Rechtsextreme lieben Merz

Dass der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz dem rechten Parteispektrum zuzuordnen ist, ist ja schon länger bekannt. Wie sehr er allerdings mittlerweile Zustimmung von AfD-Jüngern und anderen Rechtsextremen erhält, wurde mir gerade jetzt so richtig bewusst.

Dazu habe ich wieder mal aus meiner Filterblase rausschauen müssen, denn in meinem Freundes- und Bekanntenkreis finden sich nun mal keine Rechtsextremen und auch so gut wie keine Merz-Anhänger.

Dass die CDU (und auch die FDP) in vielen Punkten programmatische Überschneidungen mit der AfD haben, die ja auch vorwiegend von ehemaligen CDUlern und FDPlern gegründet wurde, habe ich ja schon öfter mal in Artikeln beschrieben, genauso wie die stetig weitere Annäherung der CDU an den rechten Rand (exemplarisch s. hier, hier, hier, hier und hier). Und das wird nun von Friedrich Merz auf die Spitze getrieben, da er gerade beim Sozialdarwinismus gute Anknüpfungspunkte bei den Blaubraunen und ihrer Gefolgschaft findet.

Denn obgleich sich die AfD immer gern selbst als Partei für die „kleinen Leute“ inszeniert, offenbart doch ein Blick in ihr Parteiprogramm oder auch auf ihr Abstimmungsverhalten im parlamentarischen Betrieb, dass man dort gewiss kein Herz für arme Menschen hat. Ganz im Gegenteil: Die AfD ist von allen Parteien die neoliberalste und unsozialste – was ja auch kein Wunder ist, wenn man bedenkt, was für Leute da die Partei führen und geführt haben: rechtskonservatives Establishment, denen CDU und FDP nicht krass menschenfeindlich genug drauf sind.

So konnte ich gerade in einer Facebook-Diskussion über einen Community-Artikel von der Freitag, in dem kritisiert wurde, dass die Grünen, aber auch die SPD durch ihre Koalitionen auf Landesebene mit der CDU erst möglich gemacht haben, dass die Union nun im Bundesrat das Bürgergeld blockieren und schließlich noch einiges an sozialen Ansätzen dort rausverhandeln konnte, folgende Aussagen finden:

Ein Blick ins Profil dieser beiden Leute zeigte dann gleich etliche Likes bei AfDlern und ähnlichem rechten Gedöns. Und das sind nun die Leute, die Friedrich Merz beispringen – klar, Ausländer sind zurzeit nicht gerade ein großes Thema, da muss man dann jemand anderen haben, um als unzufriedener Feigling schön nach unten auskeilen zu können: die Transferleistungsempfänger.

Das ist ja auch nichts Neues, denn die BILD hat ja schon oft genug gegen solche Menschen gehetzt und damit dann eben die weniger Schlauen und Konservativen (wobei es da eine große Schnittmenge gibt) gegen arme Menschen aufgewiegelt. Dass diese Stimmungsmache jeglicher realistischen Grundlage entbehrt und CDU/CSU dabei nicht nur gezielt Falschmeldungen verbreiten, sondern sich dabei auch noch unverhohlen bei rechtsextremen Quellen bedienen, zeigt Christoph Sieber mit Tobias Mann und Lisa Feller in einem großartigen Beitrag in den Mitternachtsspitzen (WDR) auf. (Der Link führt zur Facebook-Seite vom WDR, wer da nicht hinmöchte, kann sich in der WDR-Mediathek die Sendung anschauen, muss dort aber für den Beitrag bis Minute 21:35 vorspringen).

Doch dieser ekelhafte Sozialdarwinismus ist nicht das Einzige, bei dem die Parallelen von der Merz-CDU zur AfD immer offensichtlicher werden. So hat die Ampelkoalition gerade vor, das Staatsbürgerschaftsrecht zu reformieren, damit Menschen, die schon länger hier in Deutschland leben, einfacher die deutsche Staatsbürgerschaft (auch neben ihrer bisherigen) erhalten können. Wer nun meint, dass dabei dann vor allem die AfD Zeter oder Mordio krakeelt, sieht sich getäuscht, denn die CDU und auch gerade ihr Vorsitzender Merz sind da schon ganz vorn mit dabei. Die FDP als Koalitionspartner in der Ampelregierung übrigens auch, was mal wieder zeigt, dass man mit solchen Freaks eben doch besser nicht koalieren sollte, wenn man konstruktive Politik machen möchte.

So ist das von einer „Einwanderung in unsere Sozialsysteme“ die Rede vonseiten Merz‘ (s. hier), was ja nun mal astreiner AfD-Sprech ist, oder dass der deutsche Pass auf diese Weise „verramscht“ werde (s. hier). Janine Wisler (Linke) weist in einer Rede im Bundestag zu Recht darauf hin, dass ja auch Leute wie sie selbst oder Merz keine Leistung erbracht haben, um die deutsche Staatsbürgerschaft zu bekommen, sondern eben einfach nur Glück in der Geburtslotterie hatten. Aber genau diese Überhöhung der eigenen Nationalität, die aus solchen Aussagen von Merz und der CDU spricht, ist ja die Grundlage für völkisches Denken – womit man bei der AfD und deren Anhängern natürlich offene Türen einrennt.

Was genauso dazu passt, sind die vollkommen bekloppten Verbalattacken gegen Klimaaktivisten, die vonseiten der Union und FDP sogar als Terroristen oder Klima-RAF bezeichnet wurden. Dass man mit solchen Aussagen dann bei denjenigen punktet, die aufseiten der AfD ohnehin ständig meinen, es gäbe gar keinen Klimawandel (und erst recht keine Klimakatastrophe), sollte auch jedem klar sein.

Nun halte ich Friedrich Merz nicht unbedingt für die hellste Kerze auf der Torte, aber zumindest eine gewisse Bauernschläue und einen ausgeprägten Machtinstinkt will ich ihm gar nicht absprechen. Insofern gehe ich davon aus, dass es ihm auch klar sein sollte, dass man einen politischen Gegner in der Regel nicht dadurch schwächt, indem man dessen Positionen übernimmt – das hat eigentlich noch nie so richtig gut geklappt, auch wenn das immer wieder probiert wurde. Wenn dann also Merz‘ Ziel mit seinen rechtspopulistischen Aussagen nicht sein kann, die AfD zu schwächen, dann vermute ich mal, dass er dort weitere Anschlussmöglichkeiten sucht. Um sich dann vielleicht bei der nächsten Bundestagswahl von den Blaubraunen (unter Umständen noch unter Mithilfe der vollkommen wert- und merkbefreiten FDP) zum Kanzler wählen zu lassen.

Klingt absurd, weil die CDU immer noch von vielen im demokratischen Parteispektrum verortet wird, und da koaliert man ja nicht mit Rechtsextremen? Na ja, zum einen sieht man ja gerade, wie überall auf der Welt bei konservativen Parteien die Rechtsaußenstimmen lauter werden und mit Rechtsextremen dann doch koaliert wird, zum anderen passen ja auch Aussagen von Merz, wenn er ukrainischen Flüchtlingen „Sozialtourismus“ (s. hier) unterstellt, ganz genau dazu. Das kommt bei AfD-Jüngern richtig gut an und hätte auch von einer Beatrix von Storch nicht abartiger formuliert werden können. Genauso wie das jämmerliche Zurückrudern nach einer solchen Aussage, wenn es dann dafür Schelte gibt, auch schon vor der AfD reichlich erprobt wurde.

Da nun die Ampelregierung nicht wirklich progressive Politik auf die Reihe bekommt, da mit der FDP die Opposition von rechts schon mit in der Regierung sitzt (was man sich auch vorher hätte denken können), stärkt dies nun die Opposition, die genüsslich die Zerstrittenheit der Bundesregierung kommentieren und notfalls auch Projekte im Bundesrat blockieren kann. Da bis auf eine zunehmend marginalisierte Linkspartei die Opposition nur noch aus Rechten bis Rechtsextremen besteht, dürfte es kein Geheimnis sein, wem sich der unzufriedene deutsche Michel dann bei der nächsten Wahl zuwenden wird.

Friedrich Merz steht dann bereit, um die Kanzlerschaft anzutreten, das Land noch weiter nach rechts zu schieben und uns die ersten AfD-Bundesminister zu bescheren.

Print Friendly, PDF & Email

Karl

Jahrgang 1969, ist nach einem Lehramtsstudium und diversen beruflichen Tätigkeiten seit 2002 freiberuflicher Lektor (Auf den Punkt). Nach vielen Jahren in Hamburg, lebt er nun seit November 2019 in Rendsburg. Neben dem Interesse für politische Themen ist er ein absoluter Musikfreak und hört den ganzen Tag Tonträger. An den Wochenenden ist er bevorzugt in Norgaardholz an der Ostsee und genießt dort die Natur.

Schreibe einen Kommentar