Die Umsatzsteuer gehört abgeschafft und nicht noch weiter erhöht!

Die Umsatzsteuer ist eine Steuer für kleine Geister (lieb gemeint) oder Reiche. Reiche, weil sie damit vor höheren Belastungen geschützt werden. Kleine Geister, weil sie immer noch weiter an dieser Steuerschraube drehen wollen, oft sogar meinen, damit gesellschaftliche Aufgaben und Herausforderungen lösen zu können, am Ende allerdings immer mehr Probleme schaffen. Das einzig sinnvolle Tun wäre, sie auf null zu stellen, den Weg dahin zu beschreiten. Dies stört natürlich die Reichen, und den kleinen Geistern (immer noch lieb gemeint) fehlen die Einsichten dazu, weshalb sie willig das Werk der Reichen und ihrer Konzerne auch tun, nicht davon lassen können. Also wird es wohl lange noch dabei bleiben, dass dieses feudale Mittel zur Finanzierung eingesetzt werden wird. König Lear feiert weiter fröhliche Urständ: „Das ist die Seuche unserer Zeit: Verrückte führen Blinde.“

Die Umsatzsteuer, im Volksmund auch Mehrwertsteuer genannt, hat sich zur Haupteinnahmequelle des Staates entwickelt. 19 % ist der Regelsatz, und nur wenige Ausnahmen davon sind gestattet, werden mit dem verminderten Satz von 7 % besteuert. Dabei ist dieser verminderte Satz sehr willkürlich gewählt. So werden Schnittblumen mit 7 % und Windeln und sonstige Babyartikel mit 19 % besteuert, was mir noch nie eingeleuchtet hatte. Nahrungsmittel sind meist mit dem verminderten Satz belegt, was auch diese unsägliche Fleischdebatte der letzten Tage ausgelöst hatte. Immer noch meint man, mit einem mehr an Umsatzsteuer die Probleme der Welt lösen zu können, vergisst dabei allerdings, die Zusammenhänge auf Märkten vollständig zu bedenken. Steigt der Preis, so sinkt die Nachfrage, meinen die meisten. Ein ahnungsloses Denken, wie ich meine, hier aber nicht weiter ausführen werde. Heute geht es mir um die Steuerphilosophie.

Warum wurde die Umsatzsteuer überhaupt zu einer so bedeutenden Einnahmequelle des Staates gemacht?

Dazu lohnt es sich, auf die Anfänge zu blicken, die Vorläufer dieser Steuer. Die erste Umsatzsteuer – natürlich anders genannt – ist aus den Niederlanden des 16. Jahrhunderts bekannt. 1685 kam sie nach Deutschland, zuerst nach Brandenburg, später, 1703, nach Sachsen. Sie diente von Anfang an zur Finanzierung des Staates. Immer waren Anlässe gegeben, die der Staat zu finanzieren hatte, so beispielsweise der verlorene Erste Weltkrieg, welcher hier zur Stempelsteuer führte, der Umsatzsteuer der Weimarer Republik. Die Herren brauchten Geld, das Volk brauchte Güter, was also war einfacher, als den natürlichen Warenverbrauch des gemeinen Volkes zu besteuern? Dieser Gedanke trug von Anfang an die Umsatzsteuer, welchen Namen man ihr auch gab.

Das Geld und Vermögen der Begüterten sollte geschont werden, die sogenannten Leistungsträger waren es damals schon, die sich aus der Verantwortung stahlen; sie sind es heute noch. Die Finanzierung der Gesellschaft auf breite Schultern stellen, auch auf die schwachen, und die starken weitestgehend zu schonen war immer das erste Anliegen hinter dieser Steuerform. Sie hatten immer schon viel Fantasie und Möglichkeiten, wenn es um die Finanzierung der Zivilisation ging, denn nichts anderes sind Steuern, sich dieser auch zu entziehen. Wir Schwachen sind die Dummen, denn uns fehlt es mindestens an den Möglichkeiten dazu.

Das Ziel von Umsatzsteuern und Verbrauchssteuern ist immer gleich: Die Lasten sollten gefälligst von denen getragen werden, die sich vor den Lasten nicht zu schützen wissen. Hat funktioniert, funktioniert heute noch, ist Kultur sogar geworden, wird nicht mehr in Zweifel gezogen. Verbrauch ist schlecht und muss besteuert werden. Welch antikapitalistisches Tun im immer wilder werdenden Kapitalismus, aber auch das will ich hier nicht weiter ausführen. Welch cleveres Tun, nun auch beim Klima, die Lasten auf die schwächeren Schultern wieder verteilen zu können, denkt man an den neuesten Wurf: die CO2-Steuer. Chapeau!

Verzichten wir besser auf den Zynismus, der durchaus hier auch mitzuschwingen droht

Festzuhalten bis hierher bleibt, dass der Staat die Steuerlasten, die er in der Vergangenheit meist zur Kriegsführung oder für Monumentalbauten brauchte, selten zum Wohle der Allgemeinheit, eher zur Unterhaltung der Herren und Damen auf das gemeine Volk abwälzen wollte und über die Verbrauchssteuern einschließlich dieser des generellen Verbrauchs, heute genannt Umsatzsteuer, auch konnte. Ein feudales Tun, einer feudalen Gesellschaft würdig, aber weder den kapitalistischen Ansprüchen noch der Demokratie entsprechend vernünftig. Einzig denen von Nutzen, die eben nicht alles konsumieren müssen, die (noch) sparen können, weil ihr Einkommen und Vermögen geschont wird durch die Steuern auf Brot, Butter, Käse, Mieten und Heizung und viele unverzichtbare Dinge des täglichen Lebens mehr. Clever aus Sicht der Wohlhabenden; dumm wenn man nicht zu dieser Schicht respektive Klasse gehört.

Die Umsatzsteuer verhindert eine gerechte Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit im Lande

Würden wir die Umsatzsteuer abschaffen – utopisch, dies zu fordern, visionär, es dennoch zu tun -, so müsste der Staat sich andere Einnahmequellen suchen. Verbrauchs- und Verkehrssteuern, also weiterhin indirekte Steuern, sind ja Lieblingskind bei allen, die derzeit Probleme lösen wollen, vornehmlich im klimaaktivistischen Bereich en vogue. Antikapitalistisch, unsozial, undemokratisch nenne ich ihr Tun, ahnungslos noch dazu.

Nein, sie sind keine Alternative. Sie sind sinnvoll zur Steuerung, da wo eine Steuerung über Verbote nicht geeignet ist oder auf zu viel Widerstand treffen würde, aber nicht, um generell zur Finanzierung des Gemeinwesens herangezogen zu werden, ausschließlich über diese Art der Steuer steuern zu wollen. Schon gar nicht, wenn man ansonsten dem Markt den Rest zu überlassen gedenkt, gleichem Markt, der die Steuerung erst notwendig gemacht hatte.

Ja, eine Steuer auf Luxusgüter kann Sinn ergeben. Luxus zu verbieten schafft nur weitere Anreize, nach Luxus zu streben, schafft Schattenmärkte, auch mit organisierter Kriminalität, aber ist keine Lösung. Die Zeiten der Prohibition in den USA mögen hier zu Rate gezogen werden. Hier sind Verbrauchssteuern sinnvoll, zielgerichtet, aber nicht pauschal und noch dazu indirekt erhoben, wie bei der CO2-Steuer gedacht, wie bei der Umsatzsteuer gemacht.

Kreuzfahrten, Flugreisen als Luxus zu deklarieren, Massentourismus generell, überdimensionierte PKWs, einiges andere könnte man als Luxus deklarieren, demokratisch darüber befinden, was als Luxus zu gelten hat, und dann auch dementsprechend diesen Verbrauch belasten. Das würde steuern, über den Preis und auch über die Einsichten, die hinter diesen dann erhöhten Preisen stecken. Die Gießkanne setzt kein Denken frei, sie ist meist sogar ungerecht, wird sie angewandt. Sie schafft Probleme, anstatt diese zu lösen. Die Umsatzsteuer ist eine solche Gießkanne, die CO2-Steuer könnte die nächste Gießkanne werden. Ermäßigte Sätze und pauschale Erstattungen sind deshalb nichts anderes als Beruhigungspillen für das gemeine Volk, um die dahinterstehenden Absichten einer Umverteilung der Lasten zugunsten der Vermögenden und Konzerne zu verschleiern.

Die Alternative heißt Steuern nach Leistungsfähigkeit und Vermögensmacht

Hohe Progressionen beim Einkommen – ich denke hier an Steuersätze um die 80 %, wie zu Zeiten Bretton Woods in den USA nach dem Krieg, einer Zeit der allgemeinen Wohlstandsmehrung –  und nicht Deckelung der Progression unterhalb von 50 %, bei 45 % zurzeit in Deutschland, mit dem Druck, diese noch weiter zu senken, seitens des liberalen Lagers, wären alternativ anzudenken und einzuführen. Der, der hat, soll geben und der, der nicht hat, dem soll gegeben werden, muss wieder Grundlage des Denkens werden. Matthäus Klage, dass dem gegeben wird, der hat, und dem genommen wird, der nichts hat, sollten wir wieder streichen aus dem gesellschaftlichen Tun und Denken.

Denn, trotz Schonung der Vermögenden, der Einkommensstarken, sehen wir doch, dass das immer noch nicht genug scheint, denen, die durch eine hohe Steuervermeidung, auch mit krimineller Energie versehen, den Hals nicht vollbekommen können, die selbst über Cum-Cum und Cum-Ex sich die Taschen mit Geld füllen, welches wir erst über die Umsatzsteuern in die Haushalte eingezahlt hatten. Aber behalten wir dies alles hier mal außen vor. Wichtig ist nur, dass auch diese schmutzigen Hände und ihr Tun durch uns, über die Umsatzsteuer mitfinanziert werden. Damit zeigt sich auch, wo die Interessen des wohlhabenderen Anteils der Bevölkerung wirklich liegen. Im Gemeinwesen sicherlich nicht, auch nicht in einem funktionierenden kapitalistischen System, einem, in dem es um mehr als nur die eigenen Profite und deren Maxima gehen würde.

„Die Reichen mögen mich, die Schwachen verachten mich, ich weiß gar nicht, warum die Schwachen mich nicht mehr mögen“, freut sich und klagt der Politiker im gleichen Satz

Entscheidend bei dieser derzeitigen Finanzierung des Gemeinwesens sind auch die Folgen dieser Philosophie, dass nämlich der Staat und seine Diener sich hier bei den Reichen beliebt machen können, weil wir als gemeines Volk immer noch bereit sind, diese Lasten zu tragen, zu ertragen. Die Vermögen und Erben zu schonen, um deren Kapital im Lande zu behalten, ist dafür die gern benutzte Rechtfertigung. Eine fadenscheinige, eine feige Rechtfertigung, wie ich finde, eine unrealistische noch dazu. Niemand verschwindet hier der hohen Steuern wegen, wenn er hier die Erträge auch erzielen kann, wenn er andernorts diese nicht oder nur schwer erzielen kann. Den Produktionsstandort von der Steuer abhängig zu machen ist kleingeistiges Tun, und Unternehmer sind alles andere als kleingeistig, wenn es um ihre Gewinne geht. Sie haben es nur zu leicht, diese Gewinne hier zu machen, weil sie zu sehr verschont werden, viel zu sehr verschont werden, gerade auch von den Finanzämtern. Politik, die so denkt, so handelt, so kommuniziert, ist deshalb auch keine gute Politik. Politiker, die so denken und handeln, sollten sich zur Ruhe setzen; sie verstehen Gemeinwesen nicht. Sie schaffen das, was sie dann gern beklagen: den Zorn des gemeinen Volkes. Und wohin Zorn führen kann, habe ich erst letztens aufgezeigt.

Noch tun wir es, folgen dieser Politik und ihren Vertretern, aber, wie mir scheint, immer widerwilliger. Wir hatten zugestimmt, als Merkel und Steinbrück die Haushalte über eine Erhöhung der Umsatzsteuer von enormen drei Prozentpunkten zum 1. 1. 2007 sanierten, die Erben und Vermögenden allerdings weiterhin verschonten. Wir werden sicherlich auch die neuerlichen Steuererhöhungen schlucken. Wie lange allerdings noch, das wird eine immer entscheidendere Frage werden. Mit wie viel Zorn am Ende, auch das wird eine immer entscheidendere Frage werden.

Vermögen und Erbschaften werden geschützt, das Kapital hofiert, und der kleine Mann und seine Frau zahlen die Zeche

Wir finanzieren nicht nur die geringen Einkommenssteuern mit, die noch dazu die Arbeitseinkommen am höchsten, die Kapitaleinkünfte am niedrigsten, belasten – Letzteren geben wir sogar legal auf europäischer Ebene die Möglichkeit, sich aussuchen zu können, wo sie Steuern bezahlen wollen, wenn sie die dazu geeignete Rechtsform besitzen -, auch die Erben finanzieren wir mit. Die zukünftigen Herren und Damen über uns aufgrund eigentlich leistungslosen Einkommens ihrerseits. Auch die Vermögen, nicht nur deren Grundlage, auch deren Schutz durch Polizei, Militär und viele andere Maßnahmen zum Schutz des Vermögens, finanzieren wir mit, und zwar mit jedem Euro, den wir für unseren Lebensunterhalt ausgeben. Die Grundlagen des Vermögens und der Erbschaften, der hohen Einkommen finanzieren wir, die wir verbrauchen und damit deren Einkommen erst möglich machen, weil wir die Hauptlasten der Infrastruktur tragen, nicht die, die sie am meisten nutzen.

Clever, diese Reichen und die in der Politik, die für die Vermögenden, Konzerne, Einkommensstarken und Erben derzeit Politik machen. Dumm, weil wir es in der Masse nicht durchschauen, weil wir auch dumm gehalten werden, die Philosophie dahinter zu verstehen.

Fazit: Demokratischer, kapitalistischer und wirtschaftlicher, sozialer, vor allem aber gerechter kann es nur wieder werden, wenn die Umsatzsteuer zur Disposition gestellt wird, wenn die Finanzierung des Gemeinwesens und damit der Zivilisation wieder auf gesunde Füße gestellt werden. Wenn das Denken aus dem 16. Jahrhundert ein Ende findet.

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Heinz

Jahrgang 1958, am Leben interessiert, auch an dem anderer Menschen, von Rückschlägen geprägt. Nach diversen Tätigkeiten im Außendienst für mehrere Finanzdienstleister und zuletzt als Lehrkraft auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ökonomie und Gesellschaft, den Kapitalismus in all seinen Formen zu verstehen und seit Jahren zu erklären ist meine Motivation. Denn ich glaube, nur wer versteht, wird auch Mittel finden, die Welt zu einer besseren Welt zu machen. Leid und Elend haben ihre Ursache im Unverständnis.

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