Wenn nicht sein kann, was nicht sein darf

In Hamburg ist eine 39-jährige Frau im Hauptbahnhof mit einem Messer scheinbar wahllos auf Passanten losgegangen und hat 18 von ihnen zum Teil schwer verletzt. Ein Mann aus Tschetschenien, dessen Identität bisher wohl noch nicht bekannt ist, brachte die Frau zu Fall, und der 19-jährige Syrer Muhammad al-Muhammad hielt sie dann fest, bis die Polizei kam, sodass keine weiteren Personen attackiert werden konnten. Die Reaktionen des blaubraunen Packs hierauf sind nun so bezeichnend, dass deutlich wird: Diese Menschen sind in ihrem stumpfsinnigen Hass echt nicht mehr zu retten, die müssen wir leider komplett abschreiben.

Unter einem Beitrag von RTL Aktuell auf deren Facebook-Seite zu dem Thema fanden sich dann beispielsweise solche Kommentare:

Und in der Art fanden sich dort noch viel mehr Kommentare, die ja zum Teil auch mächtig viel Zustimmung erhielten. Grundtenor also: „Ist ja alles gar nicht wahr, sondern ausgedacht – Lügenpresse halt!“

Mal davon abgesehen, dass nun ja etliche Medien über den Vorfall berichteten und die sich mit Sicherheit nicht alle abgesprochen haben, würde so was ja auch recht schnell auffliegen, denn so ein Hauptbahnhof in einer Großstadt ist ja nun kein menschenleeres Areal. Wäre da also nichts dran an der Geschichte, dann hätten sich bestimmt schon Leute gemeldet und gesagt: „Moment mal, ich war da zu der Zeit, und da war gar nichts los.“

Aber das ist dann schon wieder zu viel der Logik für die vollverblödeten Hasskommentatoren. In deren primitivem Weltbild haben halt die Ausländer die Messer, mit denen sie auf Deutsche losgehen, und andere Deutsche sind dann die Helden, die diese üblen Gesellen zur Strecke bringen. Wenn dann die Realität nicht mit dieser Vorstellung übereinstimmt, dann muss halt mit der Realität etwas nicht in Ordnung sein. Es kann eben nicht sein, was nicht sein darf.

Und dann gab es auch noch einige, die zumindest nicht anzweifelten, dass die Geschehnisse sich tatsächlich so abgespielt haben, wie berichtet. Wobei dann immer ein große „Aber“ folgen musste, denn man wird ja schließlich deswegen ja sein schön gefestigtes krankes und menschenverachtendes Weltbild nicht ändern wollen.

Nö, es ist natürlich nicht alles in Ordnung, solange solche Typen wie Andre Stampfli noch ihren Verbalmüll in Tastaturen hauen und sich so im Internet verewigen. Aber das dürfte er vermutlich nicht gemeint haben …

Und dann wird natürlich auch immer wieder Rassismus mit deutschem Opfergejammer verbunden – so sind sie eben, die blaubraunen Jammerlappen:

Klar, darüber wird nur berichtet, weil nun eine Deutsche die Täterin war und kein Deutscher derjenige, der Schlimmeres verhindert hat. Dass die Realität anders aussieht, nämlich dass über Gewalttaten von Nichtdeutschen viel mehr und ausführlicher berichtet wird, als wenn der Täter Deutscher ist (s. hier), scheint aber auch hier die rechten Blitzmerker nicht so richtig zu interessieren. Wie man sieht: Der Deutsche ist fleißig und arbeitsam und der Ausländer grundsätzlich ein potenzieller Messerstecher. So simpel ist das Weltbild von immer wieder aufgewiegelten Leuten, die nicht allzu viel Verstand im Schädel haben. Da haben BILD und andere rechte Hetzmedien, aber eben auch viele Politiker von CDU über FDP bis AfD ganze Arbeit geleistet, um dummen Menschen etwas einzureden, was nichts mit der Realität zu tun hat. Und das wird dann auch noch munter weitergetragen, da die Dummheit leider komplett ihre Scham verloren hat, wie man an solchen Aussagen sehen kann.

Was nun natürlich auch nicht fehlen darf: Diejenigen, die sonst jeden ausgedachten Scheiß und jeden noch so billigen Fake für bare Münze nehmen, sind hier nun natürlich mal wieder oberskeptisch, wenn etwas passiert, was nicht zu ihren eigenen rassistischen Vorstellungen passt.

Nun haben selbst Tatverdächtige Persönlichkeitsrechte, und wenn nicht nach denen gefahndet wird, besteht eben auch kein Grund, Aufnahmen von denen zu veröffentlichen. Also ist es jetzt nicht gerade verwunderlich, dass die Polizei da nun nicht mit Videoaufnahmen vom Geschehen aufwartet. Und warum auch? Es gibt ja haufenweise Zeugen, die das gesehen haben, und deren Aussagen decken sich ja auch mit denen der Polizei. Der Vorgang ist also gut belegt, und denen, die nun auch noch Videoaufnahmen einfordern, geht es doch nur darum, noch mal ein Haar in der Suppe zu suchen und so unberechtigte Zweifel zu sähen.

Dazu passt auch die Aussage von jemandem (die ich leider nicht gescreenshotet habe, weil ich die nicht mehr wiederfand), wie denn der Nachname der Messerstecherin sei. Könnte ja sein, dass sie Lydia S. nun vielleicht „Shamal“ oder „Sinovoglu“ mit Nachnamen heißt – dann hätte die blaubraune Brut ja wieder etwas, was sie bestätigen würde. Nun ist aber üblich, dass bei Tatverdächtigen eben nicht der volle Name genannt wird – aus dem eben schon angesprochenen Grund des Schutzes der Persönlichkeitsrechte. Also liegt auch hier keine Verschwörung vor, sondern es ist ein ganz normales Vorgehen bei derartigen Vorfällen.

Dennoch sind sich einige nicht zu blöd, dann zu mutmaßen, dass diese Frau je doch nur eine Migrantin sein kann.

Ja, das tun sie, nämlich Deutsch. Aber das dürfte dieser Typ vermutlich nicht gemeint haben. Aber auch das kann noch auf die Spitze getrieben werden mit einem solchen Social-Media-Kommentar:

Das ist natürlich eine komplett stichhaltige Argumentation aus dem Bereich der Eugenik. Wobei ich dann eher hoffe, mit Dagmar Grosser möglichst geringe genetische Überschneidungen zu haben. Denn wer sich die Welt so dermaßen gehässig zurechtlügt, der ist in jedem Fall eher eine Belastung als eine Bereicherung für den Genpool einer Gesellschaft.

Und dann sind da noch die Sherlock Holmes unter den Blaubraunen, die dann erst mal anfangen, mit detektivischer Finesse die Unstimmigkeiten auseinanderzudröseln.

Da ist das Cleverle nun einer echt großen Sache auf der Spur, wie es scheint. Denn in dem RTL-Beitrag stand ja schließlich, dass Muhammad al-Muhammad dort stand, Musik hörte und rauchte. Nun, wäre Holger klein nicht nur damit beschäftigt, seinen Sessel vollzufurzen und Verbalmüll im Internet abzulassen, sondern würde auch mal in die weite Welt hinausgehen, dann hätte er vielleicht schon mal bemerkt, dass auf Bahnsteigen sehr häufig Raucherbereiche ausgewiesen sind. In Hamburg ist das im Hauptbahnhof in jedem Fall so. Tja, wohl doch keine heiße Spur, sondern eher eine intellektuelle Bankrotterklärung. Fehler gefunden!

Doch damit noch nicht genug des „Scharfsinns“. Einige der Blauzis haben nämlich tatsächlich einen Bericht über diesen Vorfall auf Spiegel Online gesehen, und da haben sie dann gleich mal mit an Einstein gemahnender Brillanz geschlussfolgert: Da kann was nicht stimmen!

Na, da möchte man ja gleich mal applaudieren, dass diese Schlaumeier doch glatt wissen, dass das Brandenburger Tor in Berlin und nicht in Hamburg ist. Dann muss das ja alle gefälscht sein, wenn Muhammad vor dem Brandenburger Tor zu sehen ist. Gut, dass unter dem Bild dann steht „Foto: Privat“, das kann man im Spürnasenfuror natürlich schon mal übersehen – zumindest wenn man es nicht so sehr mit dem Lesen hat, sondern eher nur auf Bilder abfährt und mit dem Betrachten ebendieser dann schon die intellektuellen Speicherkapazitäten ans Limit gebracht hat. Und auch hier klingt die logische Erklärung, dass man ein Foto aus dem privaten Archiv von Muhammad verwendet hat, weil vielleicht gerade in der Situation nach dem Anschlag am Hauptbahnhof kein adäquater Schnappschuss getätigt wurde, natürlich weniger spektakulär als die Vermutung einer großen medialen Verschwörung!

Es ist einfach nur erschreckend, wie offen Menschen ihren dumpfen rassistischen Hass und ihre eigene Blödheit in sozialen Medien zur Schau stellen (s. dazu auch diesen unterströmt-Artikel vom Februar). Und vor allem finde ich es auch erschütternd, wie sich diese Leute die Realität zurechtlügen, um sie irgendwie mit ihrem gestörten, menschenverachtenden Weltbild in Übereinstimmung bringen zu können. Solche Freaks sind m. E. für eine zivilisierte Gesellschaft einfach nur verloren, da zeigt sich das Resultat von jahrzehntelanger Verblödung, die dann von bauernschlauen bösartigen Rechtsaußen-Karrieristen entsprechend aufgegriffen und kanalisiert wird. Wer sich dermaßen gegen Rationalität sträubt, der ist nicht nur nicht in der Lage, die Komplexität heutiger Probleme ansatzweise zu erfassen, sondern eben auch lernresistent und diskursunfähig.

Da fehlt es also an nahezu allen Voraussetzungen, um ein mündiger Bürger in einer Demokratie sein zu können. Und das Schlimme daran ist: Das trifft mittlerweile offensichtlich mindestens auf ein Fünftel bis ein Viertel unserer Bevölkerung zu.

Was machen wir bloß mit diesem hasserfüllten, destruktiven und intellektuell komplett derangierten Pack? Ich hab, ehrlich gesagt, keine Ahnung …

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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