Wie man mit purem Populismus punktet: Markus Söder

Kürzlich sah ich ein Bild von der NDR-Satiresendung Extra 3 zu Markus Söder, der ja von vielen (vor allem alten weißen Männern, auch aus dem eher linken Spektrum) vor einigen Monate für seine Macherqualitäten in der Corona-Krise gefeiert wurde. Und dieses Bild zeigt auf einfache Weise, dass bei Söder viel Schein und sehr wenig Sein vorhanden ist.

 

Und das stimmt auch tatsächlich, wenn man sich die interaktiven Coronavirus-Karten der Tagesschau betrachtet. Aktuell (also am 7. August) 394,5 Corona-Infizierte auf 100.000 Einwohner in Bayern. Baden-Württemberg liegt als Zweiter mit 340,1 schon deutlich dahinter, und selbst die Stadtstaaten, in denen man ja aufgrund der räumlichen Nähe eher Probleme mit dem Social Distancing haben dürfte, liegen alle unter oder bei 300 Infizierten pro 100.000 Einwohner.

Dabei muss man berücksichtigen, dass Söders Hemdsärmeligkeit nicht einfach nur harmloses Hauruck-Gebaren war, sondern durchaus gegen demokratische Gepflogenheiten verstoßen hat, indem er zum Beispiel bestrebt war, das Landesparlament einfach außen vor zu lassen, wie in einem Telepolis-Artikel vom 22. März beschrieben wird. Dort findet sich auch bereits die Erkenntnis:

Ministerpräsident Söder hat entdeckt, dass er in einem Katastrophenfall, den er erklärte, an Autorität und Rückhalt gewinnt. Jetzt muss entschieden und gehandelt werden.

Und das hatte ja auch durchaus Erfolg, denn Söder wurde daraufhin von vielen Medien regelrecht hofiert (was Norbert Häring in Bezug auf ein ARD-Interview mit Söder hier auch deutlich kritisierte). Resultat: Auf einmal ist Söder als potenzieller Kanzlerkandidat im Gespräch – und das, obwohl er die letzte bayrische Landtagswahl 2018 ja doch reichlich versemmelt hat.

Und auch ich hatte in einem Artikel hier auf unterströmt schon auf das populistische Gebaren Söders hingewiesen, als es um die Lockerungen nach dem Shutdown ging:

Da sich bei den restriktiven Maßnahmen vor allem populistische agierende Typen wie Markus Söder großer Beliebtheit erfreut hatten (bis in eigentlich linke Kreise hinein), wird nun umgekehrt genauso verfahren bei den Lockerungen: Man versucht da nun, dem Unmut der Bevölkerung wegen der zahlreichen Einschränkungen gerecht zu werden, sich als Verkünder von positiven Nachrichten zu präsentieren („Ihr dürft jetzt dies und das wieder“) und dabei eben das eigene Image gehörig zu polieren.

Doch dieses Verhalten findet sich nicht erst jetzt bei Söder, das hat er schon länger an den Tag gelegt und so gezeigt, dass er vor allem ein Machtmensch ist. Als die AfD ihm in Bayern viele Wähler abspenstig zu machen drohte, gab er den rechtslastigen Hardliner, als Schwarz-Grün dann als wahrscheinliche Koalition auf Bundesebene populär wurde, kam er auf einmal mit ökologischen Themen. Söder handelt nicht nach einem politischen Konzept, sondern hat in erster Linie seine eigene Karriere im Blick.

Das bedeutet nun allerdings nicht, dass Söder nicht auch einer gewissen Agenda folgen würde, und die ist natürlich typisch CDU/CSU. Beispielsweise ist er ein großer Freund davon, den Überwachungs- und Polizeistaat weiter auszubauen, was nicht nur anhand der viel kritisierten Novelle des bayrischen Polizeiaufgabengesetzes (PAG) deutlich wurde, auch wenn dieses noch auf dem Mist seines Vorgängers Horst Seehofer gewachsen ist. Die Umsetzung oblag dann eben dem Kabinett von Markus Söder.

Aauch die Corona-Maßnahmen werden nun mit großer Selbstverständlichkeit genutzt, um den Datenschutz vonseiten der Polizei außer Acht lassen zu können: In Bayern hat die Polizei Listen von Gastronomiebesuchern, die dort ihre Daten aufgrund der Corona-Maßnahmen hinterlegten, zur Ermittlung in Strafsachen benutzt. Söders Innenminister Joachim Herrmann findet daran dann auch nichts Verwerfliches (s. hier) und offenbart damit, dass er offensichtlich von rechtsstaatlichen Grundsätzen, dass sich nämlich die Polizei an Recht und Gesetz zu halten hat (in diesem Fall Datenschutz), nicht allzu viel hält.

Und so ein Karrierist mit wenig Achtung vor Demokratie und Rechtsstaat hat es nun aufgrund seines populistischen, aber nicht wirklich nachhaltig erfolgreichen Verhaltens geschafft, dass er als Kanzlerkandidat gehandelt wird – und auch von vielen Nicht-CDUlern als kleineres Übel im Vergleich zu Friedrich Merz und Armin Laschet angesehen wird.

Was irgendwie zeigt, dass das Wahlvolk (oder zumindest sehr große Teile davon) doch sehr leicht hinters Licht zu führen ist …

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

Ein Gedanke zu „Wie man mit purem Populismus punktet: Markus Söder“

  1. Markus Söder macht ja nach wie vor dauernd von sich reden, sei es mit seiner Formulierung einer „Corona-RAF“, der FFP2-Masken-Pflicht in Geschäften und öffentlichen Verkehrsmitteln oder auch mit einer Impfpflicht für Pflegepersonal. Jost Müller-Neuhof bringt in einem Kommentar im Tagesspiegel sehr gut auf den Punkt, dass diese Verhalten Söders vor allem seiner eigenen Popularität und damit auch Karriere dient und nichts mit verantwortungsvollem Handeln zu tun hat.

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