten zu lassen (Osama Bin Laden, Saddam Hussein …), und die „Lösung“ scheint so schön einfach und endgültig! Nur wer das ernsthaft fordert, der unterscheidet sich nicht von den George W. Bushs, Vladimir Putins, Baschar al-Assads oder Xi Jinpings dieser Welt! In Deutschland machen sich aktuell die Reichsbürger daran, die gewählte Regierung mit Gewalt zu entfernen, und es gibt eine laute Minderheit, die sogar jedem Flüchtling das „Absaufen!“ wünschen, was nicht weniger menschenverachtend ist als Selbstjustiz. 

Jahrelang habe ich auch deutlich mehr auf die USA geschimpft und vonseiten Russlands als Weltmacht weniger Aggressionen gesehen (was schon damals mit all den Stellvertreterkriegen zweifelhaft war). Die Erweiterung der NATO gen Osten war zumindest mündlich von einem deutschen Politiker ausgeschlossen worden, aber das kann niemand einfach bestimmen, denn alle anerkannten Staaten sind Souverän und dürfen das selbst entscheiden! Es gibt keine schriftlichen Verträge, und vor allem ist ein Angriffskrieg von keiner Seite richtig, auch nicht vonseiten der NATO. Wenn ich nicht möchte, dass ein Land einem Bund beitritt, dann muss ich entsprechende Anreize setzen, anstatt mit Gewalt zu drohen. Auch wenn es Jahrhunderte üblich war, die Frauen gewaltsam zur Ehe zu zwingen oder sie zu schänden (einzig und allein deshalb, weil man es mit Gewalt tun kann), ist das auch schon seit Jahrhunderten menschenverachtend und zeugt von maßlosem Egoismus und fehlender Empathie. Das Recht des (körperlich) Stärkeren wird nach wie vor gelebt, und dessen endgültiges Ende ist mit dem Homo sapiens nicht in Sicht.

Die Welt ist komplex, und ich verstehe, dass Menschen sich einfache Lösungen für komplexe Ausgangslagen wünschen. Ich verstehe auch, dass Menschen zum Sparen von Energie Fast Food essen, die Rolltreppe nehmen, Autos fahren oder die Abende vor dem Fernseher versauern. Ich verstehe auch, dass man sich die Welt so zurechtredet, wie man sie für seine eigenes Wohl (und seine eigene geistige und körperliche Faulheit) haben möchte. Aber verstehen heißt nicht gutheißen!

Wer in gut/böse, schwarz/weiß oder richtig/falsch denkt, der macht es sich in den meisten Fällen zu einfach. Wenn ich schreibe „Die Welt ist komplex“, dann meine ich nicht kompliziert, sondern komplex. Situationen verändern sich, Menschen haben viele Seiten, und was in einem Moment sinnig scheint, ist im nächsten undenkbar. Und wer seine Probleme mit Draufhauen oder Abknallen lösen möchte, der agiert wie ein Kleinkind, dass jammert und schlägt, weil es einfach nicht mehr Mittel zur Verfügung hat. Wer heute abknallt, wird morgen selbst abgeknallt werden, und dann sind wir wieder da, wo es alles begann: beim Recht des (körperlich) Stärkeren.

Ja, dieser Beitrag ist plakativ, denn auch mein Leben beruht auf Ausbeutung und Gewalt! Die Kleidung die ich trage, die Rohstoffe in meinen technischen Geräten und das Essen auf meinem Teller: Vieles von dem wird mit Ausbeutung von Kindern und Frauen hergestellt (auch wenn ich es nicht persönlich praktiziere, so nehme ich es für mein Wohlbefinden in „Kauf“). Meine Steuern werden für Ziele eingesetzt, die ich nicht unterstütze, und am liebsten würde auch ich den hässlichen Teil der Welt ausblenden und manchmal sogar abknallen. Auge um Auge macht die Welt blind …

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Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

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