Gar keine schlechte Idee …

Vor einiger Zeit las ich einen Beitrag des rechtsextremen YouTube-Bettel-Bloggers Neverforgetniki, weil sich in meiner Wall auf Facebook jemand darüber lustig machte. Und so absurd die da vorgetragene Idee auch ist, so amüsant ist es dann auch, sich mal vorzustellen, wie denn die praktische Umsetzung davon aussähe.

Kurz mal was vorweg zum Absender der Botschaft: Niklas Lotz ist ein nassforscher Bubi, der Werbevideos für die AfD macht, das Ganze als Journalismus betitelt und dann auch beständig darauf hinweist, dass man doch bitte seine „Arbeit“ finanziell unterstützen soll. Damit zieht er dann ab und zu rechtslastigen Rentnern ein paar Kröten aus der Tasche.

Nun hatte er doch tatsächlich eine tolle Idee, für die er sogar noch einiges an Zustimmung von seinen Anhängern bekam:

Stellen wir uns doch mal vor, das würde tatsächlich so praktiziert. Man sucht sich zwei, drei Bundesländer aus (möglichst nicht nur aus Ostdeutschland, sondern beispielsweise Sachsen, Thüringen und Bayern), verfrachtet alle AfD-Jünger dorthin und lässt diejenigen, die keinen Bock auf blaubraunen Müll haben, in die anderen Bundesländer umziehen. Wie sähe dann das Leben in diesem neuen „Land“ wohl aus? Denn dass sich dieser Teil dann vom Rest Deutschlands abspalten müsste, wäre ja klar, da die AfD sonst für sie so wichtige Sachen wie Austritt aus dem Euro/der EU und massive Remigration nicht umsetzen könnte.

Schauen wir uns doch erst mal an, wer denn so alles in dem AfD-Land leben würde. Dass AfD-Wähler eher nicht so richtig schlau sind, merkt ja jeder, der sich mit denen mal unterhält oder deren Kommentare in sozialen Medien liest. Da fehlt es nicht nur an elementaren Sprachkenntnissen, sondern auch an der Fähigkeit, stringent zu denken und Kausalitäten zu verstehen. Und das wurde sogar mittlerweile auch durch eine Studie der Uni Leipzig nachgewiesen (s. hier): AfD-Wähler haben nur selten ein hohes Bildungsniveau.

Dazu kommt, dass überdurchschnittlich (im Vergleich mit anderen Parteien) viele von ihnen arbeitslos sind, und der Männeranteil unter den AfD-Wählern liegt bei gut 70 %.

Klingt ja so richtig nach einer Traumpopulation, aus der man dann eine gut funktionierende Volkswirtschaft formen kann, oder? ;o)

Um da dann auch mittelfristig Positionen besetzen zu können, die eine fundierte Ausbildung benötigen, wäre da also wohl ein Ausbau des Bildungssystems zwingend notwendig. Stellt sich nur die Frage: Wie soll das funktionieren? Denn nach wie vor arbeiten im Bereich Erziehung/Bildung überwiegend Frauen, und die sind ja nun doch deutlich unterrepräsentiert im AfD-Land. Und die, die dort sind, sollen ja eher am Herd stehen und nicht arbeiten – so ganz dem von den Blaubraunen propagierten Familienbild aus den 1950er-Jahren (oder von noch früher) entsprechend.

Ich stell mir gerade vor, wie ein arbeitsloser Maschinenschlosser oder Straßenbauarbeiter auf die Schnelle zum Erzieher umgeschult und dann auf den Nachwuchs losgelassen wird. Gut, strammstehen und körperliche Ertüchtigung können die vielleicht noch vermitteln, aber bei den Kompetenzen, die es bräuchte, um das Bildungsniveau durch vorschulische Angebote zu erhöhen, sehe ich die jetzt gerade nicht so als perfekte Lehrkräfte.

Probleme dürfte auch dort auftreten, wo zurzeit viele Migranten arbeiten, also beispielsweise in der Gastro- und Pflegebranche. Wenn es noch irgendwie hinhauen mag, dass sich eine Schnitzelbude ans andere Knödelparadies reiht, ohne das „störende“ internationale Küche dazwischen angeboten wird, so dürfte es im Gesundheitswesen doch deutlich ruppiger zugehen.

Nicht nur dass dort auch sehr viele Frauen arbeiten, sondern es sind eben auch viele Menschen mit Migrationshintergrund da tätig. Und die will man ja nicht nur nicht im Land haben vonseiten der AfD, sondern die dürften auch generell wenig Lust haben, in einem Land zu leben, in dem sie ganz offiziell als Menschen zweiter Klasse gebrandmarkt werden, die nur dann geduldet werden, wenn sie gerade mal nützlich sind. Also dürfte sich der Fachkräftemangel im medizinischen Bereich im AfD-Land noch mal deutlich verschärfen.

Interessant wird dann die Frage, wie sich vor diesem Hintergrund die Währung vom AfD-Land – nennen wir sie mal Schnitzeltaler – entwickeln würde. Ich könnte mir vorstellen, dass die zunächst mal mächtig aufwerten würde, weil die Industrie im AfD-Land ja durchaus noch vorhanden wäre und das Ganze noch sehr mit Deutschland assoziiert würde. Das hätte dann zur Folge, dass das, was noch exportiert werden könnte, sich deutlich verteuern und somit auf dem internationalen Markt unattraktiver würde. Da dann aber auch noch zu erwarten wäre, dass die zumeist technisch komplexen und fachlich spezifischen Exportindustrien aufgrund der weniger gut gebildeten Bevölkerung ohnehin nicht mehr so lange aufrechterhalten werden könnten, dürfte dann bald schon eine starke Abwertung des Schnitzeltalers erfolgen. Und das würde dann wiederum die Importe fürs AfD-Land deutlich verteuern. Was man also nicht mehr selbst herstellen könnte, würde deutlich teurer werden.

Da Nahrungsmittel nun mal etwas extrem Wichtiges sind, müsste dann vermehrt auf die Landwirtschaft gesetzt werden. Wobei hier erneut das Problem auftreten würde, dass dort ja auch wieder viele migrantische Arbeitskräfte (gerade als Saisonarbeiter) beschäftigt sind. Also müssten dann wohl auch die Kinder mithelfen bei der Ernte – so wie in der „guten alten Zeit“. Das dürfte dann allerdings zulasten von deren schulischer Bildung gehen, und darum ist es in AfD-Land, wie oben gezeigt, ja eh nicht so toll bestellt. Zudem dürfte es die Nahrungsmittelpreise auch noch ziemlich nach oben treiben, wenn eben alles, was importiert werden muss, teurer würde und dann noch nicht mal schlecht bezahlte Arbeitsmigranten auf den Feldern schufteten. Puh … wird alles nicht ganz einfach …

Neben ihrem reaktionären Weltbild ist die AfD nun allerdings auch noch sehr marktradikal. Das bedeutet also, dass vermutlich viel Infrastruktur privatisiert würde – und was das bedeutet, ist ja mittlerweile hinlänglich bekannt: Gewinne für einige wenige, Mehrkosten für die breite Masse. Regulierungen auf dem Wohnungsmarkt steht man vonseiten der AfD ja auch stets ablehnend gegenüber, was dann bedeuten würde, dass die Mieten ungebremst steigen würden. Also noch mal Mehrkosten für die meisten Menschen.

Ach ja, den Sozialstaat will die AfD ja auch am liebsten abschaffen. Was würde das denn für diejenigen bedeuten, die angestellt arbeiten? Nun, vor allem erst mal Angst, denn Arbeitslosigkeit wäre dann gleichbedeutend mit existenzieller finanzieller Not. Also dürften diese Angestellten durchaus leichter gefügig sein, wenn der Chef mal keine Gehaltserhöhung genehmigen will oder sogar eine Kürzung der Bezüge anordnet. Weniger Urlaub, keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfall – alles kein Problem, denn wenn du dem nicht zustimmst, dann sitzt du eben komplett mittellos auf der Straße.

Wie wird das wirtschaftliche Leben im AfD-Land also aussehen? Menschen, die zunehmend weniger Einkommen haben, müssen immer mehr Geld für ihre alltäglichen Lebensgestaltung ausgeben. Sollten sie dabei krank werden, haben sie eben Pech gehabt, denn eine umfassende medizinische Versorgung ist nicht mehr vorhanden.

Dafür ruiniert man dann mit Verbrennermotoren und Kohlkraftwerken noch schneller die Umwelt als zuvor. Und da die AfD Überwachung und Polizeistaat ja auch ganz dufte findet, wird es auch schwierig, sich deswegen zu beschweren, wenn man dann nicht gleich Probleme mit der Obrigkeit bekommen möchte. Kritische Medien und kulturelle Vielfalt gibt es sowieso nicht mehr. Die Bürger vom AfD-Land (viele von ihnen Singles aufgrund des Männerüberschusses) dürften also darbend in ihren zunehmend grauen Butzen hocken und sich fragen, ob das denn tatsächlich so die „gute alte Zeit“ sein soll, wie sie sich das eigentlich vorgestellt haben.

Die noch etwas Schlaueren dürften dann wohl zusehen, dass sie das Land so schnell wie möglich verlassen. Tja, aber die Grenzen sind ja nun mal zu und werden gut kontrolliert. Und da sich die AfD-Regierung keinen Braindrain erlauben kann, wird es wohl nicht so Weiteres möglich sein, in Deutschland oder anderswo um Asyl zu bitten.

Wenn man das alles zusammennimmt, klingt das irgendwie ziemlich nach DDR, oder? Nur eben ohne die dort zumindest teilweise vorhandenen sozialen Aspekte (günstige Mieten, Gratis-Kinderbetreuung, Polikliniken usw.). Damit könnte man dann vielleicht ein paar Hardcore-Ostalgiker begeistern, aber die wenigsten AfD-Land-Bürger dürfte davon sonderliche angetan sein.

Ob dem kleinen Niki und seinen Claqueren wohl klar ist, was sie da in letzter Konsequenz abfeiern? Vermutlich nicht so ganz, aber das bestätigt ja wieder die Sache mit den eher weniger gebildeten AfD-Jüngern.

Für die anderen Menschen in Deutschland dürfte es hingegen eine Wohltat sein, wenn man das rechte Pack auf diese Weise geschlossen loswerden könnte. Klar, diejenigen, die vorher in den AfD-Land-Gebieten gewohnt haben, müssten entsprechend entschädigt werden, aber das sollte es uns doch wahrlich wert sein, oder?

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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