Deutschland

Ökonomisch ein Riese und gesellschaftlich ein Zwerg.

Seit Rot-Grün, seit Schröders und Fischers Regierungszeit, insbesondere seit ihrer zweiten Legislatur, sollte auch dem Letzten klar geworden sein, dass nur ein schwacher Sozialstaat, in diesem nun auch von links akzeptierten ökonomischen Denken, ein guter Sozialstaat ist.

Mehr noch, seitdem sollte eigentlich jedem politisch Interessierten klar geworden sein, dass der deutsche Sozialstaat für die deutsche Politik das Instrument ist, welches einzusetzen ist, um die Wettbewerbsfähigkeit der Exportwirtschaft zu erhalten und im Falle des drohenden Verlustes wieder zu stärken.

Management by repetition

Lohnzurückhaltung, moderate Lohnerhöhungen, Wahrung des Lohnabstandsgebots durch die Regierenden, Steuern runter für Konzerne und damit Gewinne hoch für die Anteilseigner etc. pp. sind die meist gebrauchten Stichworte in den Mündern der Politiker, Gewerkschafter und Unternehmensvertreter sowie der meisten Medienschaffenden dazu. Wir kennen sie, haben diese Floskeln längst verinnerlicht, die meisten von uns wohl sogar bis hinein in ihre Gene. Deshalb sollte jedem klar sein, dass sich daran, an diesem Denken, so schnell auch nichts ändern wird, es bei den Parteien auch gar keinen Wunsch nach Änderung gibt, gerade auch weil dieses Denken einen großen Vorteil für sie hat: Es ist bequem, weil einfach, weil oberflächlich und damit auch populär, wenn nicht sogar populistisch.

Es ist deshalb abzusehen, was geschehen wird, wenn die Exporte in die Krise geraten werden. Und das könnten sie sehr schnell, sollte die chinesische Krise größer sein, als sie sich bisher andeutet.

Nach der Krise ist immer vor der Krise auf den Märkten und damit auch in den Gesellschaften

2003, als China noch einen Anteil von etwa 5 % am weltweiten Handel hatte, das Sars-Virus das Land befiel, kam es zur Krise in der Weltwirtschaft, zu spürbaren Wachstumseinbrüchen, denen wir, neoliberal geschult im Denken, wie wir zumeist sind, auch entsprechende Maßnahmen entgegensetzten respektive von den nun gerade in Kraft tretenden Hartz-Gesetzen, insbesondere dem 4. Gesetz, „profitierten“ im Saldo der Gesamtwirtschaft. Vorausschauendes Handeln könnte man deshalb der Administration Schröder unterstellen, wäre man so naiv und frech, dies wirklich tun zu wollen. Wie groß wird das Gerede erst sein, wenn Ähnliches heutzutage geschehen würde mit einem Anteil Chinas von etwa 16 bis 17 %, mag sich jeder selbst ausmalen. Heute schon rechnen die Ökonomen mit einem halben Prozentpunkt weniger Wachstum der Weltwirtschaft, und dabei steht die Verbreitung des Corona-Virus, wenn überhaupt, erst am Anfang.

Und wenn nicht, wenn dies alles glimpflich ausgehen wird: Die nächste Krise kommt bestimmt, ob durch Viren oder den Brexit (niemand weiß wirklich, was da kommen könnte) oder durch irgendein anderes Ereignis, sicher aber, wenn das Wetter durch die Klimaerwärmung noch größere Kapriolen schlagen wird als die, die es jetzt schon schlägt, durch Dürre hier und Überschwemmungen dort und Stürme nicht nur auf hoher See. Weder Rote noch Schwarze, die Gelben sowieso nicht, von den Blauen ganz zu schweigen, und auch die Grünen werden sich dann scheuen, den Sozialstaat weiter abzuschmelzen. Die ersten Einlassungen sind schon zu lesen im vorauseilenden Gehorsam. Ich erinnere nur an Altmaier, der sogar grundgesetzlich hier tätig werden möchte. Schnell werden die klitzekleinen sozialen Fortschritte, zu denen die SPD sich durchgerungen hatte, die Union gezwungen hatte, wieder kassiert und darüber hinaus die eine oder andere soziale Missetat erneut vollbracht.

Und täglich grüßt das Murmeltier

An der Richtung nämlich, die Rot-Grün eingeschlagen hatte, hat sich nichts geändert, wird sich auch nichts ändern, auch dann nicht, wenn die Roten von den Grünen ersetzt werden nach der nächsten Wahl, schon gar nicht, wenn es die Blauen sein sollten, welche dann die Minister mit zu stellen haben – in den Verwaltungen, in der Bürokratie sitzen sie längst. Die inneren Überzeugungen nämlich, dass das Soziale eine Nebensache ist, dass man sich das Soziale auch leisten können muss, dass das Soziale der Hemmschuh der Wirtschaft wäre, dass Geld eine Ware wäre und damit ein knappes Gut, haben sich in Deutschland nicht geändert, sind tief verwurzelt im Land der Sparer und geilen Geizigen, bis hinunter auf die kommunale Ebene. Gerade dort meine ich sie sogar besonders erkennen zu können, insbesondere bei mir hier im Ort und im Landkreis. Diese inneren Überzeugungen sind nach wie vor, wie zu Schröders Zeiten, wie von der FDP schon lange vorher gewünscht, von den Medien der Springer-Presse und anderer Meinungsmacher quasi in die Köpfe des Spießbürgers gepflanzt, weit damit über die unterschiedlichsten Parteigänger verbreitet; darin unterscheiden sie sich, wenn überhaupt, nur marginal. Diese Überzeugungen scheinen mittlerweile sogar Staatsräson geworden zu sein. Von den kritischen Stimmen sollten wir uns nicht täuschen lassen. Die verstummen recht schnell, wenn sie an den Trögen der Macht sitzen werden.

Fazit

Der ökonomische Riese Deutschland ist und bleibt genau darum ein rückständiges Land, ein Zwerg, wenn es darum geht, gute Politik für alle Menschen zu machen und nicht nur für die, die sowieso schon die Kirschen von der Sahnetorte naschen können.

Zuversicht

Hoffnung kann nur von außen kommen, von denen um uns herum in Europa, von denen aus der Welt, die nicht im deutschen Selbstverständnis denken und handeln müssen, die diese Grenzen in den Köpfen nicht haben. Hierauf baue ich meine Zuversicht, denn die werde ich mir auch nicht von den größten Betonköpfen nehmen lassen, und davon gibt es viele im Lande, viel zu viele, leider.

Heinz

Jahrgang 1958, am Leben interessiert, auch an dem anderer Menschen, von Rückschlägen geprägt. Nach diversen Tätigkeiten im Außendienst für mehrere Finanzdienstleister und zuletzt als Lehrkraft auf der Suche nach einer neuen Herausforderung. Ökonomie und Gesellschaft, den Kapitalismus in all seinen Formen zu verstehen und seit Jahren zu erklären ist meine Motivation. Denn ich glaube, nur wer versteht, wird auch Mittel finden, die Welt zu einer besseren Welt zu machen. Leid und Elend haben ihre Ursache im Unverständnis.

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