Ein paar Gedanken zum Wochenende

Eigentlich bin ich ja ein glücklicher Mensch, ich habe eine wunderbare Familie, es geht mir gut, und es fehlt mir eigentlich an nichts, auf das ich nicht verzichten könnte.

Aber ich bin auch Teil dieser Welt und Teil einer Spezies, die diese gerade blind zerstört und auch sonst jegliche Form von Mitgefühl, Empathie und Miteinander in irgendeine Schublade gesperrt zu haben scheint. Das kann, will und werde ich nicht akzeptieren.

Unser Wohlstand basiert auf zwei wesentlichen Faktoren: Ausbeutung und Umweltzerstörung.

Die Autorin Evi Hartmann hat mal nachgerechnet, dass sich jeder westliche Wohlstandbürger circa 60 Sklaven leistet – Menschen, die weit weg von ihm seine zum Teil komplett überflüssigen Wohlstandwaren produzieren, meistens unter unwürdigsten Umständen, unsozial und unökologisch sowieso. Aber auch innerhalb unserer Gesellschaft selbst erlebe ich gerade eine seit meiner Geburt nie da gewesene soziale Spaltung. Ein paar Leute und Konzerne bedienen sich an der gesamten Gesellschaft und natürlich auch an der Umwelt und werden damit reicher und reicher. Das beginnt bei der Gentrifizierung in Städten und hört damit auf, dass gerade im großen Stil landwirtschaftliche Flächen, besonders in Ostdeutschland, aufgekauft werden und damit kleinen Bauern die Existenz genommen wird, um für Dividenden noch billiger Lebensmittel zu produzieren. Ein einzelner Konzern, BlackRock, besitzt Anteile an fast allen DAX-Unternehmen und nimmt so gezielt direkten Einfluss auf de Wirtschaft, Bankenlobbyisten schreiben Gesetze, weswegen Cum-Ex überhaupt erst möglich wurde, Konzerne zahlen fast keine Steuern, und die Politik macht dabei mit, weil deren Lobbyisten in den Regierungen ein und aus gehen.

Dazu kommt noch Massentierhaltung, die nicht nur Tiere quält, sondern auch mitverantwortlich ist für Regenwaldabholzung und Antibiotikaresistenzen, gegen die nur wenig unternommen wird, obwohl allein in Deutschland bis zu 40.000 Menschen daran sterben, auch weil es sich finanziell nicht lohnt, neue Antibiotika zu erforschen. Überhaupt ist alles nur noch auf Wirtschaftlichkeit ausgerichtet, auch Krankenhäuser, Pflegeheime, eigentlich das ganze Gesundheitssystem, in dem gilt „Profit vor Mensch“, in dem Kinderkliniken aus wirtschaftlichen Gründen schließen müssen, in dem Notfällen die Aufnahme in Kliniken aufgrund von Personalmangel verwehrt wird – alles ein absolutes Unding.

13 Millionen Menschen in Deutschland leben zudem unterhalb der Armutsgrenze, die Rentenversicherung wurde mit fadenscheinigen Gründen von der Finanz- und Versicherungsindustrie ausgehöhlt, was eine immer weiter steigende Altersarmut mit sich bringt, die Tafeln melden Jahr für Jahr neue Rekorde.

Leider interessiert das die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung nicht im Geringsten, sie scheinen noch nicht bemerkt haben, dass es noch mehr gibt als ihre eigene kleine Welt und dass da ständig und immer wieder von Neuem Dinge passieren, die in keiner Weise mehr zu rechtfertigen sind.

Dafür sorgen leider auch die Medien, insbesondere die privaten, selbst meist große Konzerne wie Bertelsmann, die all das einfach ausschweigen oder gar noch in erniedrigenden Unterhaltungssendungen die Armen unserer Gesellschaft vorführen. Aber auch die ÖR sind leider oft nicht besser, wirklich aufklärerischen Dokus folgen dann diese unerträglichen Polit-Talkshows, in denen das ganze System wieder und wieder verteidigt wird und wirklich kritische Meinungen weggeredet werden. Die Meinungshoheit liegt in diesem Land ganz klar nicht aufseiten der Menschen, die für eine gerechte und nachhaltige Politik kämpfen.

Und dann der Klimawandel.

Artensterben, Rodungen, Plastikflut und all die anderen Umweltschweineren, die wir für unseren Wohlstand geschehen lassen, würden eigentlich schon reichen, um jeden Tag dagegen protestieren zu gehen, aber jetzt kommt auch noch hinzu, dass als Summe der ganzen Zerstörungen sich die Erde immer weiter aufheizt, katastrophale Folgen drohen und teilweise auch schon eingetreten sind.

Und was machen die Leute? Weiterkonsumieren, weiterfliegen, noch eine Spritschleuder kaufen, die nächste Kreuzfahrt buchen. Sie tun so, als wäre alles gut. Ist es aber nicht.

Ich will ihnen ja gar keinen Vorwurf machen, denn sie kennen es nicht anders, bekommen es jeden Tag mittels der immer präsenten Werbebotschaften eingetrichtert. Werbebotschaften, für die Unmengen für Werbepsychologen ausgegeben wird, damit sie maximal wirken. Dazu kommt neuerdings auch noch das völlig verlogene Greenwashing von immer mehr Konzernen.

Nein, die Politik ist gefordert, endlich die Notbremse zu ziehen und endlich für eine nachhaltige, progressive und zukunftssichere Welt zu sorgen. Aber es sitzen ja eben genau die Leute an der Regierung, die diese beschriebene Situation herbeigeführt haben und alles so weiter fortführen, bis es zu spät ist.

Und nicht einmal das schaffen die Menschen abzustellen: Sie wählen weiter diese Parteien, diese teilweise unsäglichen Politiker, die mit ihrer Unfähigkeit, in der Gegenwart zu handeln, unsere Zukunft gefährden und die Gesellschaft weiter spalten.

Und was machen viele Wähler, die eben doch die Nase voll haben? Sie wenden sich noch schlimmeren Demagogen, ihrer Hetze und ihren Lügen zu: Klimaleugnern, der AfD, die allesamt entweder mit Unwahrheiten glänzen oder nur anprangern und keine Lösungen anbieten, sondern den gleichen Weg gehen wie alle anderen, nur noch menschenverachtender, noch unnachhaltiger und noch intoleranter. Das hält man nicht mehr aus!

Auch ich bin bei Weitem nicht perfekt, auch ich mache wirklich nicht alles richtig, aber ich versuche jeden Tag, ein bisschen mehr sozialer und noch nachhaltiger zu leben. Wenn man das tut, merkt man es nicht mal, es ist eine Reise, eine lange Reise. Aber sie lohnt sich.

Warum gehen wir nicht endlich alle auf diese Reise? Für uns, unsere Zukunft und unsere Kinder?

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Markus

Jahrgang 1967, Informatiker, pflegt und entwickelt 3-D-CAD-Software in einem kleinen Unternehmen. Träumt von einer progressiven, sozial gerechten und ökologischen Gesellschaft und verzweifelt manchmal an der Frage, warum die meisten Menschen das nicht auch wollen.

2 Gedanken zu „Ein paar Gedanken zum Wochenende“

  1. „Die Autorin Evi Hartmann hat mal nachgerechnet, dass sich jeder westliche Wohlstandbürger circa 60 Sklaven leistet – Menschen, die weit weg von ihm seine zum Teil komplett überflüssigen Wohlstandwaren produzieren, meistens unter unwürdigsten Umständen, unsozial und unökologisch sowieso.“ Ich nehme das mal auf, Markus, denn hieran kann man schön erkennen, dass es nicht Menschen sind, die uns derzeit führen und auch, dass es nicht das Individuum in Hand hat, dies auch zu ändern. Dies ist System immanent und Systeme erhalten sich immer selbst, führen damit die Masse der Menschen in ihrem Sinne.

    Das kann man sich leicht klarmachen. Auf was soll ich als Individuum verzichten, dass diese Sklaverei (ein richtig gewählter Begriff von Evi Hartmann) aufhört oder zumindest spürbar kleiner werden würde? Auf was kann ich verzichten, ohne meine Existenz selbst nicht nur zu gefährden, sondern sie zu zerstören?

    Ich behaupte, würden wir das ändern können, so nur unter dem Fakt der Selbstaufgabe. Ich behaupte weiter, dass das der wahre Grund ist, warum auch so wenige von uns bereit sind, wirklich etwas ändern zu wollen, es nur vorgeben, es tun zu wollen, die Parteien am liebsten haben, deren sie sich gewiss sind, das sie ähnlich wie sie nur vorgeben, es tun zu wollen, aber es im Grunde nicht tun, weil nämlich das, was wirklich nötig dazu wäre, Verzicht nämlich, den meisten Menschen hier nicht zumutbar erscheint; es sei denn sie sind schon schwach genug, sich nicht mehr wehren zu können. Die Kreuzfahrer, Flugtouristen, Shopping-Touristen, Menschen mit überquellenden Schuh- und Kleiderschränken können sich noch wehren und wehren sich auch. Was dann auch deine Frage am Ende des Textes hilft, ein wenig zu beantworten.

  2. Ich denke grundlegende Änderungen machen Menschen meist nach traumatischen Erfahrungen durch und so wird sich die Gesellschaft auch ändern, nachdem sie die Folgen ihres Handels schmerzlich erfahren haben, nicht vorher.
    Wir (und alle anderen Lebewesen) sind nicht von Haus aus böse (höchstens gierig und unersättlich), sondern unsere Sozialisierung macht uns zu dem Konsumenten der wir sind. Deshalb wäre aus meiner Sicht ein Umdenken in der Erziehung (KiTa, Schule, Hort und am Ende auch Daheim) die einzig nachhaltige Lösung. Ich denke die traumatische Erfahrung ist da wahrscheinlicher. Prost!

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