Und weiter geht’s nach rechts …

Dass die politische Landschaft in den letzten Jahren (nicht nur) in Deutschland zunehmend nach rechts rutscht, habe ich ja schon ein paar mal thematisiert (s. beispielsweise konkret hier und hier sowie insgesamt die hier gelisteten Artikel). Zurzeit ist da allerdings fast schon ein Dammbruch zu bemerken, sodass ich mich des Themas noch mal annehmen möchte.

Dabei gehen Bundesregierung, Opposition und Medien Hand in Hand, was ein ziemlich gruseliges Aufschaukeln bewirkt: Die einen wollen den anderen Wähler abjagen, indem sie deren rechte Positionen übernehmen (die CDU der AfD, SPD und Grüne der CDU …), und nicht nur in der BILD ist mittlerweile teilweise so abstruses Zeug in lupenreinem Rechtsaußensprech zu lesen, dass es einem übel werden kann (ein Beispiel dafür gibt’s weiter unten).

Die Ampel mit deutlichem Rechtsabbiegepfeil

Dass die Grünen sich mittlerweile von ihren friedenspolitischen Wurzeln weit entfernt haben, ist ja schon seit Jahren zu beobachten, sodass deren offen zur Schau gestellte bellizistische Haltung im Zuge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine nicht weiter verwundert. Zumal sich da ja auch alle drei Koalitionsparteien weitgehend einig sind – und Kriegsbefürwortung ist nun mal eine grundsätzlich rechte Angelegenheit.

Nun muss man diesbezüglich natürlich eine gewisse Ausnahmesituation bescheinigen, und ginge es nur um das Kriegsgetrommel der Ampel, dann würde ich das hier vermutlich nicht mal gesondert ansprechen. Nur ist das eben nicht das Einzige, wo man der Bundesregierung einen deutlichen Schwenk nach rechts attestieren muss.

Dass die FDP sowieso für mich schon länger eine rechte bis rechtsextreme Partei ist, habe ich ja bereits 2017 in einem Artikel beschrieben. Nur geben die sich immer noch so ein modernistisches Deckmäntelchen – wobei nun immer mehr Menschen klar wird, wenn man diese Trümmertruppe an der Regierung rumstümpern sieht, dass das in der Tat nur eine Fassade ist, hinter der reaktionäre Weiter-so-Klientelpolitik, gepaart mit übelstem Sozialdarwinismus steckt.

Und auch bei einer SPD unter Olaf Scholz ist es wenig überraschend, das nicht gerade progressiv agiert wird. Dazu muss man sich ja nur Scholzens politische Agieren vor seiner Kanzlerschaft ansehen (s. hier) und sich vor Augen führen, warum denn die SPD in Hamburg so erfolgreich ist: weil sie dort nämlich im Prinzip CDU-Politik macht. Und genau das macht sie nun auch auf Bundesebene.

Und so gibt es dann einige sehr unappetitliche Sachen, wie zum Beispiel eine neokoloniale Denke, die nun auch eher in rechten Kreisen verbreitet ist. Wenn beispielsweise hierzulande Pflegekräfte nicht besser bezahlt werden und bessere Arbeitsbedingungen erhalten sollen, sondern man dann lieber welche aus Südamerika einfliegt, die dann für wenig Lohn (und hohe Investorenrendite) schuften (s. hier). Oder wenn man südamerikanische Länder als Rohstofflieferanten ansieht, die möglichst wenig eigene Industriestrukturen entwickeln sollen, damit sie unsere Hightechprodukte importieren müssen, und dafür dann ihre eigene Umwelt schön ruinieren (s. hier).

Das alles wird gerade von SPD und Grünen schön vorangetrieben – von der FDP wird so ein Mist ohnehin befürwortet.

Auch die Asylpolitik der Ampel ist mittlerweile so, dass man die Unterschiede zur AfD wirklich mit der Lupe suchen muss (s. hier). So äußerte sich beispielsweise Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) auf dem Social-Media-Kanal seines Ministeriums in bester blaubrauner Manier:

Nicht viel anders sieht es übrigens bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) aus, der in ein ähnliches Horn trötet, wie ich neulich auf der Facebook-Wall eines Freundes sehen konnte:

Und um das Ganze noch zu toppen, sind die Grünen mittlerweile nicht nur beim Antifaschismus ausgesprochen unzuverlässig geworden, sondern strafen sogar Parteimitglieder deftig ab, die sich an einen antifaschistischen Grundkonsens, den es in dieser Partei mal gab, erinnern und es wagen, dann auch entsprechend abzustimmen, wenn NSU-Morde aufgeklärt werden sollen – wie ich ja kürzlich schon mal in einem Artikel näher beleuchtete.

Und die Opposition stürmt nach rechtsaußen vornweg

Da die Opposition im Bundestag ja bis auf eine reichlich marginalisierte Linke nur noch aus AfD und CDU/CSU besteht, war natürlich nicht zu erwarten, dass die Ampelkoalition von denen nun zu irgendwelchen progressiven Taten gedrängt würde. Und über die AfD brauchen wir ja nun auch gar nicht zu reden, denn die sind ja nun schon sowieso reichlich rechtsextrem und beweisen das immer wieder aufs Neue.

Was da allerdings gerade in der Union abgeht, ist dann schon reichlich heftig. Klar, mit einem rechtslastigen Parteivorsitzenden Friedrich Merz war das ein Stück weit zu erwarten, zudem war ja die Zuneigung vieler Rechtsaußen zu Merz auch schon seit einiger Zeit zu beobachten (s. hier), aber dennoch ist die Eindeutigkeit schon ein bisschen überraschend, finde ich.

So fand sich schon vor ein paar Monaten folgendes schicke Meme in den sozialen Medien, dass von der CDU/CSU auf EU-Ebene verbreitet wurde:

Auch hier stellt sich die Frage: Was ist noch mal gleich der Unterschied zur AfD?

Und wenn man sieht, was nun für Pläne geschmiedet werden für ein neues Grundsatzprogramm (s. hier), dann kann einem schon mal richtig übel werden: Von „Sozialleistungen nur für Arbeitswillige“ ist es m. E. nämlich nur ein sehr kleiner Schritt, bis man dann bei Arbeitsdienst oder Arbeitslagern angekommen ist. Dass ist übelste Rechtsaußenrhetorik, um den Sozialstaat noch weiter zu demontieren.

Und dann kommt gerade auch noch ein von Fipsi Amthor (genau, der kleine korrupte Notkonfirmand) initiierter Antrag an die Bundesregierung daher, doch bitte ein „Bundesprogramm Patriotismus“ aufzusetzen (s. hier). Also mehr Deutschlandfahnen und ähnlichen Klimbim. Garniert wird das dann mit so einer Aussage:

„Wir treten für einen Patriotismus ein, der nicht durch Beiwörter in Watte gepackt werden muss“, sagte der CDU-Politiker Philipp Amthor als Initiator des Antrags der „Welt“ vom Mittwoch.

Dass Patriotismus, gerade wenn er wie in Deutschland auf Abstammung und nicht auf Geburt fußt, eher etwas ist, was nicht integrativ ist, sondern nationalistische und damit spaltenden Tendenzen fördert, ist ja nun nichts ganz Neue mehr (s. hier), hat sich aber wohl bis in die CDU noch nicht so ganz rumgesprochen. Oder, und das halte ich für wahrscheinlicher, es ist dort schon bekannt, wird aber bewusst in Kauf genommen, da das genau die Richtung ist, in welche die alten weißen Männer der Union gern marschieren wollen.

Passend dazu auch, dass nun im CSU-regierten Bayern gerade massiv mit polizeistaatlichen Mitteln gegen die Klimaaktivisten der „Letzten Generation“ vorgegangen wird, die sogar schon vorverurteilend als „kriminelle Vereinigung“ gebrandmarkt wurde, was juristisch gesehen nicht anders denn als skandalös bezeichnet werden kann (s. hier). Wobei hier natürlich schon nicht nur von Unionspolitikern gern mit dem rechtsextremen Kampfbegriff der „Klimaterroristen“ um sich geschmissen wurde – selbst Bundeskanzler Olaf Scholz war sich ja nicht zu blöd, die Aktionen von jungen Klimaschützern mit dem nationalsozialistischen Terror gleichzusetzen (s. hier).

Womit sich dann der Kreis zur Ampel auch schon wieder schließt, sodass aufgezeigt wird, dass sich bei der Tendenz des massiven Rechtsrucks im Grunde alle neoliberalen Parteien gerade ziemlich einig sind.

Und auch die „bürgerliche“ Presse mischt mit

Dass die Springer Schmierblätter BILD und Welt schon seit einiger Zeit sehr offensiv als rechte Kampfpresse agieren, ist ja nichts ganz Neues. Dann las ich allerdings vor Kurzem einen Artikel in der ja eigentlich nicht als rechtsextrem bekannten Neuer Zürcher Zeitung von Hugo Müller-Vogg, dem ehemaligen Herausgeber der eigentlich nicht als rechtsextrem bekannten FAZ – und darin findet sich so ziemlich alles, was der blaubraune rhetorische Rechtsaußengiftschrank so zu bieten hat.

Da ist schon in der Überschrift die Rede davon, dass Deutschland in eine „illiberale Demokratie“ abrutschen würde. Wer sich dabei nun an CDU/CSU-Buddie Victor Orbán aus Ungarn erinnert fühlt, wird dann aber schnell eines (vermeintlich) Besseren belehrt, denn Müller-Vogg sieht den Feind der Demokratie eindeutig auf der anderen, nämlich linken Seite des politischen Spektrums. Oder genauer gesagt: auf der „links-grünen“, was ja seit einigen Jahren ein typischer Kampf- und Diffamierungsbegriff (gern auch in Zusammenhang mit dem Wort „versifft“) von Rechtsextremen ist.

Wobei Orbán dann auch als Beispiel angeführt wird, nur dass der es eben anders macht und die Demokratie quasi „von oben“ destabilisiert, während das in Deutschland zurzeit eher „beiläufig implementiert“ wird: nämlich durch Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte sowie durch „Organisationen, die sich offiziell dem Kampf gegen Rassismus und Antifaschismus verschrieben haben“. Und die werden dann auch noch alle „grosszügig gefördert“.

Hier sieht man dann schon, dass es Müller-Vogg nicht um eine sachliche Analyse geht, sondern um dumpfe Agitation fernab jeder Realität. Denn gerade in den letzten Jahren wurden ja antifaschistischen Projekten immer wieder die Zahlungen zusammengestrichen, und auch die ständigen Angriffe auf die Allgemeinnützigkeit vieler NGOs, die sich ebenfalls gegen Rassismus engagieren, stellen für diese ein arges Problem hinsichtlich ihrer Finanzierung dar.

Und natürlich darf dann auch der Hinweis darauf nicht fehlen, dass ja der Linksextremismus nicht wirklich bekämpft würde:

Dem Kampf gegen den Linksradikalismus wird politisch dagegen so gut wie kein Augenmerk geschenkt. Das ist kein Zufall. Denn viele der staatlich alimentierten Antifaschisten hängen ihrerseits einem linksradikalen Weltbild an, was ihre staatlichen Financiers aber kaum stört. Wer gegen angebliche Nazis kämpft, gehört aus links-grüner Sicht automatisch zu den Guten. Alle diese Anti-Vereine und Pro-Gleichstellungs-Initiativen haben einen hübschen Nebeneffekt: Hier lassen sich viele politisch korrekt Gesinnte auf Staatskosten unterbringen.

Liest sich jetzt ziemlich genauso wie irgendein Müll aus der Jungen Freiheit oder von Broders Hetzportal Die Achse des Guten, oder?

In Bezug auf die Medienlandschaft wird es dann noch mal ein bisschen lächerlicher:

Wer gegen eine Frauenquote oder das Gendern argumentiert, wer nicht unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen möchte, wer sich gegen eine noch höhere Besteuerung der Reichen ausspricht oder es gar wagt, dem Klimaschutz nicht eindeutig Priorität gegenüber der Konkurrenzfähigkeit der Unternehmen und der Sicherung von Arbeitsplätzen einzuräumen, der hat einen schweren Stand. Schlimmer noch: Er wird von vielen Medien ausgegrenzt.

Da wird nun alles an Feindbildern in einen Topf geschmissen, die der alte weiße Mann heutzutage so hat: Frauen, Geflüchtete, Klimaschützer und diejenigen, die sich gegen die wachsende Ungleichheit wenden. Eigentlich schon peinlich und entlarvend genug, aber dass Müller-Vogg dann ernsthaft meint, dass gerade solche Leute nicht genug in den Medien vertreten wären, ist dann an Absurdität kaum noch zu überbieten. Dazu muss man sich ja nur mal die Gästelisten von Polit-Talkshows anschauen, um festzustellen, dass eher das Gegenteil der Fall ist – wie ja auch schon Uwe Krüger in seiner hervorragenden Analyse der deutschen Medienlandschaft „Mainstream. Warum wir den Medien nicht mehr trauen“ festgestellt hat.

Dort wird dann auch aufgezeigt, dass eine weitere Aussage von Müller-Vogg kompletter Blödsinn ist:

Vielmehr bilden unter den Journalisten jene mit linken und grünen Einstellungen die Mehrheit. Wobei der Begriff «Journalist» bei vielen Mitarbeitern der Öffentlichrechtlichen an Etikettenschwindel grenzt. Hier sind häufig politische Aktivisten am Werk, toleriert von ähnlich gesinnten oder konfliktscheuen Vorgesetzten.

Viele Alphajournalisten und Chefredakteure (mal von den sehr vermögenden Inhabern der meisten Medien ganz abgesehen) stehen nämlich eher der FDP und der CDU nahe, was sich dann auch in der Programmgestaltung niederschlägt. Gerade hat man das ja ganz offensichtlich am Fall von Matthias Döpfner gesehen, der ja ein Bruder im Geiste von Müller-Vogg zu sein scheint und dessen Vorgehen ich eher als einer illegitimen Demokratie würdig empfinde, als wenn es noch mal zumindest ab und an Sendungen wie Monitor oder Die Anstalt im öffentlich-rechtlichen Fernsehen gibt, die nicht komplett alles Neoliberale unhinterfragt abfeiern und nachplappern. Aber so was scheint ja für Müller-Vogg schon zu viel der Meinungspluralität zu sein – womit er sich dann selbst (vermutlich ungewollt) als nicht eben liberal denkender Mensch präsentiert.

Dass so ein rechtsextremer Rotz wie dieser Hetzbeitrag von Müller-Vogg es allerdings mittlerweile in die ganz „normalen“ bürgerlichen Medien schafft, zeigt mir viel eher, dass die Wende nach rechtsaußen schon sehr weit fortgeschritten ist. Und das unter einer vermeintlich „linken“ Regierung, die sich selbst als „Fortschrittskoalition“ bezeichnet.

Was dann wohl erst auf uns zukommt, wenn in ein paar Jahren die CDU zusammen mit der AfD (die zurzeit mal wieder davon profitiert, dass alle anderen Parteien ihnen Wähler abjagen wollen und daher blaubraune Standpunkte einnehmen – was übrigens meines Wissens noch nie funktioniert hat) und eventuell noch der FDP das Land regiert …?

 

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Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

Ein Gedanke zu „Und weiter geht’s nach rechts …“

  1. Auch wenn Friedrich Merz (CDU) bisher noch einer Zusammenarbeit mit der AfD eine Absage erteilt, so zahlt die derzeitige Strategie der CDU, sich vor allem gegen als links empfundene Identitätspolitik zu positionieren und diese für das Umfragehoch der AfD verantwortlich zu machen, stark auf das Zustimmungskonto der Blaubraunen ein. Dies erläutert zumindest der Politikwissenschaftler Marcel Lewandowsky in einem Artikel vom RedaktionsNetzwerk Deutschland.

    Ich kann mir nicht vorstellen, dass das den Unionsstrategen nicht durchaus auch so bewusst ist, sodass hier wohl eher ein künftiger Koalitionspartner gestärkt werden soll – womit dann die Ablehnung einer politischen Kooperation mit der AfD mal wieder nicht viel mehr als heiße Luft wäre. Aber in deren Produktion versteht sich die CDU ja schon immer extrem gut.

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