Es wird ja immer behauptet, dass sich durch die Nachfrager die beste Qualität am Markt durchsetzen würde. Doch ist das tatsächlich so? Hier mal ein Beispiel, dass zeigt, dass definitiv die Angebotsseite mit ihrem ganzen PR- und Marketingapparat das Geschehen dominiert.
Spotify ist der Platzhirsch auf dem Markt der Streaminganbieter. Gerade junge Menschen hören oftmals Musik nicht mehr über physische Tonträger und Downloads, sondern via Streaming. Und da nutzen dann eben die meisten Spotify, sodass das ja wohl der besten Anbieter sein muss. Oder etwa doch nicht?
Ich selbst nutze kein Streaming aus verschiedenen Gründen (s. dazu hier), sondern vorwiegend noch Tonträger (CDs und Vinyl), und für unterwegs hab ich meinen iPod. Nun habe ich allerdings gerade in der Musikzeitschrift eclipsed in einem Artikel über Audiophilie (liegt mir nur als Print-Version vor) eine Auflistung der gängigsten Streamingdienste gesehen. Und wenn man die Angaben dort mal vergleicht, dann schneidet Spotify nicht so wirklich gut ab.
Was die Anzahl der verfügbaren Songs angeht, geben sich da alle nicht so viel, die liegt überall bei 100 bis 120 Millionen Titeln, wobei Spotify hier auch „nur“ 100 Millionen vorweisen kann. Preislich liegen die günstigsten Abovarianten auch nicht richtig weit auseinander, das schwankt zwischen 9,99 Euro und 14,99 Euro (Spotify: 10,99 Euro).
Was allerdings auffällt: Bis auf zwei Anbieter (Spotify und YouTube) bieten alle qualitativ höherwertige Audiooptionen an, also Hi-Fi, Hi-Res und/oder 3D-Audio. Wer also ein bisschen Wert auf Soundqualität legt, sollte eher nicht Spotify nutzen.
Und dann stellt sich ja auch immer noch die Frage, wem man da sein Geld in den Rachen schmeißt. Einige Anbieter wie Amazon Music, Apple Music oder YouTube gehören offenkundig zu keinen wirklich coolen Unternehmen, doch wie sieht das bei Spotify aus?
Zunächst mal ist es ja mittlerweile hinreichend bekannt, dass die meisten Musiker von Spotify nur sehr wenig Geld bekommen (s. hier). Auf der anderen Seite ist Spotify-Chef Daniel Ek mittlerweile Multimilliardär und überlegte auch schon, ob er sich mal eben den Fußballclub Arsenal London kaufen sollte (s. hier). Na ja, stattdessen investiert er dann lieber 100 Millionen Euro in ein Rüstungsunternehmen (s. hier) – richtig tolle Sache!
Nun kann man sagen: „Ach, lass den doch mit seiner Kohle machen, was er will.“ Klar, aber wenn derjenige sich dann auch noch mit ausgesprochen fragwürdigen Aussagen in der Öffentlichkeit präsentiert, dann sollte man sich vielleicht noch mal mehr überlegen, so eine Person weiter finanziell zu unterstützen.
So meinte Ek vor ein paar Wochen doch tatsächlich, dass es ja so gut wie nichts kosten würde, heutzutage Content zu erstellen (s. hier), was sich bei ihm natürlich auf Musik bezieht. Das fanden dann etliche Musiker nicht so witzig, die nämlich genau wissen, dass es nicht nur einiges an Geld (Instrumente, Ausbildung, Proberaum, Aufnahmen usw.), sondern auch reichlich viel Zeit kostet, wirklich gute Musik zu erschaffen.
Und dann kommt jemand wie Ek, dessen Geschäftsmodell ist, Musik nicht selbst zu machen, sondern parasitär zu verbreiten und damit mehr Geld zu scheffeln als die meisten Musiker, und entwertet deren künstlerische Produktivität mit so einem Statement. Ziemlich große Klappe für einen Schmarotzer, der vom Content anderer lebt, finde ich – und das sehen etliche andere Künstler auch so, sodass es reichlich Kritik für Ek hagelte.
Das dürfte ihn allerdings alles recht wenig interessieren, denn Konsequenzen der Spotify-User bleiben weitestgehend aus. Die nutzen den Dienst nach wie vor, obwohl dessen Qualität eher schlechter als von anderen Anbietern ist und dessen CEO offensichtlich ein ziemlich bornierter Widerling ist. PR sei Dank.
Denn es gibt eben durchaus bessere Streamingdienste, wie beispielsweise Qobuz. Die haben von Anfang an auf eine bessere Bezahlung der Musiker gesetzt, bieten auch einen Download-Store an, was für Künstler recht lukrativ ist, bringen ein eigenes Musikmagazin mit Hintergrundinfos und Rezensionen raus für ihre Abonnenten und steuern ihre Musikauswahl nicht mit Algorithmen, sondern mit redaktioneller Arbeit. Ach ja, den Laden gibt es auch schon seit 2007, das sind also keine Neulinge, die nicht wissen was sie machen.
Da sollte man doch glatt meinen, wenn man den Theorien der Marktapologeten folgt, dass Qobuz Spotify schon längst hätte aus dem Wettbewerb drängen müssen. Ist aber nicht so – oder wie viele von Euch haben zuvor schon mal was von Qobuz gehört?
So hat Spotify offensichtlich eben mehr Geld ins Marketing statt in die Künstler gesteckt – und ist damit auch noch erfolgreich. Das Angebot schafft sich hier also mal wieder seine Nachfrage, und die Nachfrage dackelt dem recht unreflektiert hinterher. So und nicht anders funktioniert es heute (und schon seit Jahren), und das nicht nur bei Streaminganbietern.