Dass die Anschläge von Paris, die vermutlich von Anhängern des sogenannten Islamischen Staates (IS) verübt wurden, Wasser auf die Mühlen von Rechtsauslegern in Deutschland sind, konnte ja jeder in den letzten Tagen zur Genüge beobachten. Was ich dabei vor allem interessant finde, sind aber die Parallelen, die man zwischen diesen beiden Gruppierungen ziehen kann, also zwischen den Nazis/Pegidioten/NPDlern/AfDlern auf der einen und ihrem erklärten Feindbild, den IS-Schergen, auf der anderen Seite.
Nazi/Pegida/NPD/AfD usw. | IS |
Ideologie: radikal-fundamentalistisch nationalistisch |
Ideologie: radikal-fundamentalistisch islamistisch |
Entstehung: quasi ein Abfallprodukt des neoliberalen Marktradikalismus, der innenpolitisch Verlierer und Ausgrenzung produzieren muss, um sich selbst erhalten zu können; Radikalisierung aufgrund von einfach Sündenbockmodellen, die einem komplexen Verstehen von Zusammenhängen vorgezogen werden; Nationalismus als Vehikel zum persönlichen Frustabbau |
Entstehung: quasi ein Abfallprodukt des neoliberalen Marktradikalismus, der außenpolitisch Kriege produzieren muss, um sich selbst erhalten zu können; Radikalisierung aufgrund von einfach Sündenbockmodellen, die einem komplexen Verstehen von Zusammenhängen vorgezogen werden; Religion als Vehikel zum persönlichen Frustabbau |
Struktur: kleine intelligente, skrupellose Führungsebene; Rekrutierung von eher bildungsfernen, frustrierten, sich abgehängt fühlenden, von Abstiegsängsten bedrohten Menschen mit oft bereits vorhandenen rassistischen Ressentiment als Masse für die Basis |
Struktur: kleine intelligente, skrupellose Führungsebene; Rekrutierung von eher bildungsfernen, frustrierten, sich abgehängt fühlenden Menschen mit oft bereits vorhandenen antiwestlichen Ressentiments als Masse für die Basis |
Menschenbild: streng hierarchisch: Man selbst ist gut, alle, die anders sind, sind weniger wert und müssen ausgemerzt werden. |
Menschenbild: streng hierarchisch: Man selbst ist gut, alle, die anders sind, sind weniger wert und müssen ausgemerzt werden. |
Terrorneigung: stark ausgeprägt (Brandstiftung, Mord, Körperverletzung usw.) |
Terrorneigung: stark ausgeprägt (Mord, Folter, Verwüstung von ganzen Städten usw.) |
Allgemeingültigkeitsanspruch: „Wir sind das Volk!“ |
Allgemeingültigkeitsanspruch: „Wir sind der Islam!“ |
Identität via Feindbild: „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“ |
Identität via Feindbild: „Wer nicht für uns ist, ist gegen uns.“ |
Kampf gegen den Feind: feiges Vorgehen, Schwächere werden aus der Überlegenheit heraus attackiert, heimliche Anschläge bei Nacht, aber auch in den letzten Monaten zunehmend Attacken einfach auf offener Straße |
Kampf gegen den Feind zum einen militärisch in der eigenen Region, dort auch bevorzugt gegen unbewaffnete Zivilisten, ansonsten mit Terroranschlägen in anderen Ländern ebenfalls gegen unbewaffnete Zivilisten, insofern auch überwiegend durch Feigheit geprägt |
Diskussionsverhalten: nahezu vollkommene Argumentationsresistenz; was nicht ins eigene Weltbild passt, ist von der „Lügenpresse“ und insofern nicht relevant |
Diskussionsverhalten: nahezu vollkommene Argumentationsresistenz; was nicht ins eigene Weltbild passt, ist von „Ungläubigen“ und insofern nicht relevant |
soziale Medien: wichtige Rekrutierungs- und Austauschplattform, wo mithilfe von einseitigen und manipulierten Bildern und Videos Anhänger gefunden und bestätigt werden sollen |
soziale Medien: wichtige Rekrutierungs- und Austauschplattform, wo mithilfe von einseitigen und manipulierten Bildern und Videos Anhänger gefunden und bestätigt werden sollen |
öffentliches Auftreten: hoher Fremdschämfaktor bei den meisten Landsleuten, martialisches Gebaren bei gleichzeitiger Opferrhetorik, Vorliebe für Fahnen |
öffentliches Auftreten: hoher Fremdschämfaktor bei den meisten anderen Moslems, martialisches Gebaren, Vorliebe für Fahnen |
Perspektive: Alles wird gut, wenn erst mal die Ausländer auf Deutschland raus sind und Deutschland wieder die DM hat – null Verständnis für wirtschaftliche und global-politische Zusammenhänge, Freizügigkeit existiert in deren Denken nicht, am liebsten soll alles wieder so sein wie vor 80 Jahren. |
Perspektive: Alles wird gut, wenn erst mal die Ungläubigen alle tot sind und die Sharia als einziges Gesetz gültig ist – null Verständnis für wirtschaftliche und global-politische Zusammenhänge, Freizügigkeit existiert in deren Denken nicht, am liebsten soll alles wieder so sein wie vor 800 Jahren. |
Wie man sieht, sind da doch deutlich mehr Überschneidungen als Unterschiede zu erkennen. Gut, rein optisch besteht nun nicht so wirklich eine große Gefahr, die IS-Typen mit den deutschen Rechtsaußen zu verwechseln, die Parallelen sind also mehr im Inneren zu suchen. Gefährlich und verabscheuungswürdig sind in jedem Fall beide Ausprägungen. Und vor allem schaukeln sie sich zurzeit gerade massiv gegenseitig hoch – und agieren so im Grunde einer für den anderen.
Und noch eine auffällige Übereinstimmung von unseren deutschen Rechtsauslegern und dem IS ist mir gerade eingefallen: Beide sind hervorragende nützliche Idioten für unsere sogenannten „Eliten“. Inwiefern das bei den Braundeutschen der Fall ist, habe ich ja schon in zwei Artikeln (hier und hier) auf unterströmt festgestellt, und die Nützlichkeit der IS-Schergen tritt auch gerade immer deutlicher zutage: Schäuble kramt wieder sein alte Lieblingsthema von Bundeswehreinsätzen im Inland hervor, in Paris werden Demonstrationen zum Weltklimagipfel (30. 11. bis 11. 12.) einfach verboten, die Geheimdienste krakeelen trotz ihre eklatanten Versagens nach mehr Mitteln (und machen nebenbei als Akt vollkommener Absurdität Edward Snowden zum Sündenbock für die Attentate), die Aktienkurse der Rüstungsunternehmen steigen in Anbetracht der zu erwartenden Mehrumsätze, und immer mehr Deutsche sind bereit, Bürgerrechte und Freiheit für mehr Sicherheit aufzugeben. Wenn es den IS nicht gäbe, so müssten unsere „Eliten“ den echt erfinden …
Ich habe eben einen Artikel in der Zeit gelesen, der die Entwicklung des radikalisierten wahabitisch-salafistischen Islam in Saadi-Arabien und dessen Verbreitung im gesamten Nahen Osten als Thema hat. Darin gibt es folgenden Absatz:
Wenn man hier nur ein paar Wörter austauscht, dann kann man diese Formulierung genauso gut auf die Pegida- und AfD-Anhänger sowie die sonstigen Patrioten und sogenannten „besorgten Bürger“ in Deutschland anwenden, die derzeit die Straßen unsicher machen:
Alles so schön übersichtlich
Die fundamentalistischen Missionare des organisierten Rechtsextremismus locken ihre Patrioten mit einer Handvoll simpler politischer Marker, mit denen sich die richtige patriotische Gesinnung demonstrieren lässt – in den neuen Bundesländern, längst aber auch im übrigen Deutschland. Der neu Erweckte kann es sich bequem machen in einer übersichtlich-patriotischen Welt. Alles ist eindeutig, Orientierung geben die vermeintlich klaren Unterscheidungen zwischen deutschen Patrioten und Ausländern, Migranten und linksversifften Gutmenschen. Die mittlerweile Tausenden gewaltbereiten Neunazis, von denen eine nicht unerhebliche Anzahl aus dem Fußballumfeld stammt, sind nur ein kleiner, wenn auch besonders radikaler Ausschnitt dieser Gruppe.
Die österreichische Webseite Heimat ohne Hass hat nun nach den Brüsseler Attentaten nun auch die Parallelen zwischen dem IS und den Rechtsradikalen in Europa beschrieben. Treffender Titel: „Zwei Seiten einer Medaille“. Lesenswert!
Auch der Rechtspsychologe hat in einem Artikel auf Menschenrechte.eu ausführlich dargestellt, welche strukturellen Ähnlichkeiten zwischen Rechtspopulisten und Islamisten bestehen. Es zeigt nachvollziehbar auf, wie sich beide Ideologien gegenseitig bedingen und verstärken. Darüber hinaus zählt er einige Maßnahmen und Handlungsempfehlungen auf, wie man Rechtspopulisten und Isalmisten entgegentreten sollte.
Florian Wogramm erkennt in einem Artikel auf Diaspora ähnliche Parallelen zwischen nationalistischen und islamistischen Fanatikern. Dabei kommt er zu dem Schluss, dass es wichtig sei, sich nicht gegen die einzelnen Ausprägungen zu positionieren, sondern gegen den Autoritarismus, egal welcher Couleur.