Willst du das wirklich, AfD-Wähler?

Für mich – und wahrscheinlich auch für jeden von Euch, der das hier liest – ist es eine komplett absurde Vorstellung, die AfD zu wählen. Aber es gibt ja genug Menschen, die das machen. Und viele von denen glauben tatsächlich, dass die AfD etwas für „die kleinen Leute“ machen würde, weil die Blaubraunen sich ja auch gern in ihrer Öffentlichkeitsarbeit so geben. Doch das ist natürlich ein kompletter Trugschluss, und insofern sollte man AfD-Wähler, wenn man ihnen mal begegnet, ruhig ein paar sehr direkte Fragen dazu stellen.

Auf die Idee hierzu, dass viele AfD-Wähler überhaupt keinen Plan haben, was die von ihnen bevorzugte Partei so alles vorhat außer „Ausländer raus“, kam ich, als ich neulich einen schon etwas älteren Cartoon sah:

Die Reaktion von AfD-Fans in den sozialen Medien darauf waren dann auch typisch: „Unsinn“, „Blödsinn“, „linke Hetze“ usw. Man streitet also einfach ab, was einem nicht in den Kram passt. Doch zeigen solche Aussagen nur, dass sich AfD-Wähler zu einem sehr großen Teil überhaupt nicht damit beschäftigt haben, was ihre Partei so im Programm stehen hat oder wie ihre Abgeordneten in Parlamenten abstimmten.

In ihrem Parteiprogramm (hier eine kompakte Zusammenfassung auf der Website der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg) gibt sich die AfD zumindest an einigen Stellen und dann zumeist recht vage noch ein bisschen sozial, wenn man beispielsweise von auskömmlichen Renten spricht (aber gleichzeitig die Aktienrente forcieren will, die sich ja spätestens seit 2008 als recht unsicher erwiesen hat) oder von Kinderfreundlichkeit. Wenn man dann allerdings das konkrete Abstimmungsverhalten der Blaubraunen betrachtet (s. beispielsweise hier und hier) oder auch Aussagen von deren Politikern hinzuzieht (s. beispielsweise hierhier und hier), dann zeigt sich, dass das Parteiprogramm, so widerwärtig, unsozial und rückschrittlich es auch ist, die AfD gemäßigter darstellt, als sie es eigentlich ist.

Insofern sollte man AfD-Wähler auch mal gezielt mit den Konsequenzen ihres Wahlverhaltens konfrontieren, indem man ihnen ein paar Fragen stellt.

Wenn du AfD wählst … 

… dann willst du also erst mit 70 in Rente gehen können?

Darauf dürften die wenigsten Bock haben, zumal wenn denn auch noch die Aussicht besteht, dass die von der AfD propagierte Aktienrente vermutlich doch nicht so toll funktionieren dürfte, wie es zwar immer behauptet wird, wie es allerdings die Aktienmärkte von ihrer Funktionsweise nun mal nicht hergeben (s. hier). In dem Fall bedeutet Rente dann: noch länger arbeiten oder eben arm sein.

… dann bist du keine Frau oder du hasst Frauen?

Die AfD ist grundsätzlich frauenfeindlich, weswegen sie auch ständig fordert, dass Gleichstellungsbeauftragte und Gender-Studies abgeschafft werden sollten. Nun ist es ja nicht so, dass Frauen in unserer nach wie vor patriarchalischen Gesellschaft in der Praxis komplett gleichgestellt wären mit Männern. Den Gender Pay Gap gibt es nach wie vor, Frauen haben es immer noch schwerer, in Führungspositionen zu kommen, Berufe, die vorwiegend von Frauen ausgeübt werden, werden konsequent schlechter entlohnt, und dazu kommt dann noch die ganze Care-Arbeit im „privaten“ Rahmen, also Betreuung von Kindern und kranken oder pflegebedürftigen Angehörigen, die auch überwiegend von Frauen geleistet wird – und die nicht entlohnt wird, obwohl ohne diese Arbeit unser Wirtschaftssystem zusammenbrechen würde. Die AfD will  Frauen am liebsten wieder in einer reinen Hausfrauen- und Mutterrolle sehen. Mal abgesehen davon, dass bei konsequenter Umsetzung dieser Idee etliche Wirtschaftszweige komplett zusammenbrechen würden, so gehen in den meisten Familien ja nicht beide Partner arbeiten, weil ihnen langweilig ist, sondern weil es sonst einfach zum Leben nicht reicht.

… dann wohnst du nicht zur Miete?

Wenn man nämlich doch Mieter einer Wohnung ist, dann wäre es alles andere als eine gute Idee, die AfD zu wählen, weil diese nämlich als einziges Rezept für die völlig aus dem Ruder gelaufenen Mieten empfiehlt: noch mehr Markt! Also genau das, was die Mieten in den letzten Jahrzehnten (beispielsweise durch den Rückgang der Sozialwohnungen) so nach oben getrieben hat – nur noch mehr davon. Für raffgierige Vermieter toll, weswegen die AfD aus diesen Kreisen auch immer wieder große Spenden bekommt, für Mieter eher unschön, da die Mieten dann ungebremst noch weiter steigen würden. Denn eine Mietpreisbremse oder einen Mietendeckel lehnt die AfD natürlich konsequent ab.

… dann arbeitest du nicht als Angestellter?

Von so was wie Mindestlohn hält die AfD nämlich gar nichts. Und würde es den nicht mehr geben, fällt es nicht schwer, sich vorzustellen, dass dann die anderen Löhne auch sinken könnten. Auch andere Arbeitnehmerrechte sind bei der AfD nicht besonders hoch angesehen. Und wenn man mal seinen Job verliert aus gesundheitlichen Gründen, weil die Firma woanders hinzieht oder sogar Pleite macht (was bei der von der AfD bevorzugten Wirtschaftspolitik zunehmend wahrscheinlich wäre – doch dazu später mehr), dann gibt es deutlich weniger an finanzieller Unterstützung und eventuell sogar so was wie Zwangsarbeit. Da kann dann der Informatiker aus Hannover als Paketauslieferer in Hanau arbeiten – wenn er nicht dahin umziehen will, weil das für seine Familie nicht so gut passt, dann werden ihm eben die Leistungen gestrichen. Tolle Aussichten für Angestellte.

… dann hast du keine Kinder und/oder hasst Kinder?

Die AfD geriert sich ja gern als kinderfreundlich, aber das ist natürlich auch nur Show. Nicht umsonst wollen die das Alter der Strafmündigkeit herabsetzen, was ja nun nicht eben kinderfreundlich ist. Aber vor allem ist die AfD hochgradig kinderfeindlich, weil sie den Klimawandel, der sich mittlerweile schon zu einer handfesten und für jeden bemerkbaren Klimakrise ausgewachsen hat, schlichtweg leugnet. Und damit wird eben auch jungen Menschen verwehrt, in einige Jahren noch eine lebenstaugliche oder zumindest lebenswerte Biosphäre vorzufinden. Dabei ignoriert die AfD komplett die dazu vorliegenden eindeutigen wissenschaftlichen Erkenntnisse und schwafelt gern von „Klimaindustrie“, die sich am Klimaschutz bereichern würde. Wenn das tatsächlich so wäre, dann wären wohl in den letzten 20 Jahren nicht Zehntausende Arbeitsplätze in der Solar- und Windenergiebranche in Deutschland vernichtet worden. Zudem: Viel mehr Geld, als mit Klimaschutz verdient wird, wird nach wie vor mit dem Verbrennen von fossilen Energieträgern gemacht. Aber dahinter stecken dann ja bestimmt keine Interessengruppen, die dieses schädliche Geschäftsmodell aufrechterhalten wollen – zumindest in der AfD-„Logik“.

… dann möchtest du, dass die deutsche Wirtschaft den Bach runtergeht?

Bei dem ganzen patriotischen Gebölke von AfDlern klingt das nun erst mal ein bisschen absurd, aber genau das wäre die Folge, wenn die AfD ihre wirtschaftspolitischen Ideen umsetzen könnte. Zuvorderst ist hier natürlich der Austritt aus der EU und damit aus der Eurozone zu nennen. Bevor es den Euro gab, galt Deutschland als der „kranke Mann Europas“. Als dann die Gemeinschaftswährung kam, wurde diese schwächer bewertet als die im internationalen Vergleich starke DM. Und das hat dann bewirkt, dass deutsche Exporte in andere Länder günstiger wurden, sodass Deutschland schon bald den (fragwürdigen) Titel Exportweltmeister hatte. Das führte dann zwar zu einem Defizit der Binnennachfrage, weil zeitgleich mit der Agenda 2010 ein großer Niedriglohnsektor geschaffen wurde, ist aber zurzeit nun mal unschöne Realität. Wenn nun Deutschland aus der Eurozone austreten und eine eigene Währung an den Start bringen würde, dann würde diese DM sehr schnell sehr stark aufgewertet werden – und der deutsche Exportsektor würde komplett zusammenbrechen. Was dass für eine Volkswirtschaft, die seit gut 20 Jahren vor allem auf den Export setzt, bedeutet, kann sich jeder auch ohne wirtschaftswissenschaftliches Studium vorstellen. Und was dann noch hinzukommt: Experten und Fachkräfte aus dem Ausland dürften aufgrund des offensichtlichen Rassismus der AfD deutlich weniger Lust haben, nach Deutschland zu kommen, und diejenigen, die schon hier sind, würden wohl auch zu einem nicht unerheblichen Teil das Land verlassen. Womit wir gleich beim nächsten Punkt wären:

… dann hast du wohl richtig Lust auf einen verschärften Pflegenotstand und ein kaputtes Gesundheitswesen?

Gerade in der Pflege arbeiten sehr viele Menschen mit Migrationshintergrund. Und die will die AfD ja nun in großem Stil abschieben oder zumindest in ihren Rechten beschneiden. Und wie eben schon gesagt: Viele von denen dürften auch keine großen Ambitionen haben, in einem noch rassistischeren gesellschaftlichen Klima zu leben, als es das (dank der AfD) sowieso schon seit einigen Jahren der Fall ist. Seit 2022 wird das Beschäftigungswachstum in der Pflege nämlich ausschließlich von Ausländern erbracht, wie eine Kleine Anfrage der AfD an die Bundesregierung kürzlich ergab (was von der AfD natürlich dann so nicht an ihre Anhänger kommuniziert wird – s. hier). Wer also AfD wählt, sollte schon mal hoffen, immer bei guter Gesundheit zu sein, denn wenn derjenige mal auf medizinische Versorgung oder gar Pflege angewiesen wäre, dann könnte das schon sehr schlecht darum bestellt sein.

… dann willst du wohl gern viel mehr Geld für Energie ausgeben?

Dass nämlich Wind- und Solarenergie so teuer seien, ist ein Märchen, was von AfDlern gern verbreitet wird. Teuer hingegen ist vor allem die Atomenergie, zu der die AfD allen Ernstes zurückmöchte – und zwar so teuer, dass selbst Unternehmen, die Atomkraftwerke betreiben oder betrieben haben, mittlerweile kein Interesse daran haben, die Dinger in Deutschland wieder in Betrieb zu nehmen – es wäre schlichtweg unrentabel. Beim Gas, was ja gerade massiv von der CDU-Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche gepusht wird (ist halt im Sinne ihres vorherigen Arbeitgebers Westenergie) und das auch beim Energiekonzept der AfD eine große Rolle spielt, ist ab 2027 eine ziemliche Preissteigerung zu erwarten, wenn nämlich Gas auch in den EU-Emissionshandel mit eingeschlossen wird. Sollte Deutschland dann noch nicht aus der EU raus sein (was die AfD ja will – siehe oben), dann wird es für Gaskunden richtig teuer. Und die Kohle, auf welche die AfD auch noch abfährt, sorgt für reichlich schmutzige Luft. Das ist nicht nur aus Klimaschutzgründen nicht gut, sondern solche Luft macht auch krank – von Herz-Kreislauf-Erkrankungen bis hin zu Krebs. Aber vielleicht haben ja AfD-Wähler solche Krankheiten ganz gern …

… dann hast du wohl gern Gift im Essen?

Die AfD ist als extrem marktliberale Partei natürlich gegen alle möglichen Regulierungen – auch wenn diese die Verbraucher schützen. So wird für die Landwirtschaft vor allem „mehr Marktwirtschaft und Eigenverantwortung“ gefordert. Was nichts anderes bedeutet, als dass kleine Betriebe noch mehr als jetzt schon plattgemacht werden und die industrielle Landwirtschaft ohne Regulierungen von Pestizideinsätzen weiter auf dem Vormarsch ist. Die Qualität des Essens dürfte auf diese Weise nicht gerade besser werden.

… dann stehst du wohl auf schlechte Luft, Verkehrslärm und Verkehrstote?

Autos machen Krach, verpesten die Luft und beanspruchen sehr viel Platz in Städten. Das will die AfD noch weiter verschärfen mit einer einseitigen Fixierung auf Verbrennermotoren in der Verkehrspolitik. Die Bahn soll nämlich in eine gewinnorientierte GmbH umgewandelt werden. Und was das bedeutet, kann sich jeder ausmalen, der sieht, was schon die Umwandlung in eine AG, bei der allerdings der Bund zu 100 % Eigentümer ist, mit privatwirtschaftlicher Geschäftsführung bewirkt hat. Also mehr Autos mit all den damit zusammenhängenden schlechten Folgen für Menschen und Umwelt. Dazu sollen die Städte so gestaltet werden, das Autos mehr Platz eingeräumt wird. AfD-Wähler scheinen also gern an viel befahrenen Straßen zu wohnen, denn davon wird es dann deutlich mehr geben, sollte die AfD ans Ruder kommen.

Auch wenn Rassisten (und alle AfD-Wähler sind zumindest latente Rassisten, sonst würde sie die Überbetonung von fremdenfeindlichen Themen ja nicht mit ihrer Wählerstimme belohnen) grundsätzlich nicht die hellsten Kerzen auf der Torte sind, so sollten sie doch vielleicht mal drüber nachdenken, ob denn „Ausländer raus!“ die ganzen anderen Aspekte einer AfD-Politik wirklich wert ist. Denn vor allem Menschen mit weniger guter (Aus-)Bildung und niedrigem Einkommen in strukturschwachen Gegenden würde unter der AfD-Politik besonders leiden, so sie denn umgesetzt wird (s. hier). Und genau aus dieser Klientel rekrutieren sich die meisten AfD-Wähler. Ups …

Wenn Ihr also jemanden persönlich kennt, der AfD wählt oder sich mit dem Gedanken trägt, das zu tun, und der noch nicht vollkommen verblödet ist, dann konfrontiert diese Person doch ruhig mal mit diesen Fragen. Wenn derjenigen dann auf die meisten Fragen mit „Nein“ antwortet, dann ist es sicherlich keine gute Idee von ihm, die AfD zu wählen …

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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