Gerade las ich einen interessanten Artikel von Andreas Püttmann in den Blättern für deutsche und internationale Politik. Darin geht es um die Entwicklung der CDU unter ihrem Parteivorsitzenden und jetzigen Bundeskanzler Friedrich Merz.
Und darin finden sich dann auch drei Absätze, die aufzeigen, wie rechtspopulistisch, wenn nicht gar trumpistisch da in der Union mittlerweile mit großer Selbstverständlichkeit agiert wird:
Merz‘ kontrafaktische Selbstverortung in der „gehobenen Mittelschicht“; Migrantenkinder als „kleine Paschas“; „Sozialtourismus“ von Ukrainern; Terminknappheit in Zahnarztpraxen durch aufwändige Gebisssanierungen für Migranten; Polemik gegen Rundfunksender als „Volkserziehungsanstalten“ samt der spöttischen Drohung, sich mit deren Journalisten „im Verlaufe dieses Parteitages besonders liebevoll (zu) beschäftigen“; eine „Alternative für Deutschland mit Substanz“ zu sein, die kommunal mit der AfD „gemeinsam gestalte“; „brillant“ für Claudia Pechsteins ressentimentgeladenes Gestammel beim „Grundsatzkonvent“ in Berlin; „bravourös“ für Söders Umgang mit der Aiwanger-Affäre; „Nicht Kreuzberg ist Deutschland, Gillamoos ist Deutschland“; Lob für Thilo Sarrazins Weitsicht, Kritik an seinem SPD-Ausschluss: die Falschaussage: „Das Wort Brandmauer hat nie zu unserem Sprachgebrauch gehört“ – und vor allem die Verteufelung der Grünen als „Hauptgegner“ (Merz), „vaterlandslose Gesellen“ (Klaus-Peter Willsch) ohne „Bayern-Gen“ (Söder), Treiber einer „Politik gegen das Volk und unsere Nation“ (Erwin Rüddel) mit „Energie-Stasi“ (Mario Voigt).
Erinnert werden muss auch an die Forderung einer „konservativen Revolution“ (Alexander Dobrindt) im Jahr 2018 und die Reise zu Rechtsaußen Ron DeSantis (Andreas Scheuer, Dorothee Bär, Florian Hahn); die Anregung „physischer Gewalt“ gegen irreguläre Migranten (Jens Spahn), die viel zu lange Duldung Hans-Georg Maaßens, den sogar Karl-Josef Laumann 2021 noch „im CDU-Spektrum“ sah und dessen Ausfälle man „nicht überbewerten“ (Armin Laschet) solle; Retweets und Interviews mit rechten Agitationsmedien wie „Tichys Einblick“, „Nius“ und „The Republic“; Gesetzgebung mit Stimmen der Höcke-AfD in Thüringen, die man sogar im Plenum einforderte.
Am Ende des aufgeheizten Wahlkampfs standen Merz’ Ausfälle gegen „linke und grüne Spinner“, die nicht „alle Tassen im Schrank“ hätten, und seine Falschaussage, die „Antifa“ sei nach der Ermordung Walter Lübckes unsichtbar geblieben (woraufhin Lübckes Witwe scharf widersprach) – sowie seine mit dem Autoschlüssel wedelnde Unterstellung, SPD und Grüne würden in Koalitionsverhandlungen bei der Aussicht, weiter im Dienstwagen fahren zu können statt zu Fuß zu gehen, gewiss „ziemlich sinnlich und nachdenklich“. Was für ein Niveau! Man erfährt dadurch mehr über den Horizont des Sprechers selbst als über die Gescholtenen. Notabene: All dies geht inzwischen in der CDU durch, bei nur vereinzeltem Widerspruch moderater Parteivertreter.
Ganz schön hart, das mal so geballt serviert zu bekommen, oder?
Daran sieht man, dass die CDU (und natürlich auch ihre Schwesterpartei CSU) mittlerweile den gesitteten und zivilisierten politischen Diskurs komplett verlassen hat. Das Vorbild scheint hier eher der faschistisch-kleptokratische US-Präsident Donald Trump zu sein. Na ja, der hatte damit ja auch durchaus Erfolg, aber zu was für einem Preis? Den zahlen gerade sehr viele US-Amerikaner.
Für mich ist ja schon länger klar, dass die CDU über kurz oder lang auch mit der AfD koalieren würde (zusammengearbeitet hat man ja schon oft genug), und das sollte auch jedem deutlich werden, wenn man sich diese von Püttmann zusammengetragenen Ausfälligkeiten mal zu Gemüte führt. Das hat alles nichts mehr mit dem zu tun, wofür die CDU mit Leuten wie Norbert Blüm, Klaus Töpfer, Rita Süssmuth oder auch dem späten Heiner Geißler mal stand und was heute noch verzweifelt von einigen wenigen CDUlern wie Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther aufrechtzuerhalten versucht wird.
Die CDU steht, wenn man sich diese ganzen Aussagen anschaut, inhaltlich der AfD in jedem Fall viel näher als den demokratischen Parteien (die FDP zähle ich auch schon länger nicht zu den Demokraten – s. hier -, daher gibt es mit denen nach wie vor viele Überschneidungen). Dessen sollte man sich sehr bewusst sein, wenn man keine Lust hat, demnächst eine rechtsextrem-faschistische Bundesregierung zu haben.