Was passiert, sollte die SPD dem Koalitionsvertrag nicht zustimmen?

Dieser Tage findet ja die Mitgliederbefragung der SPD statt, ob dem Koalitionsvertrag mit der CDU zur Bildung einer Bundesregierung zugestimmt werden sollte. Da ich der Ansicht bin, dass die SPD das nicht machen sollte, werde ich dann immer wieder mit der Frage konfrontiert, was denn dann die Alternative dazu wäre.

Denn schließlich droht in dem Fall ja nichts Gutes, was vor allem an der AfD liegt. Aber dazu muss man dann eben auch sagen: Das Kind ist nun mal bereits in den Brunnen gefallen, nämlich dadurch, dass vor allem die CDU die AfD immer weiter gestärkt hat. Soll man das nun noch fortsetzen und dabei eine der demokratischen Parteien, die SPD, opfern? Diese dürfte nämlich in einer Koalition mit der CDU den letzten Rest ihrer sozialdemokratischen Werte in den Wind schießen, sodass ich es für wahrscheinlich erachte, dass die SPD danach ziemlich pulverisiert sein dürfte. Und da man mittelfristig wohl auf die SPD angewiesen sein dürfte, wenn man demokratische Koalitionen ohne die Rechtsparteien CDU/CSU, FDP und AfD bilden möchte, wäre eine Marginalisierung der SPD nicht gerade erstrebenswert.

Es gäbe m. E. bei einer Ablehnung des Koalitionsvertrags wohl zwei Szenarien: Die CDU würde mit der AfD koalieren oder aber es käme zu Neuwahlen. Wenn Ersteres der Fall wäre, dann hätte sich die CDU endgültig demaskiert, und einige CDU-Wähler dürften sich von der Partei abwenden. Ich vermute mal, dass so eine Koalition allerdings auch nicht allzu lange halten dürfte, da die AfD keine konstruktive Politik zu machen beabsichtigt. Wenn es dann wieder vorgezogene Neuwahlen gäbe, stünden die Chancen für eine demokratische Mehrheit (SPD, Grüne und Linke) deutlich besser als jetzt gerade.

Bei Neuwahlen wäre wohl die AfD stärkste Partei, aber auch dann bräuchten die jemanden zum Koalieren. Ob die CDU sich dann mit der Rolle des Steigbügelhalters zufriedengäbe, wenn sie zuvor noch in gleicher Konstellation den Kanzler hätten stellen können? Da hab ich doch so meine Zweifel …

Bei solchen Neuwahlen gälte es vor allem, endlich mal die wirklich relevanten Themen im Wahlkampf zu positionieren, also nicht immer nur Migration, Migration und noch mal Migration, sondern vor allem die steigende Ungleichheit inklusive zunehmender Armut von vielen bei gleichzeitig immer absurderem Anwachsen von ohnehin schon riesigen Vermögen, das Erstarken des Faschismus in immer mehr Ländern und natürlich die Klimakrise. Dann würden vielleicht auch ein paar Wähler mehr auf die Idee kommen, dass weder CDU noch AfD für diese Probleme Lösungen anzubieten haben.

Das würde natürlich nur funktionieren, wenn unsere mittlerweile sehr rechtslastige Medienlandschaft da auch mitziehen würde und nicht immer nur das AfD-Thema Migration in den Fokus rücken würde, so wie wir das nun schon seit einiger Zeit ständig erleben. Und das dürfte dann wohl auch der größte Knackpunkt sein.

Wie gesagt: Das Kind ist bereits in den Brunnen gefallen. Auf ein AfD-Verbot darf man kaum noch hoffen, zumal ja vonseiten der CDU (z. B. durch Jens Spahn) schon eindeutiges Ranwanzen an die AfD betrieben wird. Nun stellt sich daher vor allem die Frage, wie man die Blaubraunen wieder kleiner bekommt und sie keinen allzu großen Schaden anrichten lässt.

Dazu müsste man allerdings aus den Fehlern der letzten Jahre lernen und sich vor allem auch mal systemkritisch in Bezug auf den Neoliberalismus geben. Und auch da hab ich leider so meine Zweifel, dass das hinhauen könnte …

Keine guten Aussichten? Sicher. Dennoch sollte man nun überlegen, wie die Begrenzung des bereits angerichtete Schadens am effektivsten sein könnte. Und das wäre mit Sicherheit keine „GroKo“, die keines der Probleme in diesem Land lösen würde, was dann wieder nur weiteres Wasser auf die Mühlen der AfD wäre.

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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