Erhöhung des BAföG-Freibetrags für Eltern

Die Erhöhung des Bafög-Freibetrags für Eltern von 2000 € auf 2400 € ist vielleicht ein kleiner und dringend notwendiger Schritt, aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein – und hilft den wenigsten weiter.

Schon jetzt erhalten nicht mal mehr als ca. 10 % der Studenten BAföG, und dass 90 % der Bevölkerung so reich sein sollen, dass sie es nicht benötigen, halte ich für absurd, die Vermögensverteilung zeigt ganz, ganz andere Fakten.

Und 400 € Freibetrag mehr werden daran nicht viel ändern.

Wir z. B. zahlen 1000 € Abtrag für unser Haus, das unsere einzige größere Altersvorsorge ist, mehr ist finanziell nicht drin, andere zahlen das und mehr als Miete.

Wir haben Nebenkosten für Wasser, Strom und Heizung von über 350 €, Tendenz steigend.

Ich gehe davon aus, dass das bei den meisten Familien nicht zu hoch angesetzt ist.

Bleiben also noch 1050 € Freibetrag für zwei Elternteile zum Leben. Davon soll man dann alle Versicherungen, Müll, Grundsteuer, das Auto, Lebensmittel, die restlichen Lebenshaltungskosten wie Telefon, Handys, Internet sowie alle anderen fürs Leben nötigen Anschaffungen wie Haushaltsgeräte und Kleidung tragen – und noch dazu zumindest teilweise das Studium der Kinder mitfinanzieren. Und das womöglich mit zwei Vollzeitjobs. 

Das entspricht leider überhaupt nicht der Lebensrealität der Menschen Wir als Doppelverdiener mit zwei Kindern liegen eine gute Ecke über diesem Freibetrag und kommen damit gerade so über die Runden, wir leisten uns keine großen Urlaube, gehen fast nie essen, fahren ältere sparsame Gebrauchtwagen, die bei vielen für den Weg zur Arbeit unabdingbar sind, nötige Renovierungsarbeiten bleiben leider auch liegen.

Den einzigen Luxus, den wir uns leisten, sind gesunde und nachhaltige Lebensmittel, weil dies aufgrund der voranschreitenden Umweltzerstörung in unseren Augen alternativlos ist.

Wir wären und sind so nicht in der Lage, das Studium von einem und ab dem Herbstsemester zwei Kindern zu finanzieren. Was sollen dann erst Leute sagen, die eben nur etwas mehr als 2400 € zur Verfügung haben? Denn auch die wären schon von Abzügen betroffen.

Unsere erste Tochter studiert bereits und bekommt nur aufgrund von Kurzarbeit während der Corona-Pandemie 2020 bis zum Herbstsemester 350 €, das reicht nicht mal für ihre 1-Zimmer-WG-Miete in Hannover, bei der schon jährliche Mieterhöhungen vertraglich festgelegt sind.

Für den Rest müssen wir irgendwie aufkommen, und sie muss dazuarbeiten. Um die Differenz zu begleichen, bräuchte sie schon mindestens einen 450-€-Job, und selbst da wird auch mit dem neuen Gesetz immer noch gekürzt, nämlich ab 330 €.

Ist das wirklich ansatzweise gerecht?

Natürlich können wir auch das Haus verkaufen und in eine 3-Zimmer-Wohnung ziehen, sofern man eine bezahlbare findet. Aber soll das unser Lebensziel sein: ein Leben lang arbeiten, Kinder großzuziehen und unsere Altersvorsorge verkaufen, um unseren Kindern das Studium ermöglichen zu können?

Einen weiteren Kredit können wir uns nicht leisten, und dass unsere Tochter mit einem KfW-Kredit ihr Berufsleben gleich mit hohen Schulden beginnt, ist für uns nicht akzeptabel.

Kinder von Geringverdienern bekommen das Studium voll finanziert (was auch richtig, wichtig und dringend nötig ist), Wohlhabende zahlen das aus der Portokasse (erlebe ich selbst in der Verwandtschaft), nur der Mittelstand wird wie in fast allen Bereichen immer noch voll zur Kasse gebeten.

Ich habe das Gefühl, dass sich die Regierungspolitiker im Allgemeinen weit entfernt von der finanziellen Lebensrealität der Menschen befinden, gerade von der des Mittelstandes, das hat sich durch den Regierungswechsel augenscheinlich nicht besonders geändert.

Leider habe ich aber auch immer wieder erleben müssen, dass die meisten Menschen, gerade auch Eltern, alles wortlos hinnehmen, sich im Privaten aufregen, aber lieber schweigend zahlen, solange es noch irgendwie geht, statt sich mal für mehr Gerechtigkeit einzusetzen. Das ist leider auch ein Teil der vielen gesellschaftlichen Probleme, die es so gibt, insbesondere der steigenden Ungleichheit zwischen Reich und Arm.

Denn das ist leider das Hauptproblem in unserer Gesellschaft: alles hinnehmen und weitermachen, und zwar so lange, bis es nicht mehr geht.

So lange möchte ich eigentlich nicht warten, aber ohne jegliches Interesse in der Mehrheit der Bevölkerung und in diesem Fall der Eltern, etwas zu ändern und lieber weiter herumzukrebsen, bleibt mir wohl nichts anderes übrig.

Print Friendly, PDF & Email

Markus

Jahrgang 1967, Informatiker, pflegt und entwickelt 3-D-CAD-Software in einem kleinen Unternehmen. Träumt von einer progressiven, sozial gerechten und ökologischen Gesellschaft und verzweifelt manchmal an der Frage, warum die meisten Menschen das nicht auch wollen.

Schreibe einen Kommentar