Rechte Bigotterie

Große Aufregung (mal wieder) um Jan Böhmermann, eines der Lieblingsfeindbilder des rechten Packs hierzulande. Diesmal geht es um einen rechtsextremen Blogger, für den die rechte Postille Cicero dermaßen verlogen Partei ergreift, dass es schon fast wehtut.

Was war geschehen? Jan Böhmermann hat in seiner Sendung ZDF Magazin Royale über den rechten YouTube-Videoblog Clownswelt und dessen Betreiber Clownie berichtet. Dabei nannte er dann den tatsächlichen Vornamen, der hinter dem maskierten Pseudonym steckt, und nun regen sich die Rechten hierzulande auf, dass das ja Doxxing wäre. Doch ist es das wirklich? Wenn ich mir diesen Beitrag von Folgsschwärmer auf Facebook anschaue, dann hab ich da so meine Zweifel …

Klingt so weit erst mal nachvollziehbar, oder? Aber es gibt nun Stimmen von zivilisierten Menschen, die das Vorgehen von Böhmermann genau richtig finden (wie Andreas Speit in einem Kommentar in der taz) oder die es eher auch ein bisschen kritisch sehen (wie HeyWolfie in einem YouTube-Video), sodass hier tatsächlich darüber diskutiert werden könnte, ob das Vorgehen von Jan Böhmermann nun zielführend ist, zu wenig ins Detail geht oder vor allem Aufmerksamkeit auf das Thema rechtsextreme Hetzblogger lenkt, dabei aber zu oberflächlich bleibt.

All das könnte man machen, aber der Cicero beschließt dann, doch lieber auf die ganz plumpe Art Stimmung zu machen auf seiner Facebook-Wall:

Wenn also tatsächlich noch jemand geglaubt haben sollte, dass Cicero „nur“ ein konservatives Magazin sei, der sieht spätestens jetzt, dass das knallharte Parteinahme für Rechtsextremismus ist, die da von diesen „Journalisten“ propagiert wird.

Und dann kommt jetzt der Knaller dazu: Beim Cicero regt man sich also massiv darüber auf, wenn ein rechtsextremer Videoblogger ein Stück weit aus der Anonymität gezogen wird, nur um dann selbst den Bericht des Verfassungsschutzes über den gesicherten Rechtsextremismus der AfD zu veröffentlichen und sich damit auch noch als quasi journalistische Helden und Vorkämpfer für Transparenz zu brüsten.

Das Problem dabei: Die Schreiberlinge vom Cicero haben es nicht für nötig gehalten, die in dem Bericht vorkommenden Namen von Quellen zu schwärzen, so wie es eigentlich selbstverständlich hätte sein sollen, wenn man so was wie journalistischen Quellenschutz ernst nimmt. Aber vermutlich sieht man es dort auch als guten „Nebeneffekt“, dass nun unliebsame Namen direkt der eigenen rechtsextremen Leserschaft auf dem Silbertablett präsentiert werden. Treffend fasst das Rainer Hofmann auf seiner Facebook-Wall zusammen:

In einem Kommentar von Jens Vongehr darunter wird dann noch etwas gepostet, was zeigt, dass die schäbige Bigotterie des Cicero wohl keine Ausnahme, sondern Prinzip zu sein scheint:

Na, hoppla – da scheinen ja für andere ganz andere Maßstäbe zu gelten als für einen selbst. Also, nicht dass man so was nicht von Rechten kennen würde, aber so schön offensichtlich und überdeutlich kriegt man das ja selten serviert.

Und dann stellt sich ja auch noch die Frage: Wie ist man denn vonseiten des Cicero überhaupt an dieses Dokument herangekommen? Braucht es dazu nicht eventuell Verbindungen in die höchste Regierungsebene? Nun, da sitzt zumindest seit Kurzem der Gründer von Cicero Wolfram Weimer als Staatsminister beim Bundeskanzler und Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und Medien. Könnte doch glatt sein, dass der da noch ein paar Verbindungen zu den alten Kollegen hat, oder? Ich würde zumindest mal verschärft dort nachfragen – zumal auch seine reaktionären bis rechtsextremen politischen Positionen dazu passen: Klimawandelskeptiker, homophob, gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk eingestellt und immer mal wieder mit rassistischen Äußerungen aufgefallen.

Und um die kognitive Dissonanz, die diesem ganzen Vorfall nun zugrunde liegt, noch ein wenig auf die Spitze zu treiben, wird das dann noch mal schön mit Lügen vonseiten der AfD unterfüttert, die dann auch wieder teilweise un- oder minderreflektiert von verschiedenen Medien übernommen werden, wie Dirk Specht in einem Facebook-Posting zutreffend zusammenfasst:

Das Problem dabei: Diese Widersprüchlichkeiten und Unwahrheiten sind so offensichtlich, und trotzdem stören sich der Anhang der AfD und andere Rechtsextremisten nicht daran, sondern plappern munter das nach, was ihnen vorgesetzt wird. Ohne auch nur mal eine Sekunde den eigenen Verstand anzuschalten und sich zu fragen, ob das auch alles so stimmig ist. Und dann fühlen sich diese Leute auch noch stets als Oberchecker, die wüssten, wo es langgeht – im Gegensatz zu all den „Schlafschafen“, die nach wie vor „Altparteien“ wählen.

Die AfD braucht gar nicht zu regieren, und schon nehmen Verlogenheit, Bigotterie und auch ignorante Dummheit massiv zu. Da mag man sich echt nicht vorstellen, was denn erst mal los sein könnte, sollten die Blaubraunen tatsächlich mal in Regierungsverantwortung kommen …

 

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

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