Die Bundestagswahl brachte ein wenig überraschendes, aber dennoch insgesamt unschönes Ergebnis.
Aber zunächst mal zu den positiven Dingen: Die FDP und das BSW sind an der Fünfprozenthürde gescheitert. Dadurch werden nun zwar, wenn man die Freien Wähler und die sonstigen Parteien dazuzählt, knapp 14 % der wählenden Bürger nicht repräsentiert im neuen Bundestag, aber diese beiden Parteien braucht nun auch wirklich niemand, der konstruktive Politik für eine gute Sache hält.
Dann ist die Linke überraschend stark mit 8,8 % sicher in den Bundestag eingezogen – das war ja lange Zeit nicht klar, schon gar nicht nach der Abspaltung von Sahra Wagenknecht zwecks Gründung ihrer als Partei getarnten Personality-Show. Vor allem bei jungen Wählern hat die Linke, die mittlerweile als einzige Partei ein konsequent progressives sozial-ökologisches Profil aufweist, gut abgeschnitten, was dann doch ein bisschen Hoffnung macht.
Was hingegen eher zum Verzweifeln ist, ist die Tatsache, dass CDU/CSU und AfD mit einem komplett nur auf Lügen, Hetze und Nebelkerzen aufgebauten Wahlkampf zusammen nahezu die Hälfte der abgegebenen Stimmen bekommen haben. Wenn man die FDP noch mit hinzuzählt, die ja in genau die gleiche rechtspopulistische Kerbe gehauen hat, dann haben diese drei rechten Blendertruppen sogar mehr als die Hälfte der Stimmen bekommen.
Klar, alle drei Parteien haben für die Probleme, welche die Menschen beschäftigen, keine Antwort. Klimawandel, hohe Mieten, zunehmende Armut bei gleichzeitig aus dem Ruder laufenden Reichtum einiger weniger, marode Infrastruktur, nicht wirklich funktionierende Bahn – diese Themen wurden ja auch schön aus dem Wahlkampf rausgehalten (auch danke vieler Medien, die da mit ebenfalls treu auf CDU-AfD-FDP-Linie sind). Stattdessen: Migration, Migration, Migration. Man redet also ein Problem herbei, für das man dann vermeintliche (aber sicher nicht funktionale) Lösungen anbietet, und die Hälfte der Wähler ist so verblödet, dass sie darauf reinfällt. Eigentlich ein Trauerspiel.
Und da die CDU sich noch ziert, direkt mit der AfD loslegen zu wollen, wird nun erst mal mit der SPD verhandelt, mit der man rein rechnerisch auch eine Mehrheit hat. Was ist davon zu erwarten?
Meiner Erachtens drei mögliche Szenarien:
1. Die SPD schluckt Kröten in nie da gewesenem Maße, um irgendwie mitregieren zu können, und ist nach dieser Koalition dann komplett pulverisiert, da man so das letzte Fünkchen Glaubwürdigkeit verspielt hat. Dafür spricht, dass nach dem Rückzug von Kanzlerversager Olaf Scholz nun mit Lars Klingbeil jemand das SPD-Ruder übernommen hat, der nicht eben für frischen Wind oder einen Neuanfang steht, sondern für das Parteiestablishment, was den wenig erfolgreichen Rechtskurs der SPD mit verzapft hat.
2. Die SPD ist nicht gewillt, jeden rechten Unfug von Merz und seiner Trümmertruppe mitzumachen, sodass dann vonseiten der CDU eingeschnappt wird: „Wir wollten ja, aber die nicht – dann müssen wir ja mit der AfD reden …“ Das hat man ja auch schon gesehen bei den Abstimmungen kürzlich, als die CDU mit der AfD gekungelt hat und dann hinterher meinte, dass die SPD und die Grünen ja schließlich auch ihren rassistischen Vorschlägen hätten zustimmen können. Und da die CDU sich für keine Verlogenheit zu schade ist und zudem immer noch etliche ihr wohlgesinnte Medien findet, die dann solche absurden Narrative verbreiten, dürfte der Imageschaden für Merz sich dann auch im Rahmen halten.
3. Die CDU probiert eine Minderheitsregierung. Dann könnte sie sich die Mehrheiten für ihre rechte und reaktionäre Politik mit der AfD verschaffen, ohne mit dieser koalieren zu müssen. Und für Außenpolitisches könnte sie dann die Mehrheiten mit der SPD und den Grünen bekommen. Das Problem dabei: Macht die AfD das mit und wählt Merz zum Kanzler, ohne als Koalitionspartner in Regierungsverantwortung genommen zu werden? Denn von den anderen Parteien kann ich mir nicht vorstellen, dass sie in so einer Konstellation für einen Kanzler Merz stimmen würden. Und natürlich würde auf diese Weise die AfD ein gutes Stück weiter normalisiert werden, sodass sie bei der nächsten Wahl davon sehr profitieren dürfte.
Zumindest würde ich als SPD der CDU und vor allem ihrem Vorturner nicht eine Sekunde über den Weg trauen, denn das die mit Aufrichtigkeit so gar nichts am Hut haben, hab ich ja in den letzten Wochen schon zweimal ausführlicher beschrieben (s. hier und hier). Und das ist ja auch nicht so, dass das nur ein paar Ausrutscher waren, nein, die CDU und vor allem Merz lügen immer weiter und immer dreister.
So behauptete Merz in einer Wahlkampfrede im Münchner Löwenbräukeller doch glatt, nach der Ermordung seines Parteikollegen Walter Lübcke durch einen Rechtsextremen hätte niemand gegen Rechts demonstriert (s. hier die Aussage in einem Reel auf Facebook) – was schlichtweg nicht stimmt. Die Facebook-Seite „Fragen Sie Frau Eva“ hat dazu eine passende Antwort geschrieben – etwas länger zwar, aber es lohnt sich, das zu lesen:
Was noch dazukommt und das Ganze eigentlich noch ungeheuerlicher und widerwärtiger macht: Gerade die CDU in Hessen hat die Aufarbeitung dieses Mordes bzw. die Ermittlung der dahintersteckenden Strukturen extrem behindert, wenn nicht gar unterbunden – zusammen mit der AfD übrigens (und leider auch den Grünen, die sich da mal wieder nicht eben mit Ruhm bekleckert haben, um ihrem Koalitionspartner in den Hintern zu kriechen).
Auch die Witwe von Walter Lübcke zeigt sich wenig begeistert darüber, dass Merz ihren ermordeten Gatten auf so widerwärtige, obszöne Weise für plumpe Stimmungsmache und Hetze im Wahlkampf instrumentalisiert (s. hier).
Besonders deutlich wird die Doppelzüngigkeit von Merz, wenn man sich anschaut, was er noch ein Jahr zuvor in den sozialen Medien gepostet hat zu den Demonstrationen gegen Rechts – aber da ging es ja auch vor allem gegen die AfD, von der er sich damals noch abzugrenzen versuchte, während er nun ja auf Kuschelkurs mit den Blaubraunen ist:
Eine Klapperschlange in der Unterhose ist vertrauenswürdiger als Friedrich Merz. Das sollte der SPD bei den Koalitionsverhandlungen auch sehr bewusst sein. Ihn interessiert grundsätzlich morgen nicht mehr, was er heute noch gesagt hat, wenn es ihm denn gerade in den Kram passt.
Und Merz ist da ja nun nicht der einzige Lügner, sondern die Lüge ist grundsätzlich Programm bei der CDU, wie gerade auch wieder Thorsten Frei, der wohl auch unter Merz einen Ministerposten bekommen dürfte, bewiesen hat. Hans Meiner fasst auf seiner Facebook-Wall treffend zusammen, wie Frei in bester AfD-Manier zusammen mit der BILD mit Falschaussagen Stimmung gegen Geflüchtete und die Grünen gleichzeitig macht:
Da weiß man doch schon, was man von einer solchen Freakshow zu erwarten hat, wenn die erst mal an der Regierung ist. Und da sollte sich die SPD dann ernsthaft fragen, ob sie bereit ist, das mitzutragen.
Denn worauf man sich einstellen kann, sieht man ja jetzt schon: Da wird mal eben eine kleine Anfrage der CDU eingebracht, die grundsätzlich alle zivilgesellschaftlichen Organisationen, die sich für Demokratie, Klima- und Umweltschutz sowie gegen Rechtsextremismus engagieren, die mit 551 Fragen zu deren Finanzierung offensichtlich nur das Ziel hat, Einschüchterung zu betreiben (s. hier). Dass vor allem die CDU selbst auch gern mit falschen Aussagen zur Finanzierung von NGOs, wie beispielsweise Campact (s. hier), aufwartet, passt da sehr gut ins Bild der antidemokratischen Unaufrichtigkeit.
Und auf eine weitere sehr heuchlerische, verlogene Note der ganzen Sache macht Francesco S. Garita auf seiner Facebook-Wall aufmerksam:
Na hoppla! Da wird ja reichlich mit zweierlei Maß gemessen, oder? Insofern scheint es der Merz-CDU wohl nur darum zu gehen, kritische Stimmen mundtot zu machen – was ja ein typisches Vorgehen von Faschisten und anderen Despoten ist. Und insofern wohl auch besser zur AfD als zur SPD passt.
Ach ja, einen hab ich noch: Merz will dann auch gleich den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu nach Deutschland einladen (s. hier). Gegen den liegt allerdings ein Haftbefehl vom Internationalen Strafgerichtshof vor – was Merz allerdings in bester Autokratenmanier nicht die Bohne interessiert. So stellt er sich ganz bewusst gegen die internationale Rechtsprechung, und spätestens jetzt sollte die SPD die Finger von diesem Typen lassen.
Sollte es aber dennoch zu einer erneuten „GroKo“ kommen (wobei die ja nun nicht mehr wirklich so richtig groß ist, sondern nur gerade mal knapp mehr als die Hälfte der Abgeordneten des Bundestages stellt), hätte die CDU-freundliche Journaille natürlich wieder einen schönen Sündenbock für alles, was nicht hinhaut, gefunden: die SPD. Hat man ja jetzt in den letzten Jahren auch gesehen, als die Ampelkoalition, und da vor allem die Grünen, für alle Verfehlungen, die in den 16 Merkel-Jahren zuvor begangen wurden, verantwortlich gemacht wurde. Denn schließlich ist ja nicht zu erwarten, dass unter einer Merz-Regierung irgendwas besser würde (s. hier) – auch wenn nun plötzlich doch auf einmal die Schuldenbremse, an der die CDU in der Opposition ehern und zum Schaden einer konstruktiven Regierungspolitik festgehalten hat, reformiert werden soll. Womit wir dann schon wieder bei der Unzuverlässigkeit und Verlogenheit der CDU wären …
Und dann wäre in vier Jahren der Weg für die AfD frei, die (ebenfalls wieder mit tatkräftiger Unterstützung unserer immer mehr nach rechts abdriftenden Medienlandschaft) dann die Unzufriedenen einsammeln kann, welche die Merz-Politik zwangsläufig produzieren wird.
Keine wirklich tollen Aussichten …