Was sich der Mensch einbildet

Weil eine sprachbegabter Affe sich selbst eine eigenständige Artenbezeichnung gegeben hat, darf sich ein durchschnittlich aufgestelltes Säugetier nun dem elitären „Homo sapiens“ zugehörig fühlen (dem einzigen Überlebenden der Gattung „Homo“). Ein Großteil der Menschen hält sich für die Krone der Schöpfung und benimmt sich auch entsprechend: Tiere werden als Dinge behandelt, Pflanzen sowieso. Aber was zeichnet uns Menschen wirklich als etwas Besonderes aus?

Gerade jetzt sitzt Du wahrscheinlich vor einem technischen Gerät, dass Dir diese Webseite anzeigt (Monitor, Notebook, Tablet, Mobiltelefon …). Erstaunlich, was „die Menschheit“ da so hervorgebracht hat! Aber mal Hand aufs Herz: Was davon könntest Du bauen? Allein die Rohstoffe könnte ich weder vollständig benennen noch fördern/produzieren, geschweige denn verarbeiten. Die meisten von uns bilden sich etwas auf Dinge ein, woran sie null Anteil haben. Und das, worauf wir uns was einbilden, können Tiere oft noch viel besser.

Auch unsere hochgelobte Sprache führt nicht selten zu Missverständnissen. Worte werden nicht überall mit dem gleichen positiven oder negativen Beiklang belegt, und selbst in Deutschland gibt es Regionen, in denen ich dreimal nachfragen muss, bis ich den heimischen Dialekt verstehe. Das wird kaum besser, wenn man erst einmal in Nachbarländer fährt oder sogar andere Kontinente besucht.

 

Was Tiere besser können

Jeden Tag sehe ich die Leute (vor allem in der Bahn), die auf ihre Smartphones und Tablets fixiert sind, um bunte Edelsteine in Reihen anzutippen, vermeintlich anspruchsvolle Rätsel zu knacken und Zahlenreihen zu sortieren. Dass jeder Menschenaffe das schneller und mit weitaus weniger Fehler kann, ist vielen nicht bewusst (Video in Englisch).

Körperlich brauchen wir den Vergleich erst gar nicht zu suchen, denn es gibt praktisch nichts, was nicht irgendein anderes Tier besser kann als wir minderbemittelten Säugetiere. Ob es um Schnelligkeit, Kraft oder Ausdauer geht, mehr als Mittelmaß sind wir im Vergleich zu anderen Tieren nicht.

Das moralische Verhalten entspricht, zumindest aus der Entfernung betrachtet, auch nicht gerade einer herausragenden Leistung: Zwar hauen die „körperlich Stärksten“ nicht mehr alle um und leiten die Herde, aber bei uns sind es die skrupellosesten und „finanziell Stärksten“. Dieser Absatz bräuchte ja nur auf diesen gesamten Blog verlinken, denn hier kann man eine Vielzahl von politischen und gesellschaftlichen Fehlverhalten verlinkt finden. Konzerne, die ausbeuten und politisch manipulieren, Politiker, die sich kaufen lassen (durch Honorare oder den Drehtüreffekt), und Diktatoren, die das eigene Volk mit militärischer Gewalt unterdrücken (die wiederum auf finanzieller Macht fußt).

 

Was wir nicht wissen (wollen)

Tiere und Pflanzen werden von einem Großteil von uns wie Gegenstände behandelt und geschätzt. Abgesehen davon, dass wir Tiere essen, verbringen selbige das Leben meist unwürdig als Ware. So werden Ferkel ohne Betäubung (z. B. mit dem Kartoffelschäler) kastriert, damit das Fleisch später nicht durch die Hormone „stinkt“. Über die Verhältnisse in der Massentierhaltung wissen wir eigentlich alle genug, aber unser Verhalten ändern wir trotzdem nicht. In Deutschland werden jedes Jahr ca. 45 Millionen männliche Küken vergast und/oder lebendig geschreddert (niedliche, kleine, flauschige Küken). Und dann sprechen wir bei bestialischen Taten doch ernsthaft davon, dass etwas „unmenschlich“ sei, obgleich es zutiefst menschlich ist.

Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass auch Pflanzen eine weit komplexere Kommunikation haben, als bisher vermutet. Es geht so weit, dass sich Pflanzen über Duftstoffe, elektrische Signale und (wie kürzlich entdeckt) Klickgeräusche in ihren Wurzeln vor Räubern warnen oder Hilfe bei Schädlingsbefall anfordern! Wieso hält sich diese fixe Idee, dass wir die Einzigen sind, die zu komplexer Kommunikation fähig sind? Weil wir die anderen einfach nicht „verstehen“.

Den moralischen Aspekt hatte ich bereits angesprochen, und auch hier scheint es eine ganze Menge zu geben, was wir nicht wissen wollen. Zu unserer ausgedehnten „Komfortzone“ finden sich hier auf unterströmt auch einige Beiträge. Schnell werden humanitäre Katastrophen und Einzelschicksale ausgeblendet, um das eigene Weltbild nicht damit zu belasten.

 

Fazit

Ich möchte einfach zu viel von uns! Wir schaffen es nicht einmal, untereinander friedlich und freundlich zu sein. Es wird immer wieder ein Feindbild benötigt, um die eigene Position zu stärken und zu bestimmen, weil wir in dieser schnellen, technisierten Welt nicht wirklich hinterherkommen. Unsere Hauptsorge scheint zu sein, nicht genauso viel zu bekommen wie der Nachbar oder die Vorbilder aus dem TV.

Ich meine nicht, dass wir keine Pflanzen und Tiere mehr verzehren sollten. Ich meine aber wohl, dass wir uns …

  1. … viel zu viel auf etwas einbilden, zu dem wir selber nichts beigesteuert haben.
  2. … auf Dinge etwas einbilden, die auf unsere Umwelt bezogen keinen Nutzen haben.
  3. … von den „Tieren“ sehr viel weniger unterscheiden, als uns bewusst ist (denn wir sind Säugetiere).
  4. … respektvoller und verantwortungsbewusster mit jeder Form von Leben auseinandersetzen sollten.
  5. … ideologisch damit zurechtfinden müssen, dass nur die „Liebe“ universell ist und alles Leben gleichwertig.

In einem sind wir auf jeden Fall bisher ungeschlagen an der Spitze der Evolution: rücksichtslose Ausbeutung in jeder erdenklichen Art und Weise und ein riesiges Maß an Selbstüberschätzung.

 

Print Friendly, PDF & Email

Dirk

Jahrgang 1974, in erster Linie Teil dieser Welt und bewusst nicht fragmentiert und kategorisiert in Hamburger, Deutscher, Mann oder gar Mensch. Als selbstständiger IT-Dienstleister (Rechen-Leistung) immer an dem Inhalt und der Struktur von Informationen interessiert und leidenschaftlich gerne Spiegel für sich selbst und andere (als Vater von drei Kindern kommt dies auch familiär häufig zum Einsatz). Seit vielen Jahren überzeugter Vegetarier und trotzdem der Meinung: „Alles hat zwei Seiten, auch die Wurst hat zwei!“

Schreibe einen Kommentar