Die Landtagswahlen in Bayern und Hessen

Am vergangenen Wochenende wurde in Hessen und Bayern gewählt. Die Ergebnisse sind dabei nicht überraschend, aber leider schon reichlich erschreckend: Rechts bis Rechtsaußen fährt stabile Mehrheiten ein.

Was vor allem deutlich wird: Die typischen Aussagen, wie man Rechten begegnen soll, erweisen sich zunehmend als Irrtümer.

„Wenn man nicht wählen geht, wird es braun.“

Da die AfD in beiden Bundesländern ihre größten Stimmzugewinne aus dem Lager der Nichtwähler bekommen hat (s. hier und hier), bedeutet deren Motivation, zur Wahl zu gehen, wohl nicht unbedingt, dass dann weniger Stimmen für die Blaubraunen anfallen.

Das könnte m. E. daran liegen, dass viele Nichtwähler nicht einfach nur aus Desinteresse oder Lethargie Wahlen fernbleiben, sondern desillusioniert und resigniert sind. Sie fühlen sich von den Parteien einfach nicht mehr vertreten, und in der Tat ist ja auch kaum ein Unterschied in der Politik der neoliberalen Parteien zu erkennen, egal ob nun schwarz-rote, rot-grüne, schwarz-gelbe, schwarz-grüne oder ampelige Koalitionen am Ruder sind.

Dass die AfD zu dieser Politik keine Alternative darstellt, sondern eher für „Weiter so, aber noch mehr davon“ steht, ist dabei für viele offensichtlich nicht relevant. Dieses Phänomen habe ich ja bereits vor ein paar Monaten in einem Artikel beschrieben: Menschen wählen massiv gegen ihre eigenen Interessen, weil sie auf ein Image abfahren, dass ihnen suggeriert, die AfD würde tatsächlich eine konstruktive Möglichkeit des Protests sein und irgendwie irgendwas anders machen wollen. Und bei vielen wird mit Sicherheit auch eine Rolle spielen, sich auf der Seite der „Sieger“ befinden zu wollen.

„Lass die mal regieren, dann entzaubern die sich schnell selbst!“

Na ja, mehr Entzauberung als bei Hubert Aiwanger von den Freien Wählern in Bayern geht ja wohl kaum: Der Vorsitzende einer rechten Partei, der zunehmend mit rechtspopulistischen Aussagen auffällt, hat eine tiefbraune Neonazi-Vergangenheit.

Was normalerweise eigentlich für einen Rücktritt reichen sollte, so man sich denn auch nur ansatzweise das Mäntelchen der Bürgerlichkeit umhängen möchte, führte nun in Bayern zu einem Stimmengewinn von 4,2 Prozent auf satte 15,8 Prozent. Diese zusätzlichen Wähler haben sich m. E. nicht für die Freien Wähler entschieden, obwohl Aiwanger eine neonazistische Vergangenheit hat und sich bei deren Enttarnung recht schäbig verhalten hat, sondern weil das so ist.

Uns spätestens jetzt sollten die Alarmglocken mal kräftig zu klingeln anfangen.

Denn das lässt eigentlich nur zwei Schlüsse zu: Entweder sympathisieren rechte Wähler mittlerweile offen mit dem Rechtsextremismus in allen seinen menschenfeindlichen Ausprägungen aber jegliche Fehltritte von Politikern werden einfach bagatellisiert bzw. ignoriert, egal wie übel die sind.

Beides nicht so richtig im Sinne einer wehrhaften Demokratie, finde ich.

 

Das Resultat kann man dann jetzt gerade beobachten: Die Unzufriedenheit mit der Ampelkoalition auf Bundesebene, die zum Teil durchaus berechtigt, aber zu einem guten Teil auch medial geschürt wird, schlägt voll durch, sodass nun satte parlamentarische Mehrheiten für rechte Parteien in beiden Bundesländern bestehen (in Bayern 154 von 203 Sitzen, in Hessen 88 von 133 Sitzen). Selbst wenn die AfD nicht mit in die Landesregierungen genommen wird, ist klar, dass bei solchen Mehrheitsverhältnissen konstruktive progressive Arbeit aus der Opposition heraus nicht gerade einfach sein wird.

In beiden Ländern wird man also in den kommenden Legislaturperioden voraussichtlich keine Klimaschutzpolitik betreiben, zudem ist auch mit vernünftiger Sozialpolitik, die ja unabdingbar für eine ökologische gesellschaftliche Transformation wäre, nicht zu rechnen.

Na ja, halb so schlimm, wir haben ja noch viel Zeit, um der Klimakrise zu begegnen – oder etwa nicht …?

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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